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Spinnen füttern

Spinnen füttern

Titel: Spinnen füttern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rawi Hage
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Dachschild ist beleuchtet, sagte er, das bedeutet doch wohl, dass Sie arbeiten. Ich schaltete das Licht aus und sagte: Jetzt nicht mehr. Sie sind aber gesetzlich verpflichtet, mich zu befördern, sagte der Mann. Sie dürfen einen Kunden nicht ablehnen, der bereits in Ihrem Wagen sitzt.
    Doch, das darf ich sehr wohl, sagte ich. Ich mache das sogar ziemlich oft.
    Ich werde mir Ihr Kennzeichen notieren, sagte er.
    Tun Sie, was Sie wollen, sagte ich, aber steigen Sie jetzt aus.
    Natürlich kam mich ein paar Tage später die Inspekteurin im Café Bolero suchen, sie hatte meinen Wagen auf dem Parkplatz entdeckt. Einige Fahrer versteckten ihre Schenkel unter Servietten, sogar Tellern, wenn sie hereinkam. Sofort änderte sich die Atmosphäre, Angst und Scham lagen in der Luft. Sie trat an die Bar und sagte meinen Namen, dann kam sie an meinen Tisch.
    Würden Sie mir Ihre Taxilizenz zeigen?, sagte sie.
    Können wir diesen netten Plausch vertagen? Ich esse gerade.
    Es liegt eine Beschwerde gegen Sie vor.
    Worum geht es denn?
    Sie haben sich geweigert, einen Kunden zu fahren, bei eingeschaltetem Dachlicht. Der Mann, dem Sie vor wenigen Tagen die Fahrt verweigert haben, war ein Angestellter der Verkehrsbehörde. Er hat bei der Taxiaufsicht eine Beschwerde eingereicht.
    Na gut. Und jetzt muss ich wohl die Beine breitmachen und mich von ihm angrapschen lassen?
    Das ganze Café brach in ungläubiges Gelächter aus. Es war ein einziges Gepruste, die Fahrer tauchten mit ihren Nummern unter die Tische ab und verstecken ihre Gesichter. Einige sprangen auf und liefen zur Toilette, andere schlossen nur die Augen und schüttelten die Köpfe.
    Ich kann Ihnen die Lizenz hier auf der Stelle entziehen.
    Ohne Anhörung?, fragte ich.
    Jawohl.
    Und mit welcher Begründung, Schätzchen?
    Nennen Sie mich nicht Schätzchen.
    Frau Beamtin?
    Kommen Sie, ich begleite Sie zu Ihrem Wagen.
    Eine richtige Femme fatale, murmelte ich.
    Was haben Sie gesagt?
    Nichts. Ich musste nur an früher denken, ich bin in einem Zirkus aufgewachsen, da war eine Frau mit einer Peitsche, das Affenmännchen musste immer spuren, aber …
    Wie immer wies sie mich an, Kofferraum und Handschuhfach zu öffnen, sie prüfte die Scheinwerfer und den ganzen Wagen.
    Und jetzt fahren Sie los.
    Wohin denn?
    Fahren Sie einfach. Ich möchte nur hören, ob Ihr Wagen irgendwelche besonderen Geräusche macht.
    Ich fuhr auf kürzestem Weg in eine versteckte Gasse, parkte, öffnete die Schenkel und schloss meine Augen. Ich überließ mich ganz meinem Schicksal, mein Kopf fiel nach hinten. Na gut, sagte ich, ich bin ein braver Bürger, der an der Volkszählung teilnimmt. Tatsächlich ist ja das Sammeln von Informationen eine entscheidende Voraussetzung für einen Staat, der einen anderen Staat in den Arsch treten oder die eigenen Bürger in Armut und Verzweiflung treiben will. Es ist daher notwendig, jeglichen Organismus vollständig zu untersuchen und zu vermessen, erst dann kann sich der Staat dem Krieg widmen, der Besatzung und all den anderen schönen Dingen.
    Sie berührte und begrapschte mich, dann beschimpfte sie mich plötzlich ohne jeden Grund als Schwuchtel, das heißt, sie wird schon ihren Grund gehabt haben. Dann musste ich sie zu ihrem Wagen zurückbringen.
    Sie stieg aus, ich kehrte ins Café zurück, mit O-Beinen wie ein Westernheld, der zu lange auf dem Pferd gesessen hat. Jemand haute in die Tasten, die Kutscher schossen in die Luft, die Tänzer schwangen das Tanzbein, Gelächter erfüllte den Saal, und der Cowboy spendierte eine Saalrunde, die Gäste schossen in die Luft und feierten diese Entjungferung durch die Staatsmacht.
    Ehemann
    Wenige Tage später fuhr ich noch einmal zu Mary, sie ging gerade ins Haus, als ich ankam. Ich lief über die Straße und nahm ihre Hand, sie fiel mir lachend um den Hals. So euphorisch hatte ich sie selten erlebt, sie sprudelte gleich los. Doch bald schlug ihre Stimmung um, sie sagte: Nachts weine ich, die ganze Zeit. Und die Bücher, die du mir gegeben hast, waren alle so brutal und traurig. Ich habe meinen Mann angerufen. Ich habe ihm gesagt, dass ich mit dir geschlafen habe. Er hat mich Schlampe genannt. Fly, ich werde nicht zu ihm zurückkehren. Ich habe ihn gebeten, mir ein paar Bücher einzupacken. Du musst sie für mich abholen. Sie stehen an der Tür, ich kann da nicht mehr hin … Ich muss ständig heulen. Findest du das Haus noch? Ich weiß, es ist ziemlich weit, es tut mir leid, du bist doch mein Freund … Ich wollte vorhin ein

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