Spion Für Deutschland
Augenblick an ausgezeichnet. Er hatte den Auftrag, jeder Kampfhandlung auszuweichen. Nur er wußte vom Unternehmen >Elster<.
Wir wurden feierlich verabschiedet. Wie es bei auslaufenden U-Booten üblich war.
Fast hätte sich noch eine Panne ereignet. Drei U-Boot-Kommandanten
meldeten sich bei mir und bestürmten mich mit technischen Fragen:
»Wie steht es mit dem Radar, Herr Baurat?« fragten sie mich. »Gibt es noch immer keine Abwehrmöglichkeiten? Sie wissen ja, wie es mit unseren
Abwehrgeräten steht.«
Ich zog mich aus der Affäre, so gut ich konnte. Ich erzählte, daß ich gerade deswegen die Fahrt antreten würde, um Radarerfahrungen zu sammeln.
»Hilbig hat ein Schwein«, sagte einer der U-Boot-Kommandanten,
»ausgerechnet er bekommt einen Baurat an Bord. Wir müssen weiter
Himmelfahrtskommando spielen.«
Die Besatzung von U 1230 war angetreten. Offiziere rechts. Mannschaften links.
Colepough und ich standen unter der Offiziersgruppe. Kapitänleutnant Hilbig meldete die Besatzung an den Kommandeur der U-Boot-Basis.
»Rührt euch, Jungs«, sagte der Kommandeur. »Ich weiß, daß eure Fahrt kein Vergnügen ist. Ihr fahrt nicht zum erstenmal. Ich wünsche euch von ganzem Herzen, daß ihr wiederkommt. Ich wünsche euch Glück und Erfolg. Denkt daran, daß ihr alles, was ihr unternehmt, für unser Vaterland tut. Für
Großdeutschland.«
Das Boot war für vier bis sechs Monate Feindfahrt gerüstet. Wir hatten unser Lederzeug an. Im Hintergrund standen Angehörige der Besatzungsmitglieder: Frauen, Mütter, Kinder. Sie al e hatten verweinte Augen. Sie waren vielleicht 200
bis 300 Meter von uns entfernt. Der Wind mochte einzelne Worte und Sätze der Ansprache zu ihnen tragen.
Der Kommandeur kam auf uns zu und gab uns die Hand. Als er mich sah, stutzte er einen Augenblick und verabschiedete sich dann schnel .
Die Besatzungsmitglieder erhielten noch einmal zehn Minuten Zeit, zu ihren Angehörigen zu gehen. Ich sah die Szenen im Hintergrund und war froh, daß ich allein war.
Die letzten Vorbereitungen zur Ausfahrt wurden getroffen. Ich überprüfte noch einmal mein Gepäck. Billy stand neben mir, wortlos, verdutzt, verängstigt. Ich klopfte ihm auf die Schulter.
»Jetzt geht's los, Billy«, sagte ich zu ihm. »Hast du Angst?«
»Nicht besonders«, antwortete er.
»Na also«, erwiderte ich.
Wir gingen an Bord. Ein Ingenieur führte mich durch das ganze Boot, erklärte mir die technischen Einzelheiten. Aber ich hörte nicht zu. Meine Gedanken hatten sich selbständig gemacht. Sie pendelten zwischen Margarete und meinem Amerika-Auftrag hin und her.
Billy wich nicht von meiner Seite.
»Hier sind die Diesel. Sie heißen Hein und Fietje«, erklärte der Ingenieur.
Ich nickte. Ich wollte mir eine Zigarette anzünden.
»Leider verboten«, sagte der Ingenieur. »Sie dürfen nur im Turm rauchen.
Explosionsgefahr. Na ja, Sie werden sich noch daran gewöhnen.«
Kurze Zeit später liefen wir aus. Ins tödliche Abenteuer . ..
Ich bin schon bequemer über den Ozean gereist als an Bord von U 1230. Die
>Royal Air Force< erleichterte uns den Abschied von Deutschland. Die Briten erschienen mit Hunderten von Flugreugen über Kiel. Die Stadt brannte. Wir saßen in der Offiziersmesse, löffelten Erbsen mit Speck und hörten auf die Detonationen, als uns zwischen der zweiten und dritten Angriffswelle der Auslaufbefehl erreichte.
Drei Boote fuhren in Kiel inie, U 1230 unter Kapitänleutnant Hilbig an der Spitze. Der größeren Feuerkraft wegen hatten wir bis zum norwegischen Kriegshafen Horten im Oslofjord in geschlossener Formation zu fahren. Die Männer steckten in schmierigen Monteurkitteln, hatten noch glattrasierte Gesichter und kannten jeden Handgriff. Sie musterten mich mit
zurückhaltender Neugier. Für sie hieß ich Günther und war Marinebaurat.
Rangabzeichen, wie ich sie trug, sah man wohl nicht oft an Bord eines U-Bootes im Einsatz. Die meisten Besatzungsmitglieder redeten mich am Anfang mit
»Herr Oberbaurat« an. Ich war ein >Silberling<, so genannt wegen der silbernen Kordel an meiner Dienstmütze. Den regulären Marineoffizieren stand Gold zu.
U 1230 war vom Typ 9 C. Es war 79 Meter lang, hatte 950 Tonnen
Wasserverdrängung und verfügte über zwei Zwillingsgeschütze und eine Flakkanone. Die Geschützplattform hieß >Wintergarten«. Die
Bedienungsmannschaften standen bis Horten unter erhöhter Alarmbereitschaft.
Das Wasser war für das Untertauchen zu seicht. Unser bester (psychologischer)
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