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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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braucht
    normalerweise etwa zehn Minuten, um einen Geheimsender anzupeilen. Vier Minuten ließen den Peiltrupps nur eine kleine Chance. Ich faßte meine Meldung so knapp und präzis wie möglich.
    Der Sender stand auf meinem Nachttisch. Ober meinem Bett hing ein
    verschmiertes Stilleben in Öl. Der einzige Stuhl hatte nur drei Beine, der Tisch wackelte. Ich sah auf die Uhr. Noch zehn Minuten. Ich hatte ein richtiges Premierengefühl, wie wenn man zum erstenmal im neugekauften Auto sitzt oder seine Braut den Eltern vorstellt. Es machte mir Spaß. Ich war ein Narr ... Ich gab drei, vier Meldesignale nach Berlin durch. Die Antwort kam sofort. Ich schaffte es in drei Minuten und 51 Sekunden.
    »Verstanden«, antwortete die Morsestimme aus dem Äther.
    »Wir melden uns um fünf Uhr morgens wieder.«
    Ich ging aus. Meinen Auftrag hatte ich vergessen. Er war ausgeführt. Ich trank wenig. Eine unbestimmte Spannung war in mir. Ich ging zurück in mein Zimmer, setzte den Kopfhörer auf und legte mich auf mein Bett. Ich konnte nicht schlafen. Aus dem Speisesaal kamen wieder Stimmen von
    Luftwaffenhelferinnen.
    Um vier Uhr war Ruhe. Ich mußte noch eine Stunde warten. Ob die Antwort früher kam als die Feldgendarmerie? Ja! Sie lautete: »Gut. Kommen Sie sofort zurück nach Berlin.«
    Ich meldete mich in Berlin bei Jürgensen. Er strahlte vor Wohlwol en.
    »Ausgezeichnet«, sagte er. »Wir geben heute noch einen Bericht nach Den Haag. Die werden sich freuen.«
    Endlose Konferenzen waren an diesem Tage bei der Abwehr. Die Offiziere berieten einen der merkwürdigsten Fälle, die uns der Krieg beschert hatte. Ein deutscher Fliegerfeldwebel — ich nenne ihn hier Fritz Söldner — war über London abgeschossen worden. Aus der brennenden Maschine konnte er sich in letzter Minute mit dem Fal schirm in Sicherheit bringen. Er landete auf einem Apfelbaum und wurde von drei abenteuerlich bewaffneten Mitgliedern der
    >Home Guard< heruntergeholt. Er hatte sich bei der Landung verletzt und kam in ein Hospital. Soweit war die Geschichte, für den Krieg wenigstens, ganz al täglich.
    Die Krankenschwester für den deutschen Fliegerfeldwebel Fritz Söldner stellte der britische Geheimdienst. Sie hieß Maud Fisher und war eine Agentin des Secret Service. Sie verstand ihren Job. Der deutsche Flieger verliebte sich in sie.
    Brennend. Sie gingen miteinander aus. Man ließ Söldner weit mehr Freiheiten, als einem Kriegsgefangenen zukamen. Söldner wollte Maud heiraten. Sie sagte nicht direkt nein. Sie erwiderte, daß sie einen Feind ihres Volkes nicht heiraten könne. Der Feldwebel erklärte sich bereit, zu den Engländern überzulaufen. Er wurde als Agent ausgebildet.
    Man schickte ihn nach Berlin. Er sol te bei einer Elektrofirma die Pläne für ein bestimmtes Gerät besorgen. Die >Royal Air Force< erschien mit zweihundert Flugzeugen über der Reichshauptstadt. Während die Bomben wahllos
    niederprasselten, sprang Fritz Söldner aus einer >Lancaster< ab. Er landete diesmal glatt, verbrannte seine Kombination und meldete sich mit falschen Papieren bei der Firma. Er erhielt eine Anstel ung.
    Aber wenige Tage später schöpfte man im Werk Verdacht und nahm ihn fest. Er war den Methoden des Verhörs nicht gewachsen und gestand alles. Söldner faßte sich an den Kopf und verstand nicht mehr, warum er sich in die Sache eingelassen hatte. Er war ein junger Bursche, ausgezeichnet mit dem EK I.
    Er wol te sich jetzt der deutschen Abwehr zur Verfügung stellen. Den ganzen Tag wurde beraten, ob wir auf das Angebot eingehen sollten. Die Meinungen waren geteilt. Fritz Söldner saß unterdessen gefesselt in einem Vorzimmer und wartete auf sein Schicksal. Ein hoher Abwehroffizier — später in die Ereignisse des 20. Juli verwickelt und hingerichtet — war dagegen, Söldner als Agenten nach England zurückzuschicken.
    »Es ist sinnlos«, sagte er, »er hat jetzt vielleicht die besten Vorsätze, aber sobald er die Krankenschwester wiedersieht, wird er weich und fällt um. Wir können nichts mit ihm anfangen.«
    Söldner wurde erschossen.
    Ich saß im Zug nach Spanien. Dort hatte ich meinen ersten, echten Auftrag zu erfüllen. Es war lächerlich einfach.

    Meine Papiere wiesen mich als Holländer aus. Sie waren im KZ Oranienburg in SS-eigenen Werkstätten meisterhaft gefälscht worden.
    Neben mir auf der Polsterbank lang ein schmales, braunes Päckchen. Es wog zwei Pfund und war etwa vierzig Zentimeter hoch. Es enthielt Geld. Echtes!
    Schweizer Franken. 250000

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