Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spion auf der Flucht

Spion auf der Flucht

Titel: Spion auf der Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Mammut-Bauten, in denen weltbekannte Firmen
residieren. Etwa zwei Kilometer Asphaltstrecke nennt sich Achenfelder Allee,
dann knickt sie ab in südwestliche Richtung und trägt den Namen eines
Kommunalpolitikers aus den 20er-Jahren, der sich damals um die Kanalisation
verdient gemacht hat.
    Wo die Allee beginnt, stößt sie mit der
Ruth-Straße zusammen, einem eleganten Einkaufsparadies.
    Schon seit langem soll hier der
Autoverkehr ausgesperrt werden. Was bis dato (heute) nicht geschehen
ist. Weil die Geschäftsleute befürchten, daß ihre Kundschaft zu faul ist, sich
fußläufig herzubemühen.
    Am Straßeneck wurde unlängst ein
baufälliges Haus beseitigt. An seiner Stelle entstand ein Platz, eher Plätzchen
— etwa von der Grundfläche eines Squash-Käfigs.
    In der Mitte plätschert ein kleiner
Brunnen, auf dessen Rand gewöhnlich unterschiedliche Sitzflächen parken.
Überwiegend sind’s Schüler, Studenten und Mittagspausen-Wahrnehmer aus der
Achenfelder Allee.
    Auch jetzt war der Brunnen lückenlos
besetzt, etwa zu zwei Drittel männlich, und logischerweise zu einem Drittel
weiblich.
    Tim bemerkte niemanden aus seiner Schule.
    Das war ihm ohnehin schnurz. Seine
Aufmerksamkeit galt dem Wahnsinns-Raser, wie die TKKG-Bande ihn — in
Ermangelung seines Namens — getauft hatte.
    Er parkte am Bordsteinrand — in
Fahrtrichtung Allee — , und seine Kamikaza zog fast alle Blicke an.
    Erstmal langsam! dachte Tim und näherte
sich in mäßigem Tempo.
    Der Raser saß im Sattel, eingetütet in
seinen weißen Motorradanzug. Es war tatsächlich Leder. Den schwarzen Helm mit
dem weißen Totenkopf hatte er vor sich auf dem Tank abgelegt; der rechte Fuß —
natürlich in einem Rennfahrerstiefel — stützelte auf dem Gehsteig.
    Er unterhielt sich mit zwei Typen.
    Die hofften offensichtlich, daß von
seinem Glanz was auf sie falle, und taten vertraut als wären sie Blutsbrüder
aus dem Kraftradverein ,Feuerstuhl’ e. V. von 1909.
    Der eine war ein Hagerer, so um die 18
Jahre, mit brandrotem Schopf. Er hatte ein gemeines Gesicht und lachte auch so.
Wahrscheinlich konnte er nicht anders.
    Seine Klamotten wirkten abgerissen.
Aber es konnte auch Öko-Kluft (Öko = Ökologie = Wissenschaft von der
Umwelt) sein.
    Der andere war bullig und wie der
Rotschopf gekleidet. Das Gesicht bestand hauptsächlich aus Kinnbacken und
Wulstlippen. Die Stirn war nur ein schmaler Strich unter dem schwarzen
Kräuselkraut.
    „Was, Andy“, meinte er eben zu dem
Rotschopf. „Das glaubst du doch auch.“
    „Und ob ich das glaube, Bert“,
erwiderte Andy. „Ist ja schließlich ‘ne starke Schau.“ Er blökte vor Lachen.
„Wie sagt der Onkel immer: Lieber Auspuffmief als radioaktiv.“
    Tim fuhr dicht an ihnen vorbei, erntete
null Beachtung, sprang von seinem neuen Rennrad — das im Vergleich zu der
Kamikaza geradezu vorsintflutlich war — und lehnte es an den hüfthohen
Abfallkorb.
    Während er sich umdrehte, trat er zu
dem Trio.
    Der Raser in seinem weißen Anzug tat, als
bemerke er ihn nicht. Offenbar hielt er Tim für einen Bewunderer seines
Feuerstuhls.
    Bert und Andy glotzten ihn ohne
Freundlichkeit an.
    Tim tippte dem Raser auf die Schulter.
    „Falls ich mich irre“, sagte er,
„kommt’s mir auf eine Entschuldigung nicht an. Falls ich mich aber nicht irre,
bist du der Typ, der Dr. Lattmann fast zum Krüppel gefahren hat. Und dann
verduftet ist. Bist doch auch der Meinung, daß wir das klären sollten? Und zwar
bei der Polizei.“
    Bei dem letzten Wort duckten sich Bert
und Andy, als pfeife eine siebenschwänzige Peitsche über ihren Köpfen.
    Der Raser drehte den Kopf in Tims
Richtung.
    Er war ein Fatzke-Typ, etwa 20, mit
Bräunungscreme auf den schönen Zügen, poliertem Gebiß und — tatsächlich —
gefärbten Haaren. Ein Drittel der dunklen Locken hatte er maisgelb blondieren
lassen. Im linken Mundwinkel hing eine Zigarette.
    „Verpfeif dich!“ sagte er durch den
anderen Mundwinkel.

    „Du kannst freiwillig mitkommen“,
klärte Tim ihn auf, „was das Klügste wäre. Oder ich nehme dich bei den
Hammelbeinen und schleife dich hin. Aber dann ist dein Anzug im Eimer.“
    Der Fatzke lächelte.
    Tim stand links neben ihm.
    Fatzkes linker Arm kreuzte vor seinem
Nabel, und die Hand ruhte auf der rechten Hüfte.
    Aus dieser Position schlug er zu, also
von innen nach außen.
    Ob Handrücken oder Kante Tims Gesicht
treffen sollte, läßt sich im Nachhinein nicht feststellen. Heimtückisch war es
auf jeden Fall. Aber damit hatte Tim

Weitere Kostenlose Bücher