Spion auf der Flucht
sehen. Den Rest
schulden Sie mir noch. Für einen neuen Auftrag müssen Sie mich nochmals
bezahlen. Allerdings“, er grinste freundlich, „gebe ich Ihnen Mengenrabatt (Rabatt = Preisnachlaß).“
Rödermeyer nickte. „Na gut! Jeder
Arbeit ihren Lohn! 1200 hatten wir vereinbart. 1000 haben Sie. 200 ziehe ich
Ihnen ab. Für Behandlungskosten. 600 für den zweiten Auftrag. Einverstanden?“
„800! Sonst macht’s mir keinen Spaß.
Vergessen Sie nicht, daß die Lebenshaltungskosten steigen. Alles wird teurer.“
Sie einigten sich.
Jeder trank noch einen Cognac.
Das also war gestern gewesen. Wilhelm
dachte noch heute darüber nach, eine Tätigkeit, die er im allgemeinen
vernachlässigte. Aber diesmal beschäftigte ihn das Ereignis über den Tag
hinaus. Und er hatte sich noch nicht entschieden, wann und wo er diesem Ludwig
Dröselhoff auflauern — und ihm die 800-Mark-Abreibung verpassen werde.
8. Das Trio am Brunnen
Oskar, der Cocker-Spaniel, wälzte sich
auf Gabys weißem Berberteppich. Hinüber und herüber kugelte er über einen
dicken Knochen aus Büffelhaut, den ihm die Jungs mitgebracht hatten.
Gaby und Tim saßen im Schneidersitz und
sahen zu.
Karl hing auf Gabys rotem Klappsessel,
weil er sich wegen einer Innenbandzerrung am linken Knie etwas unbeweglich
fühlte.
Klößchen ruhte zurückgelehnt auf dem
Zweisitzer-Sofa und kreiste mit flacher Hand auf seinem Magen, als müsse er die
Mittagsmahlzeit verteilen.
„Er frißt Büffellederknochen für sein
Hundeleben gern“, sagte Gaby, deren hübsches Zimmer sehr aufgeräumt war.
„Natürlich dauert es zwei bis drei Tage, ehe er den aufgekaut hat. Und immer
vorher dasselbe Verhalten. Minutenlang wälzt er sich auf seinem Schmankerl ( Leckerbissen )
herum.“
„Nimm dir daran ein Beispiel“, sagte
Tim zu Klößchen.
„Äh... was? Du meinst, ich soll auf
meiner Schokolade... Also, das lehne ich ab. Es wäre unkultiviert.“
Das schien Oskar zu verstehen.
Er hörte auf mit der Wälzrolle, sprang
auf alle vier Pfoten, blickte einen nach dem andern vorwurfsvoll an und
schnappte sich den Knochen.
„Unkultiviertes Verhalten“, lachte
Gaby, „läßt er nicht auf sich sitzen.“
Im Flur klingelte das Telefon.
Sie stand auf.
Außer der TKKG-Bande und Ehrenmitglied
Oskar befand sich niemand in der Glocknerschen Wohnung.
Der Kommissar war im Dienst, also im
Präsidium.
Gabys Mutter hielt ihren netten Tante-Emma-Laden
neuerdings auch in der Mittagszeit auf — jedenfalls an einigen Tagen. Die
Konkurrenz der Supermärkte zwang sie dazu.
Tim hörte, wie Gaby sich meldete.
Oskar beknabberte den Knochen.
„Der überbackene Kohl liegt schwer“,
seufzte Klößchen.
„Wo liegt er?“ fragte Karl, der das
Gemurmel nicht verstanden hatte.
„Der Kohl liegt schwer im Magen“, sagte
Klößchen. „Mag auch sein, daß sich Kohl und Schokolade nicht vertragen.
Vielleicht verbinden sie sich zu Zement?“
„Mufti!“ rief Gaby im Flur. „Fleiß ist
das. Fleiß! Klasse! Dank dir. Alles klar. Wir machen sofort action. Nein, du
brauchst nicht zu warten. Tschauuu!“
Der Hörer fiel auf die Gabel.
Mit fliegendem Pferdeschwanz stürmte
sie herein.
„Tim! Dein Aufruf hat gewirkt. Das
erste Ergebnis. Mufti hat den Wahnsinns-Fahrer gesehen.“
Mufti war ein heller Kopf aus der 9 a,
Klassenbester in Mathe und mit einer Begabung fürs Diskuswerfen ausgestattet.
Tim und Karl sprangen auf.
Klößchen beugte sich vor. Immerhin.
„Wo?“ Tim machte einen langen Schritt
über Oskar.
„Ecke Ruth-Straße/Achenfelder Allee. Er
sitzt dort auf seiner Maschine. Auf einer 1100er Kamikaza, wie Mufti sagt. Das
sei eine Maschine für Todesverächter — so stünde es in der Werbung. Der Kerl
unterhält sich mit zwei Typen. Es sind also drei.“
„Und wenn es 100 sind!“ rief Tim und
rannte hinaus.
Seine Freunde folgten ihm.
Oskar mußte zurück bleiben.
„Und das mit meinem Magen!“ stöhnte
Klößchen, als er hinter Karl die Treppe hinunter stolperte.
„Eigene Schuld! Friß nicht soviel!“
Als seine Freunde ins Freie kamen, saß
Tim schon im Sattel und hatte 20Meter Vorsprung.
Er durfte nicht warten. Das hätte die
Aussicht auf Erfolg geschmälert.
Also legte er Tempo vor, ohne sich
umzublicken.
Zehn Minuten dauerte die Rekordfahrt.
Leider stellten sich zwei Ampeln mit ihrem blöden Rot in den Weg. Aber dann sah
er sein Ziel.
Na also, dachte er. Sie sind ja noch
da.
Die Achenfelder Allee führt
stadtauswärts und wird gesäumt von
Weitere Kostenlose Bücher