Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)
selbstverständlich behandelte man sich auch.
Hier würde Vinge mit seinen Chip-Implantaten auf Granit stoßen, dachte Sarah. Die Leute hier zahlten nicht mal Hundesteuer für ihre Köter, sie würden den Teufel tun, Geld für einen Chip raus zu werfen.
»Haste mal einen Euro für mich? Oder 50 Cent? ELV, Visa, American Express, Barzahlung bevorzugt!«, meinte ein blond gelockter junger Mann im Vorbeigehen mit tiefer, warmer Stimme zu Sarah und warf ihr einen unruhigen Blick zu. Als sie nicht reagierte, zog er zum Nächsten weiter, um seinen Spruch vorzutragen. Nach vier, fünf Kontakten hatte er sein Jever zusammen und reihte sich in die Schlange an der Theke ein.
Sie fanden einen kleinen freien Stehtisch in einer Ecke und stellten sich und ihre Biere ab. »Und, wie lautet das Ergebnis?«, fragte Sarah unvermittelt. Sie hatte bemerkt, dass Paul sie die ganze Zeit mit einem prüfenden Blick beobachtet hatte.
»Was meinen Sie?« Paul hatte nicht verstanden.
»Ich meine, was haben Sie herausgefunden über mich, während Sie mich angeschaut haben?«
»Ich habe Sie einfach nur angeschaut, ich wollte nichts herausfinden.«
»So? Trotzdem würde ich jetzt gern Ihre Gedanken lesen, sehr gern sogar.« Sarah hatte irgendwie Lust, mit Paul zu ficken. Wenn sie ehrlich war, dann war es genau das, was sie wollte, seitdem sie Paul im Institut getroffen hatte, um ihm die Daten auf der Speicherkarte zu zeigen.
»Nichts, ich habe wirklich nichts gedacht, außer vielleicht, dass ich es mag, wie Sie Leute anschauen. Ich mag diese Art.« Paul war selbst überrascht von dem was er sich sagen hörte, erstaunt, dass er das so einfach aussprechen konnte.
»Aber ich schaue nicht alle Leute so an, ich schaue dich so an!«, ging Sarah ein Stück weiter in die Offensive.
»Okay, ich verstehe, Sarah. Aber geht das nicht ein bisschen zu schnell, Sie sind meine Studentin?«, sagte Paul ganz langsam und betonte ihren Namen. Es klang ganz und gar nicht, als wäre alles okay, als würde er verstehen, eher so als wäre er einigermaßen überrascht von dieser Entwicklung.
»Gut, kommen wir zurück zum Thema!«, machte Sarah eine 180-Grad-Wende. »Glauben Sie, dass wir alle eines Tages Chips im Gehirn tragen werden, damit wir mit unseren Computern mithalten können?«
»Vielleicht, ja, vielleicht wird es schon in wenigen Jahren diese Möglichkeit geben. Aber ob wir sie nutzen werden, weiß ich nicht.«
»Und was, wenn man schon heute heimlich soweit wäre? Was, wenn man schon Versuche mit diesen Chips machen würde, für das Militär zum Beispiel, bei Gene Design Tech?«
»Kann ich mir nicht vorstellen. Irgendjemand würde darüber berichten, wenn es das gäbe, irgendein Journalist, irgendein Wissenschaftler. Das wäre eine Sensation, keine Zeitung ließe sich das entgehen.«
»Aber nicht, wenn man dafür den Tod riskieren würde!«
»Ich würde es wissen. Ich arbeite seit vielen Jahren in der Forschung. Glauben Sie mir, ich würde davon erfahren.«
»Mein Vater hatte eine Verabredung mit einem jungen Mann, der in dieser Hinsicht ganz anderer Meinung ist. Ich hab ihn getroffen. Er ist überzeugt, dass die Amerikaner Dinge entwickelt haben von denen die restliche Welt nichts weiß, absolut nichts!«
»Ich kenne diese Spinner-Websites auch. Das Internet ist ein gigantischer Spielplatz für Spinner und Psychopathen!«
»Und die Nanotechnologie, halten Sie das auch für eine Spinnerei? Halten Sie es für unmöglich, dass wir eines Tages über diese winzigen ‚robot-assemblers’ verfügen werden, von denen die Propheten der Nanotechnologie reden? Kleine Wundermaschinen, die alles herstellen können, was wir uns vorstellen können, indem sie es einfach aus einzelnen Molekülen und Atomen zusammenbauen? Autos, Waschmaschinen, Computer, Wagenheber, einfach alles, jedes denkbare Material in jeder denkbaren Form!?«
»Auf dem Gebiet der Nanotechnologie wird es in den nächsten Jahrzehnten gewaltige Entwicklungen geben, das ist sicher. Aber auch da gibt es nicht wenige, die Dinge behaupten, die reine Spekulation sind oder sogar vollkommen unmöglich.«
»Und auch da halten Sie es wahrscheinlich nicht für möglich, dass man bereits weiter ist, als wir denken?«
»Wer ist man? Die Militärs, die Amerikaner, Gene Design Technologies?«
»Zum Beispiel.«
»Ich denke nein! Neue Erkenntnisse verbreiten sich in der Regel sehr schnell über den Planeten. Wissenschaftler veröffentlichen in ihrem eigenen Interesse ihre Ergebnisse, weil
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