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Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schindler
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dabei sein, damit sie sich nicht rauswinden kann.«

    Aber am nächsten Abend war nur mein Vater da. Mama hatte eine Veranstaltung in der Bibliothek, irgendeine Autorenlesung, bei der sie dabei sein musste. Doch Daniel meinte, Papas Anwesenheit würde genügen.
    Nachdem wir uns alle Kartoffelbrei und Sauerkraut aufgetan hatten und ich nun die Würstchen auf den Tisch stellte, wandte sich Daniel an Ljuba und sagte: »Ich hab ganz vergessen, aus welchem Stadtteil von Moskau du kommst. Wie hieß der noch mal?«

    Ljuba winkte lächelnd ab. »Ist nicht wichtig. Ist nicht sehr schön. Moskau ist schöne Stadt, große Stadt, gibt es große, schöne Straßen …«
    »Hm. Aber mich würde interessieren, wo du wohnst. Einfach so.« Er warf den Zwillingen einen auffordernden Blick zu.
    »Au ja«, sagte Kris. »Sagst du es uns, Ljuba?«
    »Bitte, bitte«, sekundierte Kathi.
    Ljuba lächelte nach links und nach rechts. »Erzähl ich euch von Moskau, ja? Habe ich ganzes Leben dort gelebt. Moskau ist tolle Stadt. Hat Kreml. Im Kreml sitzt die Regierung.«
    »Aber warum willst du uns denn nicht deine Adresse verraten?« Daniel blieb standhaft.
    »Warum ist so interessant?«, fragte Ljuba. »Ist doch gar nicht wichtig. Denke ich nicht dran.«
    »Weißt du etwa nicht, woher du kommst?« Daniel mimte Entrüstung. »Das glaube ich einfach nicht.«
    Ljuba war jetzt sichtlich genervt, aber sie lächelte immer noch, wenn auch etwas starr.
    »Lass das doch, Daniel«, mischte sich jetzt Papa ein. »Offensichtlich möchte Ljuba nicht darüber sprechen.«
    »Danke«, hauchte Ljuba.
    »Na, dann eben nicht«, sagte Daniel wütend und zermalmte seine Bratwurst.

    »Aus irgendeinem Grund will sie nicht sagen, woher sie kommt«, sagte er später nachdenklich, als wir beide auf seinem Bett saßen und Chips aßen (quasi unser Nachtisch). »Mach keine Krümel, ich will nicht, dass heute Nacht mein Kissen knistert.«
    Manchmal geht mir Daniel mit seiner Großer-Bruder-Nummer ganz schön auf den Wecker, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um ihn deshalb anzumaulen.

    Ich überlegte. »Also … entweder sie hat irgendeinen Dreck am Stecken, der was mit ihrer Stadt zu tun hat, oder …«
    »… oder sie befürchtet, wir kennen den Namen und ziehen daraus irgendwelche Schlüsse …«
    »Hä?« Ich kapierte nicht, was er damit meinte.
    Er kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Ich begreif es auch nicht. Wir haben hier die perfekte Au-pair-Hilfe - und statt dass wir uns freuen, suchen wir bei ihr nach irgendwelchen dunklen Geheimnissen. Wir sind doch echt blöd und vermiesen uns und ihr mit albernen Verdächtigungen das Leben. Schluss damit!«
    »Gestern hast du noch was ganz anderes gesagt!«
    »Stimmt«, gab er kleinlaut zu. »Aber was wir hier machen, bringt schlechte Stimmung in die Familie, und wenn du ehrlich bist, kannst du ihr außer übertriebener Fürsorge für Papa und die Zwillinge, na ja, und auch für Mama, nichts vorwerfen. Und das ist eigentlich kein Verbrechen.«
    »Wohl gesprochen, edler Ritter«, sagte ich spöttisch und stand mit der Tüte auf. »Dann sattle dein Ross und rette die Jungfrau, ich geh derweil ins Bett.«
    War da ein Geräusch gewesen?
    Blitzschnell war ich an der Tür und riss sie auf. War da unten an der Treppe eben jemand um die Ecke gehuscht, oder bildete ich mir mittlerweile die beklopptesten Sachen ein?
    »Gute Nacht«, sagte Daniel. »Mach die Tür bitte leise zu, ja?«
    Während ich ins Souterrain runterging, schüttelte ich den Kopf, als könnte ich damit Ordnung in mein Gefühlsdurcheinander bringen.
    Bildete ich mir das wirklich alles nur ein?
    Machte ich aus Mücken Elefanten?

    War es meine Abneigung gegenüber Ljuba, die mir diese Verdächtigungen einf lüsterte?
    Ich war völlig durcheinander.
    Was hatte ich eben wirklich gesehen?
    Was hatte ich mir nur eingebildet?
    War ich schrecklich ungerecht zu einer jungen Frau, die weit weg von ihrem Zuhause eine fremde Sprache lernen wollte?
    Ich griff mir an den Kopf, als könnte ich dadurch meine wirren Gedanken bündeln und in eine vernünftige Richtung lenken.
    Als ich die Tür zu meinem Zimmer öffnen wollte, ging die Badezimmertür auf und Ljuba kam im Bademantel heraus.
    So hatte sie bestimmt nicht vor Daniels Tür herumgelungert! Ljuba ließ sich in den oberen Stockwerken nie im Bademantel blicken.
    Doch als sie an mir vorbeiging, sah ich etwas Schwarzes im Ausschnitt aufblitzen. Trug sie ein schwarzes Nachthemd?
    Heute Abend hatte sie einen schwarzen

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