Spion auf der Flucht
sich.
Für einen Moment stützte er die linke
Hand ans Renault-Dach.
Aber, aber! dachte Tim. Die Gefahr ist
doch vorbei. Nun fallen Sie nicht gleich um, Herr Konstrukteur!
„Ein... ein Schläger war hier?“
stotterte Dröselhoff.
„Ein Schläger, der einbrechen wollte.“
Der Schreck wich aus Dröselhoffs
Gesicht und machte einer hellroten Wut Platz.
„Krawutschke heißt er?“
„Genau.“
Er starrte einen Moment zu Boden. Dann
schüttelte er den Kopf.
„Ein Glück“, meinte er, „daß meine Frau
und meine Tochter nicht da sind. Wahrscheinlich hat der Kerl beobachtet, wie
sie wegfuhren.“ Wieder schüttelte er den Kopf. „Aber euch muß ich danken.“
Sie müssen nicht, dachte Tim. Aber es gehört
sich so.
Dröselhoff kam zu ihnen. Eher beiläufig
gab er allen die Hand — auch Karl und Klößchen, die ihre Reparatur beendet
hatten und sich dazu gesellten.
Dröselhoff fragte, wie er das gutmachen
könne, und hatte schon sein Portemonnaie in der Hand.
Aber Tim winkte ab. „Hilfsbereitschaft
läuft bei uns zum Nulltarif, Herr Dröselhoff.“
Der Konstrukteur lächelte erfreut.
Vielleicht war er geizig oder in hohe Abzahlungsraten verstrickt.
„Und der Einbrecher hat gesagt, daß er
einbrechen wollte?“ erkundigte er sich.
„Krawutschke leugnet“, antwortete Tim,
„was aber lächerlich ist. Er behauptet, er habe nach ‘ner Adresse gesucht. Im
übrigen ist er dran wegen einer anderen Sache. Daher kennen wir ihn. Da geht’s
um Freiheitsberaubung und Körperverletzung. Das reicht.“
„Vielleicht sollte ich gleich mal im
Präsidium anrufen“, überlegte Dröselhoff.
„Sollten Sie!“ nickte Tim.
Als der Konstrukteur in seiner Hütte
verschwunden war, meinte Klößchen: „Heute lassen wir aber die Selbstlosigkeit
raushängen. Geschäftlich gesehen, sind wir ganz schön blöd. Daß wir
Krawutschkes Bestechungsversuch abweisen, lasse ich mir noch gefallen. Aber
Hilfsbereitschaft zum Nulltarif gibt’s nicht mal bei unseren karitativen (mildtätigen) Vereinen.“
„Da siehst du mal, was für Vorbilder
wir sind“, grinste Tim. „Von uns kann man lernen.“
15. Dem Bankräuber zuvorkommen
Am nächsten Tag stand alles in der
Zeitung: Überfall auf die Ringblech-Bank von einem mit Pistole bewaffneten
Gangster, der sich maskiert — und einen BMW als Fluchtwagen benutzt hatte. Das
Fahrzeug war inzwischen gefunden worden. Was aber nicht weiter half. Erbeutet
hatte der Räuber 89 000 Mark.
89 420 — um genau zu sein, dachte Bert.
„Au Backe!“ meinte Andy.
Er schleuderte die Zeitung zu Boden und
trampelte wütend darauf rum.
„Du sagst es“, nickte Bert.
Sie befanden sich in ihrer Bude. Es
ging auf Mittag. Auch dieser Tag war sonnig und warm.
„Der Kerl ist ein Profi“, stellte Andy
fest.
Er kratzte sich in seinem roten Schopf
und prüfte dann am Fingernagel, ob wiedermal eine Kopfwäsche nötig sei.
Meistens hielt er den monatlichen Rhythmus ein.
„Und ein Profi weiß Bescheid“, sagte
Bert.
„Also wird er uns finden.“
„Und seine Knarre mitbringen. Aber
vielleicht haben wir Glück, und er haut uns nur auf die Ohren.“
„Es sei denn“, Andy grinste, „wir
sorgen dafür, daß die Bullen ihn schnappen, bevor er uns schnappt.“
„Du meinst...?“
„Klar, ich meine.“
„Aber wenn die Bullen ihn nach dem Geld
fragen“, meldete Bert Bedenken an, „wird er auf mich verweisen. Ich glaube zwar
nicht, daß er mich genau gesehen hat. Aber er kann dich beschreiben. Und daß
wir gemeinsam auftreten, wissen viele.“
„Einige! Nicht viele. Und die sind vom
Bau. Die tun das Maul nicht auf. Sicherlich wird der eine oder andere hier
antanzen und die Hand aufhalten — fürs Stillschweigen. Naja, dann kriegt er
eben ein Scheinehen.“
„Alle halten die Hand auf“, seufzte
Bert. „Wie Klein-Edmund. Gestern mußte ich ihm fünf Mark geben“, log er. „Das
sind natürlich Betriebskosten, die wir abziehen müssen, bevor wir teilen.
Zweifuffzig gehen davon auf dich.“
„Bei 89 420 Mark können wir uns das
gerade noch leisten. Hast du diesem Mistkäfer wirklich fünf Mark gegeben? Eine
Ohrfeige wäre besser.“
„Ach, weißt du, ich habe ein Herz für
Kinder.“
Andy trat vom Fenster zurück. Er hatte
durch die fliegenschißblinde Scheibe auf den Hinterhof gestarrt, ging jetzt zum
Eisschrank, der neben seinem Bett stand, und holte sich eine Flasche Bier als
zweites Frühstück.
„Ich kann den Bankräuber genau
beschreiben“, sagte er. „Die Bullen
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