Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spion Für Deutschland

Spion Für Deutschland

Titel: Spion Für Deutschland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
wenn ich sie ihr wegküßte. Jetzt, bei der Landung, bei der Operation um Leben und Tod fiel mir das ein. Im Augenblick der Gefahr versucht man oft verzweifelt, an etwas Angenehmes zu denken.

    Wir hatten etwa die halbe Strecke zurückgelegt. Noch 120, 130 Meter.
    Am Horizont erschienen wieder die Scheinwerfer eines Lastautos. Wir hörten den Motor. Dritter Gang, dachte ich. Ungefährlich. Fährt weiter. Wenn er halten wol te, hätte er längst zurückgeschaltet.
    80 Meter noch. Ich hatte zwei Pistolen in der Tasche. Sie waren beide entsichert. Was hätte ich getan, wenn ich am Strand ein feindliches U-Boot beobachtet hätte? Was wohl? Wenn ich allein wäre — gar nichts. Oder
    Verstärkung holen. Oder beobachten. Weiß man denn, wie viele Augen die Dunkelheit hat? — Noch 50 Meter.
    »Denken Sie an den Fall Dasch«, hatte Oberst M. zu mir gesagt. »Seien Sie kein Narr. Haben Sie noch die Geschichte seiner Landung im Kopf?«
    »Ja«, hatte ich erwidert.
    »Dasch war von einem Küstenwächter überrascht worden, von einem alten, dummen Mann. Er hat mit ihm lange palavert, statt ihn umzulegen. Lassen Sie diesen Unsinn beiseite. Schießen Sie, Mann! Es geht um Ihr Leben!«
    Er hatte eine Pause gemacht und sich eine Zigarette angezündet. »Und um Ihren Auftrag«, hatte er hinzugefügt.
    Was tun, wenn der Mensch, der mich überraschte, eine Frau, ein alter Mann war? Ich habe vieles tun müssen, was ich ablehnte, haßte. Aber ich hätte es wohl nie fertiggebracht, auf Frauen und Kinder zu schießen.. Ich hatte mit Kapitänleutnant Hilbig vereinbart, daß ich versuchen würde, einen eventuellen Zeugen gefangenzunehmen und auf das U-Boot zu schaffen. Während der
    ganzen Fahrt hatte ich mir diese fixe Idee eingeredet. Ich hatte mir ausgemalt, wie die Leute in Kiel staunen würden, wenn U 1230 mit einem Gefangenen zurückkam, den ich mir direkt vom amerikanischen Festland geholt hatte.
    Mit einem feinen Knirschen stieß das Schlauchboot gegen das Ufer. Wir waren da. Die Matrosen blieben sitzen. Sie wollten etwas sagen.

    Ich winkte ab. »Pst!«
    Ich gab ihnen die Hand.
    Ich steckte eine Pistole in meine linke Tasche. Die andere behielt ich in der Hand. Wir hatten den Inhalt des Seesacks auf zwei Koffer mittlerer Größe verteilt.
    Ich gab Billy einen Tritt. Er wollte nicht aussteigen.
    Wir gingen an Land. Jeder einen Koffer und eine Pistole in der Hand. Der Boden war moosig. Er quitschte bei jedem Schritt. Nach zehn, fünfzehn Metern wurde er fester. Äste schlugen uns ins Gesicht. Geräusch waren unvermeidbar.
    Als Kind hatte ich gern Indianer gespielt. Das hier war ein anderes Spiel. Zum Teufel damit!
    Jetzt stieß das Schlauchboot ab. Die beiden Matrosen hatten noch ein paar Minuten gewartet, obwohl sie sofort zum U-Boot zurückrudern sollten. Wir konnten mit bloßen Augen noch U 1230 sehen. Hilbig wartete. Seine Geschütze zeigten immer noch auf die Straße.
    Wir waren durch das Gestrüpp hindurch und kamen in den Wald. »Das
    Schlimmste ist überstanden«, sagte ich. »Bil y, wenn uns einer anspricht, antwortest du.«
    Ich hatte auf einmal kein Zutrauen zu meinem Englisch mehr. Es war
    Lampenfieber. Ich überlegte mir, wie einzelne Worte auf englisch hießen. Sie fielen, mir nicht ein. Neben meiner Uhr hatte ich einen winzigen Leuchtkompaß.
    Die Richtung, die ich im Wald einschlagen würde, hatte ich schon in
    Deutschland ausgerechnet. Die nächste größere Ortschaft war Ellsworth. Es war eine Kleinstadt in viel eicht drei, vier Kilometern Entfernung.
    Wir wollten nicht dorthin. In Kleinstädten fällt man immer auf. Das Gehen im Wald, wurde beschwerlich. Wir stolperten über Wurzeln, fielen und rafften uns wieder auf. Die verfluchten Koffer! Es hatte keinen Sinn. Wir mußten auf die Straße.
    Und wenn wir in Teufels Küche kommen würden.
    Wir stapften am Rande der Straße entlang. Ich links, Billy rechts. Das erste Auto kam. Der Scheinwerfer kroch uns von den Füßen bis zum Hals entlang. Der Wagen kam näher. Es wurde immer heller. Wir kamen uns nackt vor, ertappt, gefaßt.
    Billy wollte mit einem Satz nach rechts in den Wald verschwinden. Ich hielt ihn zurück.
    »Bleib, du Idiot!« zischte ich. »Wenn du jetzt in den Wald türmst, machst du dich viel verdächtiger, als wenn du auf der Straße weitermarschierst.«
    Wie lange braucht ein Lastauto, bis es einen Fußgänger überholt? Es fuhr an uns vorbei. An den Bordwänden stand: >Melas potato chips, the best of Boston.< An der Rückseite konnte man lesen: >Der

Weitere Kostenlose Bücher