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Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schindler
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den Minis bekam ich das zu spüren. Früher waren sie bei jedem meiner Spielangebote in Begeisterungsgeheul ausgebrochen - wenn ich jetzt mal was vorschlug, suchten ihre Blicke erst Ljuba, ob die nichts dagegen hatte.
    Mir war oft zum Heulen.
    Ich war die Tochter und Schwester - aber das hatten die anderen Koopmanns wohl vergessen.
    Bei Laura und Martha spielte ich die Sorglose, die sich über die Extra-Freizeit freute, weil ich kein Mitleid wollte.
    Ich tat so, als wäre ich über diese perfekte Au-pair-Hilfe total happy, weil ich kaum noch was zu Hause zu machen brauchte.
    Tja. Wär ich doch bloß mal ehrlich gewesen. Dieses Vortäuschen falscher Gefühle sollte sich noch bitter rächen.

    Nur Marlon erzählte ich von meinen miesen echten Gefühlen.
    Wir trafen uns immer noch mindestens dreimal die Woche zum Lernen, aber die »Nachhilfe« war auf das Erledigen der Hausaufgaben zusammengeschrumpft.
    Marlon meldete sich inzwischen öfter im Deutschunterricht, denn er fühlte sich sicherer. Die Brandtner,
die auch unsere Klassenlehrerin ist, lobte ihn vor versammelter Mannschaft.
    »Du hast ja einen richtigen Lernschub gehabt«, sagte sie. »Toll, was ein bisschen mehr Einsatz für Resultate bringen kann.«
    Ich hielt mir den Mund zu und verkroch mich unter meinem Tisch, weil ich vor Lachen fast geplatzt wäre.
    »Oh, was für ein toller Einsatz«, frotzelte ich ihn später, als wir auf seinem Bett hockten und Nüsse aßen.
    Das brachte mir den ersten Kuss meines Lebens ein.
    Na ja, nicht wirklich den allerersten. Aber den ersten richtigen.
    Ich hatte schon mal auf so einer beknackten Geburtstagsparty beim Flaschendrehen mit Björn Fischer knutschen müssen, und Mike Großmann hatte mich auch schon mal vollgesabbert, nachdem er mich nach dem Freimarkt nach Hause begleitet hatte und dann meinte, damit hätte er sich das Recht auf einen Kuss verdient.
    Also hatte ich in diesen Dingen keine besonderen Erfahrungen vorzuweisen und hatte auch - ehrlich gesagt - für diese ganze Schmatzerei nicht viel übrig, sondern ihre Wichtigkeit für ziemlich übertrieben gehalten.
    Aber das änderte sich an diesem Nachmittag.
    Eben war ich noch am Lästern und auf einmal spürte ich zwei warme, trockene Lippen auf meinen.
    Vor lauter Schreck machte ich die Augen zu und hielt still.
    Langsam verstärkte sich der Druck auf meinen Lippen und ich öffnete sie leicht - oh, WOW! Das war der Anfang von einem solchen Gefühlssturm, wie ich ihn noch nie erlebt hatte.
    Mitten im Küssen kippten wir beide um, glücklicherweise saßen wir ja weich, und küssten im Liegen weiter, ich auf dem Rücken, Marlon halb über mir.

    Irgendwann kam er auf die Spitzenidee, dass wir vielleicht mal neue Luft brauchten: wegen akuten Sauerstoffmangels!
    Ist natürlich Quatsch, weil wir wahrscheinlich durch die Nase geatmet hatten, aber trotzdem schnappten wir nach Luft wie Goldfische auf dem Trocknen.
    »Oh, Mann«, sagte Marlon leise.
    »Oh, Frau«, sagte ich und wir lachten.
    Danach fing er an zu knabbern.
    Er knabberte an meinen Ohrläppchen, an meinen Fingerspitzen, an meinem Hals und an meiner Nase.
    Ich revanchierte mich, so gut ich konnte.
    Lange redeten wir kein Wort, sondern benutzten nur diese Kuss- und Knabbersprache.
    Dann glitt sein Mund wieder zu meinem Mund - und wieder hörte die Welt auf, sich zu drehen.
    Jedenfalls kam es mir so vor. Nichts existierte mehr außer diesem unglaublich süßen, fiebrigen Gefühl, dieser Seligkeit, dieser Atemlosigkeit, diesem Rausch.
    Als er sich mit der einen Hand langsam unter mein T-Shirt tastete, ging ich auf Abstand.
    »He, nicht alles auf einmal«, sagte ich leise.
    Er lag mit geschlossenen Augen da und lächelte auf eine Weise, dass ich erst mal schnell lauter Zwitscherküsse auf seinem Gesicht verteilte.
    Dann setzte er sich hin, zwinkerte ein paar Mal und fragte: »Ganz ehrlich - machst du das öfter?«
    Ich kicherte. »Ganz ehrlich - mit wem denn?«
    Er zuckte die Achseln. »Hätte doch sein können, dass da mal was lief oder so. Schließlich bin ich erst letztes Jahr in eure Klasse gekommen.«
    Ich fuhr mit der Zeigefingerspitze über seine Augenbrauen, seine Wangenknochen, seine Lippenränder, als ob ich ihre Konturen auswendig lernen wollte.

    »Nein, da war noch niemand, außer ein paar sehr missglückten Versuchen, die mich eigentlich eher abgetörnt haben«, murmelte ich.
    »So wie das hier?«, fragte er und biss sacht in meinen Finger.
    Ich seufzte glücklich. »Das hier macht eher süchtig.« Und

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