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Spinnen füttern

Spinnen füttern

Titel: Spinnen füttern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rawi Hage
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doch gegenseitig, ihr verfickten Schwuchteln, rief Linda, gebt doch zu, dass ihr das wollt. Einer versuchte, sie zu packen. Linda zog etwas aus der Handtasche, sie sprühte das Pfefferspray direkt in ihre Gesichter. Ich schloss die Augen. Einer der Typen holte aus, seine Faust, die Linda gegolten hatte, traf mich an der Schläfe.
    Dann war Linda weg. Verdammte Nutte, plärrten die Jungs, Scheiße, meine Augen brennen, ich krieg keine Luft!
    Ich sprang aus dem Wagen und riss die hintere Tür auf. Ich versuchte, sie zu beruhigen, und warnte sie, die Augen zu berühren. Aber sie rieben wie verrückt, was es nur noch schlimmer machte. Diese beiden sind keine Rebellen, dachte ich, sie kennen weder Protest noch Revolution, sie haben noch nie auf Barrikaden gestanden. Sie haben noch nie die Flagge einer Nation hochgehalten im Dunst des Tränengases, sie haben weder Steine geschmissen noch Keulen geschwungen, sie haben keine Zäune eingerissen, die Männer in Anzügen beschützen, Goldgräber, die das Land der Ureinwohner umgraben, Öldiebe und Aufsichtsräte, hinter dicken Mauern verschanzte Politiker. Die erste Regel des Widerstands lautet: Halt die Augen auf. Und halt die Nase zu, damit du den Geruch der Niederlage niemals riechst. Denn der Gestank der Macht wird kommen und einen Keil zwischen dich und deine Mitkämpfer treiben. Was da in dieser Nacht in meinem Boot saß, waren zwei kreischende Cheerleader, deren Mannschaft gerade untergegangen war. Und ich dachte, was ist eigentlich los mit diesen Massen von Leuten, die in römische Arenen, in Sportstadien drängen, was ist mit diesen Leuten, die nur noch Bier pissen und ihre Muskeln mit Steroiden aufpumpen können, was sind das nur für Wikinger, die als Hooligans an die Ufer der Britischen Inseln geschwemmt wurden?
    Während mir noch die Tränen liefen, kam ein Wind auf, der uns direkt zu einer Tankstelle brachte. Ich zerrte sie nacheinander zur Toilette, zog ihnen die Lider hoch und wusch ihnen die Augen aus, während sie wohl tausendmal das Wort Schlampe sagten. Was meint ihr denn genau, fragte ich mich, was versteht ihr unter Schlampe? Eine Frau, die gerne fickt? Vielleicht eine selbstbewusste, starke Frau, die weiß, was sie will, die eine eigene Meinung hat und den Wettbewerb nicht scheut und weiß, wann sie besser den Mund hält, eine Frau mit Herz und Humor? Was meint ihr denn, was eine Schlampe ist? Vielleicht eine Frau, die euch um den Finger wickeln kann, damit ihr euer eigenes Elend nicht mehr seht? Was für zwei rotäugige Idioten, die durch die Nacht nach Hause flogen, dachte ich und brachte sie zu ihrem Hotel.
    Ich hielt an und drückte auf das Taxameter. Ich zeigte, da ihre Augen wieder geöffnet waren, auf die Anzeige. Sie sahen den Betrag, den sie mir schuldeten, und erschraken. Scheiße, Mann, sagte der Typ mit der Kappe, das zahlen wir nicht. Scheiße, du Zuhälter, du hast uns zu den falschen Nutten gebracht. Warum hast du uns nicht zu einem ordentlichen Puff gefahren, verdammt! Warum hast du nicht das Taxameter ausgemacht, es war doch ein Notfall, und im Notfall darfst du kein Geld nehmen, das ist nicht erlaubt.
    Genau, sagte der andere, außerdem hast du die Nutte verteidigt, wenn ich mich recht erinnere.
    Ich fahre nicht umsonst, sagte ich, und ich bin immer auf der Seite der Nutte, ihr Schlampen.
    Vielleicht weil du selbst eine bist, du bist doch eine verdammte Schwuchtel. Nein, nein, du willst uns einfach abzocken. Du hast am Taxameter rumgemacht, als wir nichts sehen konnten. Verdammte Scheiße, sagte der Muskeltyp.
    Ich gab Gas und fuhr in die Gasse hinter dem Hotel. Ich zog den Federknüppel unter meinem Sitz hervor, ohne ihn zu zeigen. Die Jungs wussten aber, dass ich etwas in der Hand hielt. Eine verdeckte Drohung funktioniert immer am besten.
    Ihr bezahlt mich, sagte ich, sonst habt ihr gleich wieder dicke Augen. Ihr glaubt, ihr könnt mich ficken, aber so läuft das hier nicht. Ich fahre nicht umsonst, nie.
    So eine verdammte Scheiße, sagte der eine. Er zog ein paar Scheine aus der Tasche und warf sie mir ins Gesicht. Scheiß auf dich, Scheiß auf deine Mannschaft, Scheiß auf diese Stadt, du Arschloch, riefen sie und stiegen aus. Einer versuchte, meinen Scheinwerfer einzutreten. Wie ein Zauberer ließ ich den Knüppel in meinem Ärmel verschwinden, nur die Feder wirbelte durch die Luft, als ich meine Stoßstange abschritt, ich war ein mächtiger Kampfhahn, und als ich mit ihnen fertig war, wischte ich ihr Blut von meinen Händen und

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