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Spinnen füttern

Spinnen füttern

Titel: Spinnen füttern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rawi Hage
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Autorin treffen werden.
    Ich kenne das Hotel, ziemlich teuer, flüsterte ich in einer Tonlage, die ich mit Spionen und gewissen spindeldürren Punksängern verband.
    Das können Sie laut sagen, sagte er, das Zimmer bezahle nämlich ich. Sagen Sie mal, mein Freund, haben Sie eigentlich einen Namen?
    Ich heiße Fly.
    Fly wie fliegen ? Oder wie das Insekt?
    Weiß nicht.
    Na gut. Man sucht sich seinen Namen ja nicht aus. Meinen brauche ich Ihnen wohl nicht zu verraten, Sie haben mich am Telefon ja auch so erkannt.
    Keine Namen, geht in Ordnung, sagte ich.
    Ausgezeichnet. Dann rauschen wir mal los.
    Um Zeit zu sparen, mied ich die Innenstadt mit ihren zahlreichen Ampeln und fuhr auf dem schnellsten Weg zur Autobahn. Als ich auf der Rampe beschleunigte, ließ der Mann das Seitenfenster herunter und kühlte im Fahrtwind sein Gesicht.
    Starten Sie durch, guter Mann, rief er, gleich heben wir ab! Ich sah in den Spiegel, sein Haar wehte, und der in allen Farben schillernde Seidenschal flatterte im Wind.
    Also gut. Da wären wir. Glaube ich. Also, Mister Fly. Hören Sie mir gut zu. Ich möchte, dass Sie in genau fünfundvierzig Minuten raufkommen. Sie klopfen dreimal und treten ein. Wenn Sie drin sind, sorgen Sie sofort dafür, dass ich aus meinen Verpflichtungen entlassen bin. Verstehen Sie mich?
    Jawohl.
    Noch einmal: Sie müssen mich unverzüglich befreien, haben Sie verstanden?
    Klar.
    In Ordnung, Fly. Jetzt synchronisieren wir noch unsere Uhren, Sie haben ja eine, hier am Armaturenbrett. Ich denke, Sie sollten sieben Minuten vor der verabredeten Zeit aus dem Auto steigen. Nehmen Sie die Treppe, das ist eine Unwägbarkeit weniger.
    Klar, sagte ich noch einmal.
    Also verstanden?
    Ja, verstanden, sagte ich.
    Das hier ist ein Schweizer Messer, ein Geschenk für Sie. Stecken Sie es ein, und bringen Sie es mit, Sie werden gleich sehen, wofür es gut ist.
    Achtunddreißig Minuten später ging ich ins Hotel, nahm die Treppe und fand das Zimmer. Ich klopfte dreimal.
    Eine Frau, von Kopf bis Fuß in Leder gekleidet, kam an die Tür, offenbar die Autorin. In der Hand hielt sie einen Ochsenziemer.
    Sie sind zu früh, sagte sie scharf. Ihre Haltung hatte etwas von einer tanzenden Zigeunerin.
    Nein, ich bin pünktlich. Wo ist er?, fragte ich.
    Ich bin noch nicht fertig mit dem Programm.
    Ich schob sie zur Seite und trat ins Zimmer. Mein Kunde lag gefesselt auf dem Boden, splitternackt, in seinem Mund steckte eine Socke, offenbar seine eigene. Ich wollte ihn gerade befreien, da ließ die berühmte Schriftstellerin hinter mir die Peitsche knallen. Rühren Sie ihn nicht an, solange ich nicht ausgetrunken habe.
    Ich habe meine Befehle, sagte ich.
    Ich auch, sagte sie.
    Der Mann auf dem Boden schüttelte panisch den Kopf, aus seinem Mundwinkel lief Speichel.
    Guck doch auf die Uhr, du kleiner Scheißer, sagte sie und griff nach den Handschellen, die auf einer Kommode bereitlagen.
    Ich trat auf ihre Peitsche und schlug ihr mit der Faust ins Gesicht, sie hatte keine Zeit zurückzuweichen. Sofort ging sie zum Gegenangriff über, geistesgegenwärtig rettete ich mich mit einem Salto rückwärts, wobei ich ihr, gewollt oder nicht, einen Tritt ans Kinn versetzte.
    Sie stürzte auf die Kommode, prallte gegen den Fernseher und ging zu Boden. Sofort raffte sie sich auf und entkam mit lautem Geheul ins Badezimmer, sie schloss sich ein. Er hat mich geschlagen, er hat mich geschlagen!, schluchzte sie, ich blute!
    Ich tastete in meiner Tasche nach dem bescheuerten roten Messerchen mit dem Kreuz darauf, es dauerte eine Weile, bis ich es aufgeklappt hatte. Es dauerte, bis ich mich zwischen der kleinen Nagelschere und der großen Klinge entschieden hatte, der Mann war schon blau angelaufen, er schien zu ersticken. Sofort zog ich ihm die Socke aus dem Mund, er schnappte nach Luft, hustete krampfhaft und spuckte aus.
    Ich befreite den Mann mit meinem Schweizer Messer (meine Wahl war auf die große Klinge gefallen), der Mann streifte die Fesseln ab und krabbelte auf nackten Knien zur Badezimmertür, hinter der die Domina wartete.
    Es tut mir so leid, Herrin, bettelte er hustend. Beim nächsten Mal werde ich um meine Bestrafung bitten und alles hinnehmen. Fly hier ist nur mein Fahrer, er ist nicht der Hellste. Nicht einfach heutzutage, gute Leute zu finden! Es ist allein meine Schuld.
    Sie öffnete die Tür und sagte: Sieh dir an, wie mich der grobe Kerl zugerichtet hat. Mich siehst du nicht wieder. Ein dummer Mensch bist du, Gunther.
    Jetzt habe ich auch noch

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