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Spinnenfalle

Titel: Spinnenfalle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Schindler
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Versuchsballon steigen lassen?
    »Danke, aber ich hab nichts vor«, sagte ich. »Ich geh nachher rüber zu Martha, das ist alles.«
    »Okay«, erwiderte sie. »War nur ein Angebot.«
    Hm. Seit wann machte mir unsere russische Perle Angebote?
    War ich rassistisch, wenn ich sie in Gedanken »russische Perle« nannte?
    Ich tat es ja nicht laut, und mein Unbehagen ihr gegenüber war noch nicht verschwunden, im Gegenteil, durch ihre unerwartete Freundlichkeit war ich eher noch mehr als sonst auf der Hut.
    Wie hatten wir mal gesagt? Misstrauisch und wachsam!

    Inzwischen hatten wir Juni und es war für Bremer Verhältnisse ziemlich heiß. Wir saßen schlapp im Unterricht und stöhnten, wenn wir unseren Grips anstrengen sollten - jedenfalls das bisschen, das noch nicht in der Hitze weggeschmolzen war.
    Zwischen Marlon und mir kribbelte es immer noch vom Allerfeinsten - aber wir hielten es geheim.
    »Eigentlich finde ich das blöd«, sagte er eines Nachmittags, als wir mal gerade eine Pause beim Knutschen einlegten und nebeneinander auf seinem Bett lagen.
    »Was?«
    »Dass du so eine Geheimniskrämerin bist.«
    »Ach ja? Wie hättest du es denn gern?«
    »Ich würde gern mal während der Pause deine Hand halten. Von mir aus können alle sehen, dass wir …«
    »Was?« Ich bekam keine Luft mehr und starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an.

    »Na, dass wir zusammen sind.«
    ER HATTE ES GESAGT!
    Ich schloss die Augen und beugte mich vor.
    »Sind wir das?«, murmelte ich in seine Halsgrube.
    »Jedenfalls möchte ich das gern«, sagte er leise.
    In mir brauste es vor Glück, als zerplatzten viele kleine rosarote Seifenblasen.
    »Ich auch«, flüsterte ich.
    »Dann können wir es doch auch zeigen.« Er grinste.
    »Hmmm … nein«, sagte ich. »Ich will das Gequatsche von den anderen nicht hören.«
    »Warum? Schämst du dich wegen mir?«
    »WAS? Du hast ja’nen Knall! Warum soll ich mich denn schämen?« Ich war ziemlich fassungslos. Wie kam er denn auf so eine blöde Idee? »Ich finde dich umwerfend, ich bin total glücklich mit dir und ich will nie, nie, nie einen anderen küssen …«
    »Dann brauchen wir uns doch nicht zu verstecken!«
    Ich schwieg.
    Er hatte recht. Natürlich brauchten wir uns nicht zu verstecken.
    Ich hatte nur dieses schreckliche Gefühl, wir müssten unsere, na ja, Freundschaft geheim halten, weil sie sonst gefährdet war. Weil man uns dann verletzen könnte. Weil die Außenwelt vielleicht auch eine Meinung zu uns hatte. Und plötzlich durchtrennte ein Gedanke wie eine Messerklinge meine Überlegungen: Ljuba durfte es nicht erfahren!
    Ich hatte keinen konkreten Grund für meine Angst, ich wollte einfach auf gar keinen Fall, dass sie Bescheid wusste.
    »Was ist denn?«, fragte er ganz leise an meinem Ohr. »Machst du mit?«
    Ich holte tief Luft. Wenn ich ihm meine wahre Angst
gestand, würde er mich vielleicht für plemplem halten oder denken, ich litte an Verfolgungswahn. Und wenn ich es verklausulierte wie »Bei mir zu Hause sollen sie lieber erst mal nichts wissen«, dann dachte er womöglich, ich würde mich nicht trauen, ihn meinen Eltern als Freund vorzustellen, nicht nur als Lernkumpel.
    Verdammt! Was für saublöde Gedanken! Er wollte doch nicht um meine Hand anhalten oder irgend so ein Schmus. Er wollte einfach mit mir Händchen halten, wenn ihm danach war.
    Also?
    »Ich will nicht, dass die anderen lästern«, sagte ich leise und küsste ihn. »Dass sie dich fragen, warum du dich mit so einer Schreckschraube wie mir abgibst!«
    Er lachte schallend. »Spinnst du? Hast du sie nicht alle? Du bist die süßeste Schreckschraube, die ich kenne - da ist mir doch scheißegal, was die anderen sagen!«
    Ich war geschmeichelt und gerührt von seiner Hartnäckigkeit und seufzte.
    »In Ordnung«, sagte ich dann, hatte aber kein gutes Gefühl dabei. »Tu, was du nicht lassen kannst.«
    Und dann tat er das, was wir beide nie lassen konnten, wenn wir zusammen waren: Wir küssten uns.
    Und ich schloss die Augen und dachte: Bin ich bescheuert? Warum hab ich bloß solche Angst vor ihr?
    Aber dann hörte ich wieder auf zu denken und kümmerte mich mehr ums Spüren.
    Als wir uns an diesem Abend trennten, sagte Marlon: »Ab morgen?«
    Ich sah in seine wunderschönen dunklen Augen und nickte.
    »Ich muss ganz schön verknallt sein, dass ich dir so aus der Hand fresse«, knurrte ich.
    »Bloß verknallt?«, fragte er.

    Aber ich war zu einer genaueren Bekanntgabe meiner Gefühle weder in der Lage noch bereit.
    »Ich

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