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Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schindler
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entlanghangeln und vermeiden, auf die Stufen zu treten. Nur so haben Daniel und ich früher an den Sonntagen fernsehen können), holte meine Jacke und meinen Rucksack aus meinem Zimmer und flitzte wieder hoch, riss die Haustür auf und knallte sie zu.
    Als Ljuba oben an der Treppe auftauchte, hängte ich gerade meine Jacke an den Garderobenhaken.

    »Was machst du da?«, fragte sie mich. Sie wirkte ziemlich erschrocken, obwohl sie sich alle Mühe gab, die Fassung zu wahren.
    »Warum?«, fragte ich zurück. »Was machst du denn da oben? Da hast du doch gar nichts zu suchen!« Während ich das sagte, stieg ich die Treppe hoch.
    Sie wich zurück in Papas Zimmer.
    »Ich wollte nur aufräumen!«
    »Quatsch! Du weißt genau, dass mein Vater nicht will, dass man da aufräumt!«
    Ich rückte ihr auf den Pelz. Jetzt standen wir beide im Arbeitszimmer und ich schaute zum Schreibtisch hinüber. Die Papiere, die ich eben noch darauf liegen gesehen hatte, waren verschwunden.
    »Doch!«, entgegnete sie heftig. »Hat sich gefreut, als ich Ordnung gemacht mit seine Zeitungen!«
    »Seinen Zeitungen«, korrigierte ich sie.
    Darum hatte sie uns zwar gebeten, aber in diesem Augenblick war es ihr wohl gar nicht recht. Jedenfalls sah sie mich aus schmalen Augenschlitzen an.
    Ich ging um den Schreibtisch herum, und mir fiel auf, dass die eine Tür aufstand.
    »Du warst am Schreibtisch meines Vaters!«, sagte ich.
    »Nein, war ich nicht.«
    »Jetzt lügst du auch noch!«
    »Nein, ich nicht …« Sie brach ab und senkte den Kopf.
    »Sag mal ganz ehrlich, Ljuba, was hast du hier gesucht?«
    Sie holte tief Luft. Dann schaute sie mich wieder an, und ich sah fasziniert, wie zwei Tränchen rechts und links über ihre Wangen liefen. »Ehrlich, Alex, hab ich nur Gefallen tun wollen! Musst du mir glauben!«
    »Das kannst du meinem Vater ja selbst erzählen«, sagte ich zuckersüß. »Vielleicht glaubt er dir das!«

    »Du willst ihm sagen?«, fragte sie tonlos und starrte mich an.
    »Na klar. Er muss doch erfahren, dass du in seinem Schreibtisch herumkramst! Er wird garantiert begeistert sein«, setzte ich noch hinzu (das war zugegebenermaßen etwas boshaft).
    Sie ließ sich in den Sessel vor dem Regal fallen. »Bitte! Wollte ich doch nur Staub wischen.«
    »Ach? Und wo ist das Staubtuch?«
    »Äh - ist …« Sie stand auf und ging zum Regal, wo die Billardpokale standen. »Ist hier drin.«
    Ich schickte in Gedanken ein dickes Lob an Sina, die diesen Stein durch ihre aufmerksame Beobachtung ins Rollen gebracht hatte.
    »Hm. Hast du das hier versteckt?«
    Sie lächelte jetzt zaghaft. Wahrscheinlich dachte sie, sie hätte mich eingewickelt. »Ja, hab ich gemacht. Wollte ich schön polieren, dass kein Staub liegt und so.«
    »Ach so.« Ich schaute ihr ins lächelnde Gesicht und dachte: Du Schlange. Du lügst wie gedruckt. Dann zuckte ich die Achseln und drehte mich um. »Ich muss wieder in die Schule. Ich hatte bloß was vergessen.«
    Dann rannte ich runter in mein Zimmer, schnappte mir ein völlig überflüssiges Reclam-Heft ( Der zerbrochene Krug ), steckte es in meinen Rucksack, zog die Jacke wieder an und öffnete die Haustür. Dann drehte ich mich noch einmal um.
    Ljuba war die Treppe zur Hälfte heruntergekommen, stand jetzt da und sah mich forschend an. War das ein erleichtertes oder ein höhnisches Grinsen auf ihrem Gesicht?
    »Rumspionieren ist ganz mies«, sagte ich und knallte die Tür hinter mir zu, während sie noch etwas protestierend hinter mir herrief.

    Auf dem Weg zur Straßenbahnhaltestelle überlegte ich, was ich tun sollte.
    Wenn ich es Papa erzählte?
    Dann würde Ljuba mit der blöden Staubwischerei kommen, und im Gegensatz zu Sinas Sauberkeitsaktivitäten wäre er bei Ljuba vielleicht gerührt davon und würde bloß sagen, dass sie es in Zukunft bleiben lassen sollte.
    Und wenn ich es Mama sagte?
    Mama fühlte sich durch Ljuba erleichtert, genoss den Wiedereinstieg in ihren geliebten Beruf und würde sich gegen alles wehren, was diese Situation bedrohen könnte.
    Ljuba würde sich irgendwie rausreden und das Blaue vom Himmel lügen, aber letzten Endes würden beide ihr glauben (weil sie ihr nämlich glauben wollten).
    So ein Mist. Mit dem Ergebnis meiner Beobachtungen konnte ich also nicht landen.
    Aber so ganz ohne Wert waren sie nun auch wieder nicht.
    Daniel und ich hatten jetzt den Beweis, dass Ljuba irgendwas im Schilde führte.
    Ich hatte mir meine flauen Gefühle nicht eingebildet, ich hatte den richtigen Riecher

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