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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederike Schmöe
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musste, um das ganze Bild zu sehen. Ihr war nur nicht klar, womit sie anfangen sollte. Und was es da eigentlich zu sehen gab. Ihr Handy klingelte.
    »Hier ist Britta. Läuft’s?«
    »Alles in Butter.«
    »Was die Liebe angeht auch?«
    Katinka verdrehte die Augen.
    »Schieß los, Britta. Hast du in den Archiven etwas entdeckt?«
    »Es gab natürlich eine Menge Berichte zum Kaminsky-Prozess«, sagte Britta. »Der Name des Opfers wurde nie genannt. Aber Kazulé als zuständiger Richter dürfte wenig Freude an den Artikeln gehabt haben. Denn die meisten Journalisten schienen überzeugt, dass Kaminsky Dreck am Stecken hatte. Es bildete sich damals sogar eine Elterninitiative zum Schutz von Kindern vor pädophilen Lehrern. Aber eine Woche nach dem Prozessende brach die Berichterstattung ab.«
    »Ist das nicht immer so? Immerhin gab es dann nichts Neues mehr.«
    »Die Presse lässt solche Sachen eher ausklingen. Aber in Kaminskys Fall tauchten von einem Tag auf den anderen keine Meldungen mehr auf.«
    Katinka mal te Strichmännchen in ihren Block. Sie könnte anfangen, sich ein eigenes Geheimalphabet auszudenken.
    »Was ist aus der Elterninitiative geworden?«
    »Ist eingeschlafen. Ich habe eine gewisse Katja Berg angerufen, die damals die Initiative ins Leben rief. Ihrer Meinung nach war der Prozessausgang daran schuld, dass das Interesse an einem Verein zum Schutz von Kindern schwand. Hätte man Kaminsky für schuldig befunden, hätte das eine Welle der Empörung ausgelöst, und sehr viel mehr Leute hätten sich engagiert.«
    »Aber nun musste man sich mit dem Gedanken anfreunden, dass Kaminsk y eben doch unschuldig sein könnte«, bemerkte Katinka.
    »Könnte. Andere Kinder, die ähnliche Vorwürfe erhoben, fanden sich aber nicht. Ein pädophiler Lehrer, der nur ein einziges Mädchen missbraucht? Das ist untypisch.«
    »Es hätte also mehrere Opfer geben müssen, damit man dem einen Opfer glaubt?«
    »Kaminsky war bis dato ein angesehener Lehrer und nie als pädophil auffällig. Rita erzählte jedes Mal eine andere Geschichte, veränderte Kleinigkeiten. An ihrem Körper waren keinerlei Verletzungen zu sehen, nicht mal klitzekleine Veränderungen.«
    »Warum sind dennoch so viele davon überzeugt, dass Kaminsky Rita Bregovi ć betatscht hat?«
    »Das fragt man sich zwangsläufig«, sagte Britta. »Aber ich denke, das Thema ist furchtbar belastet. Kinder, die sexuell missbraucht werden, sind die unschuldigsten Opfer überhaupt. Die Gesellschaft empört sich, und die Eltern haben Angst. Ein Kind ist schutzlos, vor allem gegenüber einem Lehrer. Sexuellen Missbrauch gibt es immer wieder, und jeder potenzielle Täter, den man laufen lassen muss, steigert das Gefühl der Machtlosigkeit.«
    Jedenfalls, dachte Katinka, als sie sich von Britta verabschiedet hatte, ist allein das Wissen um den Prozess und den Missbrauch an sich kein Grund, Falk zu ermorden. Jeder könnte in den alten Zeitungen recherchieren und herausfinden, dass Kaminsky zwar angeklagt, aber nie verurteilt wurde. Also haben wir eines nicht: ein Motiv. Wenn wir eines finden sollten, dann hätten wir den Mörder. Sie goss den kalten Kaffee weg und sah in den Sommertag hinaus. Womöglich haben wir mehrere Mörder. Sagen wir lieber, mehrere Drahtzieher. Wanjeck und Falk, zwei Opfer, zwei Drahtzieher. Sie grinste schief, als sie ihre Detektei abschloss. Und eventuell sogar zwei Motive.

     
    Katinka saß in Hardos Büro und fühlte sich fremd. Der Mann ihrer Träume lehnte am Schreibtisch und sah auf sie herab, er, der Hauptkommissar. Die gleiche Situation wie damals, als sie zum ersten Mal auf diesem Stuhl Platz nehmen durfte. Wieder hatte er diesen investigativen, argwöhnischen Blick. Dennoch ging es ihr hier besser als in von Reckens Dienstzimmer. Keine Klaustrophobie, keine Panik. Sie konnte durchatmen.
    »Der Professor und der Richter. Das wirft natürlich ein ganz neues Licht auf von Reckens Angebot, dich nach Libyen mitzunehmen«, bemerkte Hardo. »Kazulé will dich aus dem Rennen haben. Dazu dient ihm von Recken. Und ja, es würde perfekt zusammenpassen, wenn auch von Recken Cavaliere wäre. Möglicherweise ein Neumitglied, das sich Lorbeeren verdienen muss.«
    »Was soll ich jetzt machen?«, fragte Katinka. »Ich habe alles in der Schwebe gelassen, was Leptis Magna betrifft. Aber wenn ich nicht komplett unglaubwürdig erscheinen will, muss ich bei von Reckens Sekretärin morgen meinen Pass vorbeibringen, damit sie mir ein Blitzvisum besorgt.«
    »Bring ihn

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