Spion der Liebe
er nach ihrer Hand. »Wollen wir einen Kompromiß schließen?«
O ja, wollte sie zustimmen, ja, ich tue alles, was du willst. Aber das durfte sie nicht, sonst würde sie sich auf die gleiche Stufe mit all den anderen Frauen in seinem Leben stellen. »Ach, ich weiß nicht…« Blicklos starrte sie in die abendlichen Schatten, die sich über der Terrasse verdichteten.
»Sollen wir das Problem in aller Ruhe erörtern?« schlug er vor und drehte sie zu sich herum. »Ich will nicht, daß du unglücklich bist.«
»Versuch mich doch zu verstehen.«
»Ich beschenke dich nur, weil’s mir Freude macht – und keineswegs, um dich herabzuwürdigen.«
»O Beau, ich wünschte, ich wäre nicht so arm! Dann würde ich mir sogar den Vatikan schenken lassen.«
Er lächelte. »Da Napoleon die meisten päpstlichen Schätze beiseite geschafft hat, könnte ich’s mir wahrscheinlich sogar leisten, dir den Vatikan zu kaufen.«
»Kirchenschätze brauche ich nicht«, entgegnete Serena leichthin. »Nur den Apoll von Belvedere.«
»Zu spät, der steht bereits in Paris. Würdest du dich mit einem Ballkleid begnügen?«
Serena seufzte leise.
»Wenn man einen Menschen liebt, ist’s doch ganz natürlich, ihm was zu schenken. Findest du nicht auch, meine Süße?«
Wenn man einen Menschen liebt … Fast greifbar schienen die Worte in der Luft zu hängen.
So spontan, wie er zuvor gesprochen hatte, brach er den Bann. »Bitte, nimm das Kleid doch an. Heute morgen habe ich’s für dich ausgesucht.«
»Sicher war Mrs. Moore überrascht.«
»Eher dankbar, weil ich sie erst um halb acht aufgeschreckt habe.«
»Und wenn ich dein Geschenk zurückweise?«
»Dann würde ich’s verstehen«, log er.
»Soll ich mich einfach geschlagen geben und dir deinen Willen lassen?«
»Damit würdest du auch ein anderes Problem lösen.«
»Welches?«
»Die Diamanten, die ich heute morgen für dich gekauft habe.«
»Beau!«
»Sie passen perfekt zu deinem Ballkleid, und Emma trägt auch Diamanten, und die Ehefrauen aller Diplomaten werden sich mit kostbaren Juwelen behängen.«
»Aber ich nicht!«
»Wie wär’s mit einem Kompromiß? Zieh das Ballkleid an, ohne die Diamanten.«
»Hast du den Schmuck nur erfunden, damit du mich dazu überreden kannst, das Kleid anzunehmen?«
»Nein, ich habe ihn wirklich gekauft.«
»Das glaube ich dir nicht.«
»Einen Augenblick …« Er ging zu seinem Jackett, das über einer Sessellehne hing, und nahm drei rote Lederetuis aus den Taschen. »Da!«
Obwohl Serena wußte, daß sie dieses Geschenk niemals akzeptieren würde, konnte sie nicht widerstehen. Sie stellte die Etuis auf den Tisch und öffnete eins nach dem anderen. Hingerissen betrachtete sie eine funkelnde Halskette, ein passendes Armband und reichverzierte Ohrgehänge. »Du bist viel zu extravagant, Beau.«
»Und du viel zu prinzipientreu.«
»Also gut, ich nehme das Kleid an«, flüsterte sie.
»Und ich bringe die Diamanten zurück.«
Dieses Abkommen wurde mit einem leidenschaftlichen Kuß besiegelt, der bald zu intimeren Zärtlichkeiten führte. Den ganzen Tag hatten sie sich nicht geliebt, um die bedrückende höfliche Atmosphäre beizubehalten, und jetzt sehnten sie sich inbrünstig nach dem Glück der Erfüllung.
11
Lachend und atemlos entschuldigten sie sich für die Verspätung, als sie in der Botschaft eintrafen. Was sie füreinander empfanden, war so offensichtlich, daß Damien seinen Neffen beiseite führte, bevor die anderen Gäste ankamen, und zur Vorsicht ermahnte. »Wenn du den glühenden Liebhaber spielst, wird niemand glauben, du hättest Serena eben erst kennengelemt. Bitte, sei ein bißchen diskreter.«
»Keine Bange, ich werde mich untadelig verhalten, falls du Emma veranlassen kannst, Serena an der Dinnertafel neben mir zu plazieren.«
»Abgemacht. Und vergiß nicht – solltest du dich schlecht benehmen, würdest du Serenas Ruf ruinieren, nicht deinen.«
»Das weiß ich.«
»Übrigens, sie sieht zauberhaft aus. Aber wo sind die Diamanten?«
»Im Hotel«, gestand Beau grinsend. »Wir mußten einen Kompromiß schließen. Sonst hätte sie das Kleid nicht angezogen.«
Es fiel Beau sehr schwer, den korrekten Gentleman zu mimen, denn Emmas junge ›Verwandte‹ entzückte alle männlichen Gäste. Vor dem Dinner wurde sie geradezu belagert, während der Mahlzeit unentwegt angestarrt und später von zahlreichen Herren bestürmt, die unbedingt mit ihr tanzen wollten.
Trotzdem spielte Beau seine Rolle untadelig, was seinen Onkel
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