Spinnenkuss: Elemental Assassin 1 (German Edition)
hättest nur deine Steinmagie einsetzen müssen, um deine Haut zu verhärten. Es gibt nichts, was deine Magie durchdringen kann.«
Für einen Moment stieg das Bild von meiner Mutter Eira und meiner älteren Schwester, Annabella, in mir auf, wie sie in zwei Feuerbällen vergingen. Plötzlich roch ich verbranntes Fleisch. Mein Magen verkrampfte sich.
»Du weißt, dass ich meine Magie nicht einsetze, wenn es nicht absolut notwendig ist«, sagte ich. »Für kleine Dinge ist sie okay, aber ich werde nicht anfangen, mich davon abhängig zu machen. Nicht in meinem Metier. Denn genau dann wird sie mich irgendwann verlassen und ans Messer liefern. Und dann sterbe ich.«
Jo-Jo bewegte ihre Hand über meine Niere, wo Brutus mich geschlagen hatte. Weiteres Prickeln breitete sich in meinem Körper aus. »Du wirst dich eines Tages darauf verlassen müssen, Gin. Magie ist genauso stark wie die Person, die sie handhabt. Du bist stark. Sie wird dich deswegen nicht im Stich lassen, weil du dich selbst niemals deinem Schicksal ausliefern wirst.«
Ich wusste nicht, ob Jo-Jo einfach so dahersprach oder ob sie einen verschwommenen Blick in die Zukunft geworfen hatte. Egal was es war, ich kaufte ihr diesen Mist nicht ab. »Das ist ja alles schön und gut – bis die Person, gegen die ich kämpfe, stärker ist als ich.«
Elementare kämpften, indem sie sich rohe Magie, wilde Macht entgegenschleuderten. Ihre Stärke an der Kraft des anderen Magiers maßen. Manchmal dauerten solche Duelle nur Sekunden. Manchmal auch Stunden. Aber irgendwann siegte die Magie des einen und überwältigte die Magie des anderen. Und wenn das geschah, wurde der unglücklichere Elementar überwältigt und starb unter dem Ansturm der Macht des anderen. Von Luftmagie erstickt, von Eismagie erfroren, von Steinmagie zerquetscht. Oder bei lebendigem Leib von Feuermagie verbrannt wie meine Mutter und meine ältere Schwester.
Ich schüttelte den Kopf, um diese grässlichen Erinnerungen zu verscheuchen. »Nein danke. Um einen Job zu erledigen, brauche ich nur meine Steinsilber-Messer. Nichts sonst. Magie ist zu einfach. Lässt einen dumme Risiken eingehen, lässt einen glauben, man wäre unverletzlich, macht einen schlampig. Ich setze sie ein, wenn es sein muss, aber ich werde mich nicht darauf verlassen.«
Was ich nicht erwähnte, war die Tatsache, dass ich schon genügend scheußliche Dinge für ein gesamtes Leben mit meiner Magie getan hatte. Dass ich mit ihr getötet hatte, lange bevor Fletcher mich von der Straße geholt hatte. Dass ich ohne nachzudenken mit meiner Macht um mich geworfen und die Magie eingesetzt hatte, um die Steine unseres Hauses in Schwingung zu versetzen und meinen Foltermeistern zu entkommen. Dass die Kombination aus den Feuern, die der Elementar gelegt hatte, und meiner Magie das gesamte Gebäude zum Einsturz gebracht hatte. Dass Bria, meine jüngere Schwester, aufgrund meiner Handlungen gestorben war, lebendig begraben und tot genau wie alle anderen.
Das war einer der vielen Gründe dafür, dass ich meine Macht jetzt nicht mehr auf diese Art einsetzte, außer es gab überhaupt keine andere Möglichkeit. Meine Magie erinnerte mich an diese dunkle Zeit, als mein gesamtes Leben in einer einzigen schrecklichen Nacht zerstört worden war.
Jo-Jo beendete ihre Arbeit und senkte die Hand, doch ihre fahlen Augen blieben auf mein Gesicht gerichtet. »Wir werden sehen.«
In diesem Moment wurde die Eingangstür aufgerissen, und schwere Schritte polterten durch den Flur. Ein paar Sekunden später betrat Sophia Deveraux den Salon.
Sophia war drei Zentimeter größer als ihre ältere Schwester, und ihr Körper war breiter, mit einer zusätzlichen Schicht durchtrainierter Muskeln. Wo Jo-Jo hell war, war Sophia dunkel. Die glatten schwarzen, kurz geschnittenen Haare lagen an ihrem Kopf an und passten zu ihrem kohlrabenschwarzen Lidschatten, Lidstrich und Lippenstift. Ihre Augenfarbe war ebenfalls tiefschwarz. Statt eines Kleides trug Sophia pechschwarze Jeans, dunkle Stiefel und ein schwarzes T-Shirt, auf dem strahlende pinkfarbene Totenköpfe leuchteten. Diese passten hervorragend zu den Plastikschädeln, die von dem schwarzen Stachelhalsband hingen, das sich um ihren breiten Hals zog. Obwohl sie bereits hundertdreizehn war, hatte Sophia das Aussehen eines mürrischen Heranwachsenden perfektioniert.
Sophia ließ sich in einen der Drehstühle fallen und musterte eingehend den rosafarbenen Glitzernagellack an ihren Fingern. Jo-Jo lehnte sich vor und
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