Spion der Liebe
wenn dich die Kleider so sehr stören, wirf sie weg.«
»Es geht nicht nur um die Kleider«, seufzte sie. Vielleicht verlangte sie zuviel von einem Mann, der die Frauen nur als Lustobjekte betrachtete und die neue Garderobe unwichtig fand.
»Das weiß ich, meine Süße, ich habe deinen Stolz verletzt.« Er küßte sie wieder, so betörend, daß ihr Herz schneller schlug. »Und ich verstehe deine Gefühle.«
»Wie nett von dir … Trotzdem werde ich mich rächen und heute abend schamlos flirten.«
»Einverstanden. Ich auch.«
»Nein, das darfst du nicht. Zur Strafe mußt du in einer Ecke stehen und mich beobachten.«
»Wie könnte ich untätig zusehen, wie du mit anderen Männern kokettierst? Wo ich dich doch vergöttere …«
»Tatsächlich?« Sie lächelte geschmeichelt und vergaß, daß ein Mann wie Beau alle Frauen vergötterte, aber jede einzelne nur kurzfristig.
»O ja«, flüsterte er. »Deshalb mußt du heute abend an meiner Seite bleiben und mich glücklich machen. Und du darfst keine anderen Männer anschauen.«
»Du auch nicht.«
»Für Männer interessiere ich mich nicht, zumindest nicht auf diese Weise«, erwiderte er lächelnd. »Was die Frauen betrifft – du bedeutest mir mehr als alle anderen.«
Gegen seinen Charme war sie machtlos. »Also wirst du keine anderen Frauen anschauen?«
»Keine einzige.« Er hauchte einen Kuß auf ihre Lippen. »Das verspreche ich dir.«
Einen Augenblick später wischte er achtlos ein halbes Dutzend Kleider vom Bett auf den Boden, sank mit Serena auf die weiche Matratze und schob ihre Röcke hoch. Sobald er seine Breeches aufgeknöpft hatte, vereinte er sich mit ihr und flüsterte: »Willkommen auf Sizilien!«
Langsam drang er immer tiefer in sie ein. Durch sein feines Leinenhemd spürte sie seinen warmen Körper. Ihre nackten Schenkel rieben sich an seiner Nankinghose. Das weiche Leder seiner Stiefel streifte ihre Waden. Nun begann er, sich in ihr zu bewegen, und sein fordernder Rhythmus verdrängte bald den letzten Rest ihres Zorns. Die wachsende Ekstase, das heiße Verlangen, der Glückstaumel – das alles würde sie niemals begreifen. Trotzdem verspürte sie es immer wieder, wenn sie in Beaus Armen lag. Und er teilte ihre Gefühle. Vielleicht verwöhnte Serena ihn zu sehr, daß er nie wieder bei einer anderen Frau Erfüllung finden konnte. Ein ketzerischer Gedanke … Als er noch tiefer in sie hineinstieß, schrie sie vor Entzücken, erreichte den Gipfel ihrer Lust, und er hörte wieder jenes atemlose Stöhnen, das ihn stets erregte und seinen eigenen Höhepunkt beschleunigte.
Danach beglückte er sie noch zweimal in schneller Folge. Vor dem vierten Mal nahm er sich Zeit, bezwang sein Ungestüm, liebte sie langsam und zärtlich, bis er merkte, daß sie nicht länger warten konnte.
Das genügte ihm immer noch nicht. Nach wenigen Minuten entfachte er neue Gelüste in ihrem Körper. »Nicht mehr«, flehte sie erschöpft.
»Doch«, flüsterte er, »ein kleines bißchen …«
Vielleicht wollte er ihr seinen Stempel aufdrücken, bevor sie an diesem Abend anderen Männern begegnete, die ihr begehrliche Blicke zuwerfen würden. Oder er wollte sie einfach nur so lange wie möglich lieben, weil sie ihm solch berauschende Freuden schenkte.
Als die Leidenschaft verebbt war, saß er in einem Lehnstuhl am Fenster und hielt Serena auf seinem Schoß fest. Allmählich kehrte sie in die kühlere Wirklichkeit der Abenddämmerung zurück, die Palermo verdunkelte. Beau erzählte ihr von den Beamten und königlichen Hoheiten, von den Aristokraten und extravaganten Persönlichkeiten der sizilianischen Gesellschaft. Anschaulich beschrieb er die höfische Welt, ließ sie seltsam real und irreal zugleich erscheinen, so wie Bilderbücher ein unbekanntes Land innerhalb enger Grenzen zum Leben erweckten. Dann berichtete er vom allgemein bekannten Arrangement in Sir Hamiltons Haushalt. Lady Hamilton und Admiral Nelson, in heißer Liebe verbunden, genossen die Freundschaft und Gunst des Ehemanns. Seit zwanzig Jahren bevollmächtigter Sonderbotschafter am italienischen Hof, brachte der gesundheitlich angegriffene neunundsechzigjährige Sir Hamilton Verständnis für alles Gute und Böse auf dieser Welt auf. Und er hatte längst erkannt, wie sinnlos die Eifersucht war.
Königin Maria Karoline, der einzige Mann in Neapel, wie Bonaparte verkündet hatte, wollte ihre Schwester Marie Antoinette rächen, die von den Franzosen enthauptet worden war. Sie hatte ihren Verwandten, den
Weitere Kostenlose Bücher