Spinnen füttern
Einige waren, wie gesagt, sehr nett, aber andere sind verbittert und voller Zorn. Sie kommen in dieses Land und meinen, damit hätten sie es geschafft. Sie lassen das Elend ihrer Heimat zurück und landen hier in diesen miesen Schlachthöfen. Also, mein Job ist auch nicht leicht, aber er ist interessant, und ich sorge zumindest dafür, dass ich dabei sauber bleibe. Diese Männer stehen den ganzen Tag in einer Blutlache, das Blut ist überall, es ist eiskalt, und die Schichten sind lang. Wenn sie fertig sind, gehen sie rüber in die Baracken, sie duschen und fallen ins Bett. Das ist ihr Leben, mehr ist da nicht. Es gibt welche, die machen das schon seit Jahren. Einmal haben sie uns zu einer Party in ihrem Wohnheim eingeladen. Es gab phantastisches Essen, einige können ausgezeichnet kochen. Sie hatten sich alle fein gemacht, als wir eintraten, kamen sie einer nach dem anderen, machten einen Kniefall und küssten uns die Hände. Sie schenkten uns Blumen und reichten uns Wein in Plastikbechern, sie behandelten uns wie Königinnen. Als wir angefangen haben mit unserem Projekt, waren einige sehr aggressiv. Die Demütigungen, die sie erlebt hatten, waren nicht spurlos an ihnen vorübergegangen, aber sie lernten doch schnell, uns zu respektieren und sogar zu lieben. Die Schlaueren unter ihnen sparen etwas Geld oder schicken es nach Hause, so arbeiten sie auf ein Ziel hin und kommen am Ende besser zurecht. Es macht sie ein wenig stolz, wenn sie wissen, dass es ihren Verwandten zu Hause besser geht. Natürlich gibt es auch Arbeiter, die am Monatsende den ganzen Lohn versaufen, sie kaufen Schnaps und Drogen und stecken den Rest in Spielautomaten. Am Anfang haben wir viele wieder weggeschickt. Wenn sie besoffen oder aggressiv waren, haben wir einfach Nein gesagt. Maggie kennt sich mit Arbeitern aus. Ich verehre Maggie. Sie ist in einem winzigen, bettelarmen Dorf aufgewachsen, ihr Vater und ihr Onkel verloren ihre Arbeit. Sie hat mir eine Menge beigebracht, ich weiß jetzt, wie ich mit diesen Jungs umgehen muss. Sie beeindruckt mich wirklich, wie sie die manchmal anfährt, dann kuschen sie und sind auf einmal süß wie Kinder.
Einmal kam ein Marokkaner in Maggies Zimmer, ein echter Macho, muskulös, und er kam sich großartig vor, die anderen behandelte er entsprechend mit Herablassung. Beinahe wortlos zog er sich aus und zeigte auf das Bett.
Erst reden wir mal, sagte Maggie.
Okay, sagte er.
Gut, du verstehst also Englisch. Folgendes: Ich werde nicht mit dir schlafen, du respektierst nämlich die Frauen nicht.
Er staunte, so hatte noch nie eine Frau mit ihm geredet.
In Marokko behandelt ihr eure Frauen wie Hunde, sagte Maggie. Aber hierzulande werden selbst die Prostituierten mit Respekt behandelt. Er nannte sie une putain de raciste .
Na gut, vielleicht bin ich eine verdammte Rassistin, das ist dann halt so. Jetzt ziehst du dich wieder an und verschwindest, sonst rufe ich jemanden, der dich rausschmeißt. Wir machen es beinahe umsonst, weil es uns eine Herzensangelegenheit ist. Wenn ich Rassistin wäre, würde ich bestimmt nicht hier rauskommen, um dir dein elendes Leben etwas erträglicher zu machen. Wir könnten ganz woanders sein, in einem schicken Hotel, wir könnten Champagner trinken und das Fünffache verlangen. Wir machen es freiwillig, wir kommen jeden Monat her, um etwas Gutes zu tun. Deine Kumpels, die wissen das zu würdigen. Jetzt nimm deine Sachen und hau ab.
Der große Araber stand auf und starrte zu Boden, und die Tränen begannen, ihm über die Wangen zu kullern. Er wollte sich entschuldigen, aber Maggie nahm seinen Arm und sagte: Das rettet dich jetzt auch nicht mehr. Komm nächsten Monat wieder, komm mit einer besseren Einstellung, dann werden wir sehen. Ich sage dir, der Araber hat sich verzogen wie ein Baby, das seine Mutter vermisst.
Was wir machen, ist ein Dienst an den Armen, sagte Sally. Es hat etwas Großartiges, wenn man sich für einen höheren Zweck körperlich erniedrigt. Ich habe gelernt, diese Schlachter zu lieben. Sie freuen sich wahnsinnig, uns zu sehen, und erwarten uns mit breitem Lächeln. Für sie ist das der Höhepunkt des Monats. Es gibt da einen Mexikaner, der kniet vorher immer am Bett und betet. Dann zieht er sich aus. Wenn wir fertig sind, spricht er noch ein Dankgebet, dann küsst er mir die Hand und bekreuzigt sich. Er spricht kein Wort Englisch, aber ich verstehe genau, was er tut. Wir sind Wesensverwandte. Ich bin ein Menschenfreund, deshalb mache ich das, er schläft mit
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