Spion Für Deutschland
nichts verstehen?« fuhr der Heizer fort. Billy grinste.
»Du kein Leutnant«, sagte der Mann, »du großes Kamel.« »Okay!« erwiderte Billy.
Szenen dieser Art spielten sich, wenn gerade keine dicke Luft I war, täglich ab.
Wer wir seien oder sein könnten, wurde zu einem beliebten Fragespiel unserer Bootskameraden.
Wir fuhren von Horten aus nach Kristiansand, zur nächsten und letzten deutschen U-Boot-Basis. Ein Flakkreuzer fungierte als Geleitschutz.
Kapitänleutnant Hilbig wurde von seiner Mannschaft mit Fragen nach unserer wahren Identität bestürmt. »Sie wollen doch nicht mit einem Sondereinsatz das Ritterkreuz verdienen?« sagte ein Obersteuermann zu ihm. »Haben Sie
Halsschmerzen, Herr Kapitänleutnant?«
Hilbig lachte. Er war groß, schlank und blond und hatte zu Anfang des Krieges als Seeflieger Einsätze über England geflogen, bis ihn die Brennstoffnot zur Marine abkommandiert hatte. Er war der Typ des Offiziers an der Wasserfront.
Obwohl er nie laut wurde, obwohl er nie herumkommandierte, obwohl er mehr schwieg als sprach, gehorchte ihm seine Mannschaft geradezu
selbstverständlich. Er hatte als einziger eine winzige Kajüte, die das Nervenzentrum von U 1230 war.
Ich habe Hilbig nur ein einziges Mal während der ganzen Überfahrt fassungslos gesehen. Wir waren genau in der Mitte zwischen Europa und Amerika, als ihm per Funk gemeldet wurde, daß er Vater einer Tochter geworden sei. Fünf Minuten später flogen uns die Wasserbomben um die Ohren.
Wir schafften die Fahrt bis Kristiansand ohne Zwischenfall.
Die Mannschaft bereitete sich zu einem letzten Landurlaub vor. Wir stießen im Hafen auf weitere U-Boote. Sie führten an der Antenne Wimpel, die die versenkten Bruttoregistertonnen anzeigten. Der Stützpunkt war in heller Aufregung. Am Morgen hatte ein U-Boot Notsignale gegeben. Es war während eines feindlichen Fliegerangriffs wegen einer technischen Störung zum Auftauchen gezwungen worden. Drei, vier deutsche Schiffe kamen ihm zu Hilfe.
Sie fanden nur einen riesigen Ölfleck. Hinter zweiundsechzig Namen wurden Kreuze gesetzt . . . Ich ging abends an Land. Es war für mich die letzte Gelegenheit, eine Filmvorführung für Wehrmachtsangehörige zu sehen. Es war irgendeine Liebesgeschichte mit Heldentum und sauberen Uniformen. Nach der Vorstellung leuchtete in großen Lettern von der Leinwand der Befehl: »Achtung!
Sitzenbleiben! Offiziere verlassen zuerst den Saal!«
Ich ging in eine Hafenkneipe und trank Holzschnaps. Man hatte mich vor ihm gewarnt. Aber ich schickte mich an, weit gefährlichere Dinge zu tun, als Holzschnaps zu trinken. Ich war zum zweitenmal in Norwegen. Ich hatte dort vor etwa eineinhalb Jahren, Ende 1942, einen Auftrag meiner Dienststelle ausgeführt, der mich fast das Leben gekostet hätte.
Ich war damals nach Norwegen entsandt worden, weil unsere Funküberwachung einige Agentensender angepeilt hatte, die jedoch noch nicht ausgehoben werden konnten. Man hatte einen oder zwei Funksprüche wenigstens teilweise dechiffrieren können. Daraus erfuhr die Abwehr zum erstenmal vom
Unternehmen >Schwalbe<. Sie erfuhr, daß ein Anschlag auf >Norsk-Hydro< bei Vemork geplant war. Die Großanlage >Norsk-Hydro« war die einzige Fabrik der Welt, die >Schweres Wasser< (Deuterium-Oxyd) in größeren Mengen herstel en konnte. Schweres Wasser benötigte man zur Atomspaltung. (Die Amerikaner waren gezwungen, bei der >Hiroshima-Bombe< anstelle von Schwerem Wasser Graphit als Notbehelf zu benutzen.)
Man nannte mir einen norwegischen Verbindungsmann in Oslo, und ich
besuchte ihn. Wir wußten, daß der Mann auf zwei Schultern trug. Ich gab mich für einen mit Fallschirm abgesprungenen britischen Agenten aus. Ich hielt ihm einen Packen Geld unter die Nase. Ich sagte ihm, daß er mir auf schnellstem Wege Verbindungen mit zwei weiteren Agenten schaffen müsse, die ich bei der Landung aus den Augen verloren hätte.
Er nannte mir eine Wirtschaft als Adresse. Ich ließ sie überwachen. Wir kannten nach vierzehn Tagen die Namen und die Anschriften von al en Leuten, die hier regelmäßig verkehrten. Wir erfuhren, daß hier vor einigen Tagen tatsächlich ein Engländer mit zwei Norwegern eine Besprechung gehabt hatte. Der Brite arbeitete unter dem Decknamen John. Diesen John wollte und mußte ich unter al en Umständen finden.
Ich ließ die beiden Norweger durch norwegische Behörden festnehmen. Am dritten Tag wurde ihnen eröffnet, daß sie herabsetzende Äußerungen über Quisling (den
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