Spion Für Deutschland
Sender jederzeit.«
»Wenn ich die Landung überstehe, komme ich durch«, erwiderte ich.
Als wir das Schlauchboot durch das Luk zogen, kam ein Lichtschein auf uns zu.
Immer näher. Bei Nacht hat man immer die Empfindung, direkt vor dem
Scheinwerfer zu stehen, selbst wenn er noch einen Kilometer entfernt ist.
Das Schlauchboot wurde zurückgeworfen. Wir verharrten regungslos. Es war ein Personenwagen. Wir hatten ihn im Sehrohr. Er war jetzt an der Stel e, an der die Straße am dichtesten an die Küste heranführt. Gleich mußte sich das Licht wieder entfernen. Eine Sekunde noch, zwei Sekunden. Wir kannten die Kurve schon von den Lastautos.
Aber das Licht entfernte sich nicht. Es kam näher auf uns zu. Es war gespenstisch. Ein Fahrzeug verläßt die Straße. Warum? Wie ist das möglich? Wir sahen uns an. Wir verfolgten das Auto mit den Gläsern. Es mochte jetzt 100, 150, 200 Meter neben der Straße sein.
Und wieder kam der Nebel. Und wieder waren wir für ein paar Minuten blind.
War es ein Wagen der Küstenwache? Oder eine Landpatrouil e der Marine? Wir wußten genau, wie die amerikanische Küstenverteidigung organisiert war.
Knapp an der Dreimeilenzone fuhren die Zerstörer hin und her.
Marineflugzeuge beobachteten ständig die Küste. Der Strand wurde von Landpatrouillen der >Coast Guard< nach einem genau ausgeklügelten Plan abgegangen. Die Straßen an der Küste waren von Heeresjeeps befahren. Fünf, sechs Sperrkreise hatte das amerikanische Verteidigungsministerium gezogen.
»Sehen Sie sich das an«, sagte der Kommandant.
Der Nebel hatte sich wieder verzogen. Der Mond kam stärker hervor. Ich preßte das Glas gegen meine Augen und sah den Wagen. War es ein Traum? Eine Einbildung? Da saß ein Mann am Steuer. Eine Frau neben ihm. Er hatte seinen Arm um sie gelegt. Die Gesichter waren ganz nahe beieinander. Ein Stelldichein im Auto? An jeder amerikanischen Straße gibt es das. Die Amerikaner steigen nicht aus dem Auto, wenn sie einen Gottesdienst besuchen oder wenn sie sich einen Wildwestfilm ansehen. Warum sollten sie es beim Küssen tun?
Wie oft bin ich selbst an irgendeine Küste gefahren mit einem Mädchen neben mir! In Lima zum Beispiel, mit Evelyn Texter. Überall gibt es eine Evelyn Texter.
Und immer braucht man sie, wenn man ein paar Whisky zuviel und ein paar Zärtlichkeiten zuwenig hat. >Lovers' Lanes< (Liebespfade) gibt es in Amerika in Massen. Plötzlich kann man von der Straße abzweigen, über ein ebenes Gelände, über eine Wiese, zu einer Schneise. Hier ist man allein. Flüstert, küßt, schwört Treue.
Nur pflegt man dabei die Innenbeleuchtung des Wagens auszuschalten, was unser Pärchen offensichtlich vergessen hatte. Wir beobachteten es durch das Fernrohr. Vielleicht täuschten wir uns? Ich starrte auf den Wagen. Aber je länger ich hinsah, desto verschwommener wurde das Bild. Zwanzig Minuten standen wir und belauerten das Paar. Wir wollten schon unsere Landeoperation verschieben, da lief der Motor wieder an. Der Wagen fuhr in die Nacht zurück . .
.
Fast im gleichen Augenblick fiel Schnee in dicken, nassen Flocken. »Los!« sagte ich zu Billy.
Das Schlauchboot kam wieder an Deck. Der Preßluftschlauch wurde angesetzt.
In ein paar Sekunden war es aufgeblasen. Zwei kräftige Matrosen standen bereit. Um das Geräusch zu dämpfen, hatten sie ihre Ruder mit Lumpen umwickelt. Der Kommandant gab mir die Hand.
»Alles Gute«, sagte er. »Sie haben es nötig. Ich komme sofort zurück, wenn Sie mich rufen.«
Ich nickte. Jeden Schritt machte ich jetzt mechanisch. Ich zog Billy neben mir her. Er war starr vor Angst und stierte mit aufgerissenen Augen zur Küste.
»Gleich haben wir es«, sagte ich.
Das Schlauchboot wurde vorsichtig auf das Wasser gesetzt. Wir stiegen ein.
Der Schnee kam vom Land her. Er schloß uns die Augen. Es war ein leichter Wel engang. Wir saßen; die beiden Matrosen ruderten, gleichmäßig und zügig.
Fünf Meter waren wir weg von U 1230., zehn, fünfzehn, zwanzig.
Zwei Minuten würden wir bis zur Küste brauchen, vielleicht auch drei oder vier.
Wir saßen wie zwei Drohnen. Ich hatte mich einmal am Wannsee von einem Mädchen rudern lassen. Ich war natürlich schwerer als meine Begleiterin, und das Boot neigte sich auf meine Seite. Sie wollte unbedingt ausprobieren, ob sie mich durch den See rudern könnte. Ihr Gesicht lief rot an. Der Wind löste ein paar Locken aus ihren Haaren und blies sie ihr in die Stirn. Ich überlegte mir, was sie wohl machen würde,
Weitere Kostenlose Bücher