Spines - Das ausradierte Ich (German Edition)
mittlerweile eine gewisse Übung.
Paul wartete im Foyer, als sie bei GDT eintraf. Er hatte die Anmeldeformalitäten bereits weitgehend erledigt. Und Sarah musste nur noch ihren Personalausweis am Empfangsdesk vorlegen und den Besucherpass unterschreiben. Dann bekamen Sie die Chipkarten ausgehändigt, die erforderlich waren, damit sie sich in den Firmenräumen von GDT bewegen konnten.
Jack Cruise kam ihnen auf dem Weg zu seinem Büro entgegen. Er begrüßte sie mit einem knappen Handschlag und übernahm dann die weitere Führung. Unterwegs organisierte er in einer Kaffeeküche einen Pott Kaffee, Mineralwasser und ein paar Kekse. Dann dirigierte er Sarah und Paul in sein Büro und bat sie, in der Besprechungsecke Platz zu nehmen. Nach einem kurzen Blick in einen Ordner mit Pauls Bericht, der aufgeschlagen vor ihm auf der perfekt polierten schwarzen Glasplatte des Besprechungstisches lag, blickte er Paul und Sarah mit einem offenen Lächeln an und strahlte. »Das ist wunderbar, ganz wunderbar, Doktor Mrozek, was ich da lese. Aber erklären Sie mir doch jetzt am besten noch mal selber, was sie vorhaben, welche Ziele Sie sich für die nächsten Monate gesetzt haben, welche Experimente sie vorhaben und dergleichen.«
Paul war etwas verwundert. Er hatte Mühe, den leichten Ärger zu unterdrücken, der in ihm hochkam. Jack Cruise hatte diesen Bericht seit mindestens zwei Monaten. Und jetzt machte er den Eindruck, als hätte er noch keine einzige Zeile davon gelesen. Um sich zu beruhigen, schnappte er sich einen Keks und nahm einen Schluck Kaffee, bevor er anfing, zu erklären, welche zentralen Forschungsvorhaben im nächsten Halbjahr auf ihrer Agenda standen.
»Wir werden an die Experimente aus dem letzten Semester anknüpfen. Dabei ist es uns gelungen, einen ersten Nachweis zu führen, dass Gedächtnis eine morphologische Grundlage haben könnte. Wir konnten, wie Sie wissen, bei Experimenten mit Proben aus der Hippocampus-Region von Affengehirnen beobachten, dass sich bei Langzeitstimulierung der Nervenzellen dornenartige Fortsätze an den Synapsen der beteiligten Gehirnzellen bilden. Mit der geplanten neuen Reihe von Experimenten wollen wir nun herausfinden, ob und unter welchen Bedingungen sich diese morphologischen Veränderungen, diese ‚Dornen’, wieder zurückbilden. Wir werden dazu das LSM Meta von Zeiss einsetzen, das Ihre Firma uns freundlicherweise zur Verfügung stellt. In dem Ihnen hier vorliegenden Bericht finden Sie detaillierte Angaben zum Setup aller Experimente, die wir vorhaben. Einen vorläufigen Projektplan und eine zeitliche Abschätzung, wann wir mit den ersten Resultaten rechnen können, habe ich als Anhang beigefügt.«
»Ja, ja, ich habe das eingehend studiert, Herr Dr. Mrozek. Der Ansatz ist für uns sehr vielversprechend. Ich habe Ihnen hier schon mal einige Vorschläge zusammengestellt, wie Sie die gewonnenen Daten für die Weiterverarbeitung durch uns aufbereiten sollten.« Cruise holte aus einem Stapel auf seinem Schreibtisch ein circa einen Zentimeter dickes Skript und reichte es Paul. »Ich hoffe, sie sind jetzt nicht allzu überrascht, Dr. Mrozek, aber wie Sie sich denken können, sind wir an ihren Ergebnissen sehr interessiert und möchten die Daten hier auf unseren Verarbeitungs-Anlagen aufbereiten und im Rahmen unserer Experimente zum Thema Alzheimer verarbeiten. Wir hoffen sehr, dass uns das helfen wird, die Entwicklung unserer Alzheimer Therapie zu beschleunigen.«
Paul war fassungslos. Damit hatte er in keiner Weise gerechnet. Er schluckte. »Aber, Herr Cruise, davon war bisher nie die Rede, jedenfalls nach meinem Kenntnisstand nicht. Unser Skript liegt Ihnen doch bereits seit fast zwei Monten vor. Sie hätten mir diese Unterlagen hier früher zukommen lassen sollen. Es wird unsere Arbeit beträchtlich verzögern, diese, wie es aussieht, doch relativ umfangreichen Vorgaben in unsere Konzeption zu integrieren.«
Cruise lächelte jovial. »Ich kann verstehen, Dr. Mrozek, dass Sie überrascht sind Aber leider war es uns nicht früher möglich, diese Vorgaben zu erarbeiten. Sie sind quasi druckfrisch gestern hier auf meinen Schreibtisch geflattert. Es tut mir wirklich leid. Aber ich kenne Sie als sehr, sehr fähigen Mann. Sie werden das sicher hinkriegen. Ich bin überzeugt, Sie schaffen das! Und ich möchte mich auch noch mal ausdrücklich bei Ihnen bedanken, dass sie bei der Konzeption dieser Experimentalreihen so stark auf unsere Wünsche Rücksicht genommen haben. Im Gegenzug
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