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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Schutz war die Hoffnung, von den Flugzeugen nicht angegriffen zu werden. Die Hauptgefahr für U-Boote lauerte vor der eigenen Haustür. Die Fahrrinne war markiert von den Resten versenkter deutscher Frachtschiffe. Wir warfen die
    >Klapper<, einen Geräuscherzeuger, über Bord und zerrten sie an einem Tau hinter uns her — zur Abwehr gegen Grundminen, die durch das
    Schraubengeräusch gezündet werden. Zu dieser Zeit hatten nämlich die Briten die Ostsee bereits zu ihrem >Mare nostro< erhoben.

    Die Männer mit den kräftigen, verarbeiteten Händen, mit den blassen, grauen Gesichtern und dem Gleichmut, den der ständige Umgang mit der Gefahr schafft, wußten genau, was sie nötig hatten: Glück, nichts als Glück. Sie wußten, was ihnen zustand: alle vier Wochen eine Tafel Schokolade; ein-, zweimal, wenn sie Glück hatten, vielleicht auch fünfmal am Tag eine hastig gerauchte Zigarette im Turmluk; drei Wochen Urlaub nach jeder Feindfahrt; Sonderverpflegung an Bord, wenn die Büchsen nicht nach dem Tauchen durch den Unterdruck
    geplatzt waren. (Platzten sie, mußte die Besatzung auf halbe Rationen gesetzt werden.) Sie alle, der Kommandant, der Erste Wachoffizier, die Unteroffiziere und die Mannschaften hatten eine Mutter, eine Braut, ein Kind, einen Bruder.
    Aber der Krieg fragt nie danach . . .
    Wir kamen ohne Zwischenfal nach Horten. Eine Woche lang machten wir Tauchversuche. -Wenn ein deutsches Schiff 1944 über den Ozean wollte, mußte es sich verkriechen. Sehr tief zuletzt, denn die Radargeräte steuerten die Wasserbomben mit tödlicher Präzision. Wir tauchten tiefer, als es die Werft erlaubte. Wir hatten von Bordwand zu Bordwand einen roten Faden gespannt.
    Als Kapitänleutnant Hilbig nach einem Tauchversuch in den Lautsprecher rief:
    »Übung beendet — auftauchen!« hing der Faden schlaff durch. Mit so
    elementarer Kraft stemmte sich der Wasserdruck gegen die U-Boot-Häute.
    Das U-Boot verfügte über zwei WC. Das vordere am Bug war zweckentfremdet: es hatte für uns zusätzlichen Proviant aufzunehmen. Rasieren oder Waschen an Bord — unmöglich. Der Marinesoldat behalf sich mit Kölnischwasser, das zur Verpflegung gehört. Austreten: nur mit mündlicher Genehmigung des
    Wachoffiziers. Wenn bei untergetauchtem Boot ein Besatzungsmitglied von hinten nach vorn ging oder umgekehrt, mußte es sich in der Zentrale abmelden, damit das Gleichgewicht des Bootes durch Wassertrimmen wiederhergestel t werden konnte. Kojen gab es nicht. Die Hängematten der Besatzungsmitglieder waren zwischen Torpedos, Maschinenanlagen und fantasiereich ausgenutzten Räumen untergebracht. Zwischen Armaturen, Manometern, Röhren und Hebeln hingen Salamis, Schinken und Rauchfleisch. Der Gang sah aus wie eine Räucherkammer. Unsere Vorräte — das Boot hatte sich für eine Halbjahresfahrt ausgerüstet — schaukelten im Rhythmus des Bootschlingerns hin und her. Wir hatten 240 Tonnen Öl und 14 Torpedos an Bord. Die Torpedos durften auf der Hinfahrt nicht benutzt werden. Täglich einmal mußten wir zu unserem
    Leidwesen — wie alle Boote — unseren Standort über Kurzwel enfunk nach Deutschland melden. Die Alliierten freuten sich schon jeden Morgen darauf und hielten ihre Peilgeräte bereit. Dutzende von deutschen U-Booten blieben wegen dieses bürokratisch befohlenen Selbstverrats vor dem Feind.
    Die Anwesenheit zweier ungewöhnlicher Bordgäste verbreitete in den ersten Tagen Unruhe unter der Mannschaft. Konnte ich, der >Silberling<, vielleicht zur Not noch bieten, was man von einem Baurat erwartet, so war Bil y Colepough sicherlich der seltsamste deutsche Leutnant, der je zur See gefahren ist. Wir hatten ihn als PK-Berichterstatter getarnt und ihm als äußeres Kennzeichen seiner Rolle einen prächtigen Fotoapparat um den Hals gehängt, Er verstand es, jeweils in so unpassendem Augenblick zur Kamera zu greifen, daß sein fotografisches Geschick bald von allen zweiundsechzig Besatzungsmitgliedern bezweifelt wurde. Die Leute merkten, daß Billy kein Deutscher sein konnte und kein echter Marineoffizier war. Sie sprachen ihn an, aber er grinste immer nur und erwiderte: »Yes.«
    Ich sagte den Besatzungsmitgliedern, daß Billy aus den ehemaligen deutschen Kolonien stamme und deshalb nicht Deutsch sprechen könne. Sie hörten sich die Geschichte an und trieben weiterhin ihren Schabernack mit ihm.
    Ein Heizer baute sich ironisch vor ihm im Gang auf. »Bitte Herrn Leutnant, vorbeigehen zu dürfen«, sagte er. Billy schüttelte den Kopf. »Du

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