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Spione, die die Welt bewegten

Titel: Spione, die die Welt bewegten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Reitz
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Napoleon war die Herkunft
     seiner Leute völlig gleichgültig, sie mussten nur fähig und tüchtig sein. Von den 26 napoleonischen Marschällen waren nur
     zwei adelig. Murat, Gatte einer Schwester Napoleons und später König von Neapel, war zum Beispiel ursprünglich Kellner gewesen.
     Masséna, zuletzt Fürst von Eßling, begann seine Karriere als ein mit allen Wassern gewaschener Schmuggler, und Lannes, |153| Herzog von Montebello, war Sohn eines Stallknechts und hatte sich vorher seinen Lebensunterhalt als Anstreicher verdient.
     Extrem war der Aufstieg des Herzogs von Castiglione, als ihn Napoleon zum ersten Mal traf, war er noch Landstreicher. Einen
     Onkel hatte Napoleon vom Dorfpfarrer zum Kardinal befördert.
    Napoleon überquert die Alpen über den St. Bernhard-Pass am 20. Mai 1800
    Bitter beklagte sich der alte Adel über die Manieren des neuen Adels, denn die hatten sich seit ihrer Erhebung in den Adelsstand
     kaum verändert. |154| Napoleon selbst war hier keine Ausnahme und führte oft ein sehr loses Mundwerk. Sein Außenminister Talleyrand, ein echter
     Prinz aus uraltem Adel, meinte einmal zu Napoleon: „Wie schade, Sire, dass ein so großer Mann wie Sie so schlecht erzogen
     ist.“ Worauf Napoleon ausfallend geantwortet haben soll: „Ach Sie, Sie sind doch nichts als ein Stück Scheiße in seidenen
     Strümpfen.“ Dennoch schätzte Napoleon seinen Außenminister. Er redete nur gern wie Soldaten im Krieg. Dabei war seine Intelligenz
     phänomenal, denn er konnte ohne große Mühe drei oder noch mehr Sekretären gleichzeitig in einer geschliffenen Sprache unterschiedliche
     Briefe diktieren.
    Joseph Fouché, der berüchtigte Geheimdienstchef des Kaisers, führte von allen wichtigen Persönlichkeiten der napoleonischen
     Zeit ein Dossier und wusste, wer erpressbar war oder „eine Leiche im Keller“ hatte. Das Dossier war eine der Erfindungen des
     Geheimdienstchefs. Fouché war Sohn eines Schiffers aus Nantes. Er hatte Rechtswissenschaften studiert und beherrschte alle
     Tricks, um sich vom Beginn der Revolution bis zur Herrschaft Napoleons in höchsten Positionen zu halten und alle gefährlichen
     Situationen zu überleben. Er galt als durchtrieben, gerissen und brutal, gleichzeitig aber auch als mäßigend und ausgleichend.
     Während einer Revolte war ihm 1793 die Guillotine nicht schnell genug, um die Gefangenen hinzurichten. Er ließ sie zusammentreiben
     und mit schwerer Artillerie niederschießen.
    Fouché war ein Meister im Organisieren und hatte für Napoleon einen äußerst effektiven Geheimdienst geschaffen, der später
     immer wieder kopiert wurde. Während seiner Amtszeit sollen ihm nie größere Fehler unterlaufen sein. Sein Ministerium bestand
     aus sechs Abteilungen wie etwa „Allgemeine Sicherheit“, „Überwachungen“, „Bestechungen“ und einem hervorragenden Archiv; sie
     alle waren auf ihn konzentriert. Sonderkommandos standen bereit, um mögliche Widerstände sofort im Keim zu ersticken. Als
     das Papiergeld populär wurde, wurden auch Fälscherwerkstätten gegründet. Als erster Geheimdienstchef erkannte Fouché den Wert
     der Presse und des Theaters und nutzte beide für seine Tätigkeit aus. Jeder gute Journalist geriet zwangsläufig unter seine
     Kontrolle, denn er übte nicht nur Zensur aus, sondern schnappte auch der gegnerischen Presse die besten Köpfe weg. Das Land
     war von einem Netz aus Spitzeln und Spionen überzogen. Um Eigeninitiativen zu fördern, erfreuten sich gute Spione einer gewissen
     Selbständigkeit und erhielten bei Erfolg Sonderzahlungen. Auch im Ausland wurden Spionageschwerpunkte aufgebaut, um Spione,
     die nach Frankreich geschickt werden sollten, möglichst früh zu erkennen und bereits an der Grenze abzufangen. Grenzstädte
     und Häfen waren deshalb von Zuträgern durchsetzt. Dazu betrieb Fouché Gegenspionage und streute zur Verwirrung immer wieder
     sich widersprechende Meldungen und Widerrufe aus. Für Bestechungen standen große Summen zur Verfügung, wobei es nicht nur
     um einzelne Zahlungen ging. Manchmal wurden über längere Zeiträume zusätzliche Jahresgehälter gezahlt.
    |155| Josephine, die Ehefrau Napoleons, war eine seiner prominentesten Spioninnen. Sie unterhielt nach ihrer Heirat noch ein Verhältnis
     zu Barras, der über Napoleons Pläne informiert sein wollte. Fouché hatte die Aufgabe, ihr die Einnahmen aus einem geheimen
     Spielkasino zukommen zu lassen. Gegen gute Bezahlung musste sie nur mitteilen, wen sie

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