Spion Für Deutschland
um den Hals an Land . . . Und dann endlich hier . . . Und da führst du dich auf wie ein Schulmeister«, fährt er fort.
Seine Jacke liegt über dem Stuhl. Ich hole die Brieftasche heraus. 3500 Dollar besitzt er noch. Billy hat in drei Tagen 1500 Dollar ausgegeben. Wer so mit dem Geld umherwirft, fäl t auf. Wer auffällt, ist verloren.
Was soll ich tun? Ich bin auf ihn angewiesen, aber ich kann ihn nicht mit Handschel en an mich fesseln. Später, ein paar Wochen nach diesem
Zwischenfal , wird ein Beamter der FBI zu mir sagen:
»Du hast nur einen einzigen Fehler gemacht . . . Du hättest Billy gleich nach der Landung zwischen die Augen schießen sollen . . .«
Billy und ich sitzen beim Frühstück. Für mich Rühreier mit Schinken, für ihn Sodawasser mit Kopfwehpulver.
Er ist blaß. »Ich will dir keinen Ärger machen«, sagt er, »aber du verstehst das nicht. Irgendwie muß man sich erholen nach den Aufregungen.«
»Ich habe nichts dagegen«, antworte ich, »aber du kannst doch nicht zwanzig Dollar Trinkgeld geben für zwei Steaks und eine Flasche Wein.«
»Warum nicht?« fragt er. »Kennst du New York oder ich? Entweder ich bin dein Lotse oder nicht. In New York fällt man höchstens durch zu kleine Trinkgelder auf, nie durch zu große.«
Ich lasse ihn ausreden; er hört von selbst auf .. .
Es ist alles bereit. Der Sender funktioniert. Billy ist wieder halbwegs bei Vernunft. Wir sind vorläufig untergekommen. Wir haben für den nächsten Tag eine neue Wohnung in Aussicht. Kein Hotel, ein Apartment. Ich kann mich endlich einigermaßen sicher bewegen. Ich habe die New Yorker Adresse dechiffriert. Die erste. Die Adresse von Mr. Brown. 41. Straße. Ein
Geschäftshaus. Mr. Brown soll sich vor ein paar Jahren bei Spionageaufträgen zugunsten Deutschlands bewährt haben. Ich werde ihn am Nachmittag
besuchen.
Billy will schlafen. Von mir aus. Ich kann ihn bei der Unterredung ohnedies nicht brauchen.
Ich nehme ein Taxi und gehe die letzten sechshundert Meter zu Fuß. Mr. Brown betreibt ein Maklerbüro. Im achten Stock. Der Lift funktioniert. Das Büro besteht nur aus zwei Räumen: Vorzimmer und Chefbüro. Eine rothaarige Sekretärin empfängt mich.
»Was wollen Sie?« fragt sie.
»Zu Mr. Brown.«
»Und wie heißen Sie?«
»Kenneth W. Smith.«
»Und was wollen Sie von ihm?«
»Geschäftlich.«
»Er ist nicht da«, erwidert sie. »Aber Sie können mit seiner Frau sprechen, wenn es wichtig ist.«
»So wichtig ist es nicht«, entgegne ich. »Wann kommt er?«
»Morgen.« Sie zündet sich eine Zigarette an, öffnet das Fenster. »Sie können ja so lange ins Kino gehen . . . Oder brauchen Sie einen Tip, wie man in New York die Zeit totschlägt?«
»Danke«, erwidere ich, »ich weiß Bescheid.«
Sie sieht verlockend aus; und ich würde sie am liebsten zum Essen einladen.
Aber es wäre nicht gut, wenn meine Freundin Sekretärin bei einem
>Geschäftsfreund< ist.
Im Amt VI schwörte man auf diesen Mr. Brown, aber man hatte beim Amt VI auf manches geschworen, was sich hinterher als Meineid herausstellte.
Ich besorge mir noch ein paar Zeitungen und gehe dann langsam an der Portierloge vorbei. Der Pförtner schüttelt den Kopf, tut mir gut. Wenn ich morgen Mr. Brown erreiche, ist eigentlich al es in Ordnung. Ich werde jetzt mit Billy zum Essen gehen, danach ein Kino besuchen und mir dann für zwei bis drei Stunden vielleicht noch eine Nachtbar ansehen.
Das letzte Stück zum Hotel fahre ich im Taxi. Ich gehe langsam an der Portiersloge vorbei. Der Pförtner schüttelt den Kopf.
»Haben Sie etwas vergessen?« fragt er.
»Wieso?«
»Na. Sie sind doch bereits ausgezogen.«
»Das verstehe ich nicht«, erwidere ich.
»Die Rechnung ist schon bezahlt ... Ihr Begleiter hat alles erledigt. Er hat gesagt, Sie seien bereits abgereist. Darum wundere ich mich, daß Sie zurückkommen.«
Ich versuche, meinen Schrecken so gut zu verbergen, wie es geht. Billy verschwunden! Verschwunden! Geflüchtet!
»Ist was nicht in Ordnung?« fragt der Portier.
»Doch«, erwidere ich, »es stimmt schon al es.«
Ich gehe ein paar Meter und wende mich noch einmal um.
»Was hat er mit dem Gepäck gemacht?« frage ich.
»Das hat er mitgenommen.«
»Beide Koffer?«
»Beide. Ich wol te ein Taxi rufen, aber er hat gesagt, daß es nicht nötig sei — er hätte nicht weit. Er war sehr eilig gewesen.«
Ich gebe dem Mann ein paar Cent Trinkgeld und gehe auf die Straße. Meine Situation ist unbeschreiblich. Der Sender, die Pistolen,
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