Spion Für Deutschland
Schweizer Franken. Das Geld mußte nach Spanien.
Es sollte an ganz wichtige Leute übergeben werden, denn unwichtige Agenten wären mit >Himmler-Banknoten<, mit Falschgeld, bezahlt worden.
Auf dem internationalen Agentenmarkt waren Schweizer Franken damals
handelsüblich. Sie ließen sich leichter unterbringen als Dol ars. Ich sollte das Geld bei einer Scheinfirma in Madrid abliefern — Punkt Nummer eins meines Auftrages.
Ich war von Berlin abgefahren. Natürlich hatte mich niemand an den Bahnhof begleitet. Nicht nur, weil dies bei Aufträgen meiner Art nicht üblich ist, sondern auch, weil es niemand gab, der mich zum Zug hätte bringen können: der Tag vor meiner Abreise brachte das Ende zwischen Ingrid und mir. Ein seltsames Ende. Ein Ende, bei dem die Zeit Pate gestanden hatte. Ich hatte sie im Theater kennengelernt. Sie saß neben mir und lachte mich an. Karten waren
Mangelware. Man bekam sie nur durch Beziehungen. Ich hatte sie. Ingrid anscheinend auch. Ich wußte natürlich noch nicht, daß sie Ingrid hieß. Ich wußte nur, daß mich ihr seltsames, selbstverständliches Lächeln gefangen hatte.
Sie war klein, zierlich und brünett. Sie hatte keine Launen, keine Sorgen, keine Arbeit. Sie schrieb keine Feldpostbriefe. Sie unterhielt sich nie über den Krieg.
Sie trug immer Seidenstrümpfe. Ich sah sie nie mit einem Einkaufsnetz. Sie war ein Stück Luxus in einer Zeit der Not. Wir kannten uns schon drei Wochen und wir wußten doch nicht viel mehr voneinander, als daß wir uns liebten. Ich lief mit den seltsamsten Gedanken herum. Ich wollte meinen Job bei der Abwehr aufgeben, Soldat werden und heiraten. Al es, was mich zur Karriere als Spion gedrängt, gelockt, gereizt hatte, verblaßte neben Ingrid.
»Was treibst du eigentlich?« fragte sie mich eines Tages.
»Rüstungssachen«, erwiderte ich. »Ich weiß nicht recht, ob ich mich über meine Arbeit freuen soll oder nicht.«
»Es gibt Schlimmeres«, meinte sie. Sie sah mich an und streichelte mich. Ihre Hände waren weich und zärtlich.
Wir kamen von da an öfter auf meine Tätigkeit zu sprechen. Ganz zwanglos. Ich schwieg natürlich. Soweit war ich schon. Aber vielleicht habe ich ihr doch einmal eine Kleinigkeit zuviel gesagt . . .
Ich mußte mich eines Tages bei Jürgensen melden. Er war schlechter Laune.
Man munkelte, daß er an die Front versetzt würde. (Er hat seine Stel ung aber doch bis zum Kriegsende gehalten!) »Kümmern Sie sich sich nicht soviel um Frauen!« sagte er. »Frauen sind Gift für Agenten. Das sollten Sie doch schon auswendig wissen.«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen«, erwiderte ich.
»Ich werde Ihrem Gedächtnis ein wenig auf die Beine helfen«, fuhr er fort. »Wo waren Sie gestern abend?«
Das Kennwort stimmte. Ich stieg ein. Ich lieferte das Geld ab. Quittung gab es natürlich nicht. Vertrauenssache! Hunderte von deutschen Agenten, denen man vertraut hatte, liefen später im Ausland mit den Devisen auf und davon.
Man brachte mich in eine elegante Villa, etwa zehn Kilometer von Madrid. Hier wohnte der deutsche Geschäftsführer einer Scheinfirma. Es war in Wirklichkeit der General der SS Bernhard.
Er begrüßte mich freundlich. Er war klein, untersetzt, korpulent und wirkte eher wie ein pensionierter Postschaffner als der Chef eines Geheimdienstes. Er hatte einen rundlichen Kopf und spärlichen Haarwuchs. Aber er war einer unserer besten Leute und leitete den gesamten Spaniendienst jahrelang mit großem Geschick.
Ich sol te ihn noch oft wiedersehen. Aus Tarnungsgründen hatte General Bernhard seine ganze Familie einschließlich des Kindermädchens bei sich. Er führte ein großes Haus und verstand sich ausgezeichnet mit spanischen Regierungsstellen. In Spanien wimmelte es damals von Agenten. Wenn vier Ausländer beim Kartenspiel zusammensaßen, konnte man darauf wetten, daß einer für England, einer für Amerika, einer für Sowjetrußland und einer für Deutschland arbeitete. »Was kann ich für Sie tun?« fragte mich der General.
»Technische Aufträge«, erwiderte ich. »Zum Beispiel?«
»In Spanisch-Marokko betreiben britische Agenten Geheimsender. Es sind ganz neuartige Geräte. Es wäre gut, wenn wir eines von ihnen unzerstört haben könnten.«
»Das läßt sich sicher arrangieren«, erwiderte General Bernhard. »Und was wollen Sie sonst noch?«
»In britischen Flugzeugen sind neuerdings in elektrischen Armaturen
Magneton- und Klystron-Röhren eingebaut. Wir haben bisher keine erbeuten können. Sie sind
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