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Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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ein pausbäckiges Gesicht und sprach Nordost-Dialekt.
    »Wie seht ihr denn aus?« fragte er. »Wo wollt ihr hin?«
    Ich hatte Billy genau eingeschärft, was er zu sagen hatte. Es mußte
    funktionieren. Eine Gelegenheit wie diese würden wir nie mehr haben. Er warf mir einen zögernden Blick zu, aber ich blitzte ihn so an, daß er endgültig Bescheid wußte.
    »Wir haben Pech gehabt«, sagte er. »Eine verdammte Geschichte.«
    Er deutete auf mich.
    »Das ist ein Freund von mir. Der bringt vor lauter Ärger schon das Maul nicht mehr auf. Ich bin in den Graben gefahren. Mit seinem Wagen. Und jetzt kannst du dir denken, was da los ist.«
    »Habt ihr Geld?«
    »Ja, natürlich.«
    »Und wo wol t ihr hin?«
    »Wir müssen nach Bangor.«
    »Ihr habt Glück«, erwiderte der Pausbäckige. »Das ist nämlich ein Taxi. Nur sozusagen außer Dienst. Aber es verdient auch außerdienstlich gern ein paar Dollar.«
    Wir stiegen ein. Billy vorn rechts neben dem Fahrer. Ich hinten. Die Hand immer noch in der Tasche. Den Finger immer noch am Abzug des Colts. Wie in einem kitschigen Kriminalreißer. Ich hatte noch nie einen Mann getötet. Wie würde es sein, wenn ich gezwungen wäre, es zu tun? Der Mann zum Beispiel, der zwei Meter vor mir saß, der sich mit Bil y unterhielt, der von seiner achtjährigen Tochter sprach, die sich vom Christkind zu Weihnachten ein Trampelauto wünschte. Ein rotes Trampelauto, nicht mehr neu, gebraucht. Denn auch in Amerika gibt es Leute, die den Dol ar zweimal umdrehen müssen, bevor sie ihn ausgeben.
    »Was macht ihr mit eurem Wagen?« fragte der Mann.
    »Um den ist es nicht mehr sehr schade«, erwiderte Billy lachend. »Schon ein ganz alter Kasten. Wir lassen ihn morgen aus dem Graben herausziehen.
    Vielleicht lassen wir ihn aber auch liegen.«
    Der Fahrer lachte.
    »Ich habe mir schon zuerst überlegt, ob ich überhaupt anhalten soll. Sehr toll habt ihr nicht ausgesehen . . . Aber dann dachte ich mir gleich, daß ihr irgendeinen Unfall gehabt habt. Wer läuft schon bei so einem Sauwetter, mit einem Koffer in der Hand, freiwillig im Wald herum . . .«
    »Wie weit ist es noch?« fragte Billy.
    »Oh, so zehn Minuten vielleicht. Soll ich schneller fahren?«
    »Nein«, antwortete Bil y. »Es geht schon noch. So eilig haben wir es auch wieder nicht.«
    Ich sprach kein Wort. Ich saß zusammengeduckt auf dem Wagenpolster, die Koffer neben mir. Ich hoffte, daß alles gutgehen würde. Aber ich wußte auch, wenn etwas schiefging, wenn der Mann Schwierigkeiten machte, wenn er Umwege fuhr, daß ich zum Äußersten entschlossen war. Es war die Nacht vom 29. auf 30. November. Wir waren um 23 Uhr 02 an Land eines feindlichen Staates gegangen. Wir hatten acht Minuten gebraucht, um die Straße zu erreichen. Wir waren zwölf Minuten auf der Straße gegangen, bis uns der Taxifahrer begegnete. Wir fuhren jetzt sechs Minuten in dem Taxi. Es mußte jetzt 23 Uhr 30 sein, wenn meine Schätzung stimmte.
    Ich sah auf die Uhr. Amerikanisches Modell natürlich, unter Schwierigkeiten in Deutschland besorgt. Ich hatte mich um siebeneinhalb Minuten mit der Zeit verrechnet. Ich hörte der Unterhaltung zu und überlegte, ob wir in Bangor den von Kanada kommenden Zug noch erreichen würden.
    Es konnte klappen. Ich saß und sagte in Gedanken immer wieder vor mich hin: Ich heiße Edward Green, bin dreiunddreißig Jahre alt und in Ehren aus der amerikanischen Marine krankheitshalber entlassen. Letzter Dienstgrad Captain.
    Ich bin geboren in Bridgeport, Staat Connecticut ... Ich heiße Edward Green, bin dreiunddreißig Jahre alt, dreiunddreißig Jahre und zwei Monate, und bin aus der amerikanischen Marine entlassen. Wegen Krankheit. In Ehren . . .
    »Das sind schon die Lichter von Bangor«, sagte der Taxifahrer. »Wo sol ich euch absetzen?«
    »Am Bahnhof«, antwortete Bil y.
    Das war natürlich Leichtsinn. Aber er war berechtigt. Am leichtsinnigsten war es für uns, noch lange in der Nähe der Landungsstelle herumzugeistern.
    Billy zahlte. Sechs Dollar. Ich sprach immer noch kein Wort. Ich hatte beide Koffer. Ich versuchte, in deutlicher Gemächlichkeit auf den Warteraum zuzugehen. Billy stand schon am Schalter. Er löste zwei Fahrkarten nach Portland. Der Zug lief in vier Minuten ein. Wir hatten ihn noch rechtzeitig erreicht. Das war ein Umstand, den wir vorher nicht erwarten konnten.
    Wir saßen in einem typischen amerikanischen >Daycoach<, in dem jeder jeden sah und jeder jedermanns Erzählungen hörte. In der Anlage war der Wagen dem

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