Spion Für Deutschland
SS, wirkte sich oft teuflisch aus.
Der Zug fuhr langsam. Nach einem Fliegerangriff waren die Schienen nur provisorisch zusammengeflickt worden. Neben mir saßen ein Kriegsgerichtsrat und zwei weitere Offiziere. Sie unterhielten sich untereinander über Belanglosigkeiten.
In einer Station stieg eine Wehrmachtsstreife in das Kupee. Ein untersetzter Feldwebel prüfte sehr sorgfältig meinen Wehrpaß. Er musterte mich
mißtrauisch. Der Zug fuhr weiter.
»Sind Sie noch nie Soldat gewesen?« fragte mich einer der Offiziere.
»Nein«, erwiderte ich.
»Sie sind aber noch sehr jung.«
»Ja.«
»Sind Sie denn krank?«
»Nein.«
Sie sprachen nicht mehr mit mir. Sie aßen belegte Brote und tranken Schnaps.
Aus der Flasche. Auch der Kriegsgerichtsrat.
Der Zug lief mit einer Minute Verspätung in Den Haag ein. Ich wurde am Bahnhof noch einmal gründlich kontrolliert, Meine Papiere hielten stand.
Zivilisten sah man hier nicht gern, Ich gab meinen Koffer im Gepäckraum ab. In seinem Doppelboden war mein Sendegerät versteckt. Ich war der Meinung, daß ich um so sicherer sein konnte, je sorgloser ich mit dem Gepäckstück umging.
Ich suchte mir eine Unterkunft. Sie mußte ganz bestimmten Voraussetzungen entsprechen. In dem Haus sollten wenig Eisenteile sein, um Störungen bei meinen Funksprüchen zu vermeiden. Es sollte nicht überbelegt sein, aber es sollten auch nicht zu wenig Leute sein. Außerdem brauchte ich ein Zimmer, dessen Wände die Geräusche der Morsetaste dämpften.
Ich fand eine Pension, die diese Bedingung erfüllte. Ich holte meinen Koffer und schaffte ihn auf mein Zimmer. Das Gerät war zerlegt. Aber ich konnte es binnen dreißig Minuten einsatzbereit machen. Ich ging in den Speisesaal. Zwei deutsche Offiziere tranken mit drei Blitzmädchen hol ändischen Gin. Sie hatten mich zunächst für einen Holländer gehalten und begrüßten mich lärmend, als ich mich als Deutscher zu erkennen gab.
Ich erfuhr ein paar unwesentliche Dinge von den Offizieren. Aber im Notfall hätte ich sie verwerten können.
Es gab keinen Notfall. Die Stadt war überbelegt mit deutschen Soldaten. Es gab auch Schnaps. Alle Soldaten dieser Welt tragen ihr Herz auf der Zunge, wenn man ihnen einen Drink spendiert. In einer Kneipe traf ich eine Runde ausgelassener Landser. Sie feierten den Freispruch eines Kameraden vor dem Kriegsgericht. Er war Gefreiter und hatte ein pfiffiges Gesicht.
Sie redeten alle durcheinander. Schließlich gelang es dem Gefreiten, sich Gehör zu verschaffen.
»Die Sache war so«, berichtete er, »ich stand vor dem Gericht wie ein begossener Pudel. Ich war von einem Bauern angezeigt worden, weil ich seine Kuh erschossen hatte. Die Geschichte war an sich nicht ernst. Aber viel harmlosere Fälle haben schon einen ernsteren Ausgang genommen.«
Wieder lachte und trank alles durcheinander. Ich bestel te eine neue Runde. Der Gefreite erzählte weiter:»Warum haben Sie die Kuh erschossen? hatte mich der Richter gefragt.«
»Ich war auf Wache.«
»Na und?«
»Die Kuh hat mich angegriffen. Wenn ein deutscher Soldat angegriffen wird, hat er zur Waffe zu greifen.«
»Und dann hat er wohl die Kuh aufzufressen, was?«
»Nein. Aber der Soldat hat dafür Sorge zu tragen, daß keine Lebensmittel verderben . . .«
Der Lärm wurde immer größer. Ich bestel te wieder eine Runde. Jetzt hätte man auf mich aufmerksam werden müssen. Jeder Soldat lernt bereits in der ersten Instruktionsstunde, daß er Zivilisten gegenüber, die ihn zum Trinken einladen, äußerst mißtrauisch zu sein hat. Aber jeder Soldat pfeift auf seine
Instruktionsstunde, wenn er Ausgang hat.
Meine neuen Freunde gehörten einer Batterie an, die neue Werfer ausprobierte.
Die Geräte, die sich später in Rußland sehr bewährten, standen unter Geheimschutz. Ich erfuhr natürlich al es über sie.
Ich ging in meine Pension zurück. Ich betrachtete mir die Flakstel ungen und zeichnete sie in einen Stadtplan ein, den ich mir gekauft hatte. Die Truppenstärke, die Namen der Kommandeure und ähnliche Sachen wußte ich schon längst. Jeder Hol änder wußte sie übrigens auch. Mittags um zwölf Uhr stand meine Meldung fest. Ich verschlüsselte sie. Den Code hatte ich im Kopf.
In Feindesland soll man bei kurzen Entfernungen möglichst zwischen 15 und 17
Uhr seine Meldungen durchgeben. Um diese Zeit ist im Funkverkehr
Hochbetrieb, und der einzelne Sender fäl t nicht so auf. Der Agent sol es vermeiden, die Sendezeit über vier Minuten auszudehnen. Man
Weitere Kostenlose Bücher