Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spion auf der Flucht

Spion auf der Flucht

Titel: Spion auf der Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Leerlauf.
    Pleff sah in den Rückspiegel.
    Er stand nur fünf Schritt hinter der
Einmündung. Das war verbotswidrig. Also rollte er noch ein paar Meter.
    Er parkte, nahm den kurzen Totschläger
aus dem Handschuhfach und schob ihn unter die Jacke.
    Noch stieg er nicht aus. Seine Blicke
tasteten die Umgebung ab. Er ließ sich Zeit.
    Es war eine schäbige Straße, zwei lange
Reihen altgedienter Blechkutschen säumten die Fahrbahn. Auf eigenen Sohlen war
nur ein Dutzend Leute unterwegs.
    Leute? Gesindel! Er grinste. Er
wartete. Vielleicht hatte er Glück, und die beiden traten plötzlich auf die
Straße.
    Nein, sie ließen sich nicht blicken.
Sicherlich hatten sie gestern abend einen drauf gemacht und viel von seinem
Geld verpulvert. Jetzt kamen sie nicht aus den Federn und würden bis zum
Nachmittag schlafen.
    Er stieg aus, schloß den Wagen ab,
setzte die Sonnenbrille auf und zog sich seinen Knautschhut tief in die Stirn.
    Ohne Hast bummelte er los.
    Es gab einige Schaufenster.
    Vor einem Haushaltswaren-Geschäft
hockte ein sommersprossiger Bengel auf den Steinhaufen.
    Er spielte mit seinem mehrteiligen Taschenmesser.
Offensichtlich faszinierte (fesselte ) es ihn. Mindestens zum 15. Male
klappte er die Teile auf. Als da waren: kurze Klinge, lange Klinge, Lupe,
Zahnstocher, Pinzette, Metallfeile, Säge, Schere, Nagelfeile, Schraubenzieher
und Büchsenöffner.
    „Hast du aber ein schönes Messer“,
meinte Pleff.
    Der Junge blickte auf. Mißtrauen lag in
seinem Blick.
    „So eins haben Sie nicht, was?“
    „Nein. Ein tolles Messer. Das ersetzt
ja einen ganzen Werkzeugkasten.“
    „Ja, den ersetzt es. Wollen Sie sonst
noch was wissen?“
    Rotzlöffel! dachte Pleff. Aber er
lächelte freundlich.
    „Wohnst du in dieser Straße?“
    „Was geht Sie denn das an?“ Er klappte
Lupe, Zahnstocher und Metallfeile ein. „Sind Sie vom Jugendamt?“
    „Nein, nein! Ich suche nur jemanden.
Also?“
    „Also was?“
    „Ob du hier wohnst, ob du dich hier
auskennst?“
    „Ich wohne hier, ich kenne mich aus.
Ich habe ein tolles Messer. Es ersetzt einen ganzen Werkzeugkasten.“
    Pleff lachte mühsam. „Du bist ein
kleiner Spaßvogel, was? Wie heißt du denn?“
    „Edmund.“
    „Also, Edmund...“
    „Mich nennen alle Klein-Edmund. Weil
ich fünf Zentimeter kleiner bin als der Durchschnitt. Der Durchschnitt der
Neunjährigen, meine ich.“
    „Das macht nichts, Klein-Edmund. Der
eine wächst schneller, der andere langsamer. Bestimmt machst du noch deinen
Schuß.“
    Klein-Edmund hatte jetzt alle Teile
eingeklappt.
    Er schob das Messer in die Tasche.
    Ein ziemlich verschlagener Blick
richtete sich auf Pleff. „Wen suchen Sie denn, Meister?“
    „Zwei Burschen. Sie heißen Bert und
Andy. Der eine ist rothaarig und...“
    „Ich kenne sie“, wurde er von
Klein-Edmund unterbrochen.
    „Na, prima. Und du weißt, wo sie
wohnen?“
    „Klar, weiß ich das.“
    Pleff hob die Brauen hinter seiner
Sonnenbrille und blickte erwartungsvoll.
    „Die Auskunft kostet fünf Mark“, legte Klein-Edmund
den Preis fest.
    „Fünf Mark?“
    „Pro Nase. Für Bert müßte ich
eigentlich sechs nehmen, weil er so fett ist. Aber weil Ihnen mein Messer
gefallen hat, runde ich ab. Zehn Mark — und die Adresse gehört Ihnen.“
    Pleff schnappte nach Luft.
    „Wenn Sie nicht wollen“, Klein-Edmund
stand auf, „können Sie ja suchen, bis Sie schwarz werden.“
    „Du hast unverschämte Preise, du
Strolch.“
    Klein-Edmund grinste. Komisch, dachte
er. Vorhin sind Bert und Andy weggerannt wie vom Teufel gejagt, weil sie
dachten, da wäre einer in ihrer Bude. Wie — haben sie gesagt — sehe der aus? 40
Jahre alt, Geheimratsecken und fleischige Nase.
    Hm, Hm! setzte er die Überlegung fort.
So einen erwarten sie also, und vor dem haben sie Schiß.
    Er blickte zu Pleff auf.
    „Vielleicht mache ich’s für neun Mark,
Meister. Aber dann müssen Sie zum Zeichen der Ehrerbietung den Hut vor mir
lüften.“
    „Wie bitte?“
    „Nehmen Sie den Hut ab, und Sie haben
eine Mark gespart.“
    Und sowas läuft frei rum, dachte Pleff,
ohne Warnschild um den Hals.
    Aber er tat dem Knirps den Gefallen und
zog seinen Hut.
    „Mann, haben Sie Geheimratsecken!“
sagte Klein-Edmund. „Nehmen Sie mal Vitamin C. Ich muß das jeden Tag nehmen.
Sonst tobt meine Mutter. Aber es wirkt. Sehen Sie sich meine Haare an!“
    „Wie der Struwelpeter“, nickte Pleff.
    Er nahm neun Mark aus dem Portemonnaie
und ließ sie Klein-Edmund in die ausgestreckte Hand fallen.
    Schon wieder

Weitere Kostenlose Bücher