Spione, die die Welt bewegten
Frankreich geschafft. |158| Bevor die russische Polizei genau zu suchen anfing, waren die meist sperrigen Platten bereits jenseits der Grenzen. Dennoch
hatte sich Napoleon verplant. Trotz aller sorgfältigen Vorbereitungen war der russische Feldzug für ihn eine Katastrophe und
der Beginn seines Niedergangs.
Der Friede von Tilsit
Mit dem englischen Secret Service hatte Napoleons Geheimdienst beträchtliche Probleme. England verfügte mittlerweile über
eine lange Erfahrung im Geheimdienst und wusste frühzeitig, dass eine Invasion von französischer Seite geplant war. Seine
Niederlage in der Seeschlacht von Trafalgar hatte Napoleon jedoch gezeigt, dass er niemals in der Lage sein würde, in England
mit einer Invasionsarmee zu landen. Er versuchte deshalb den Gegner durch einen Handelskrieg und eine Kontinentalsperre in
die Knie zu zwingen. Ein durchschlagender Erfolg blieb allerdings aus. Die Kontinentalsperre war löchrig und schwer zu kontrollieren.
England führte gegen Napoleon verschiedene erfolgreiche Geheimdienstaktionen durch und eine davon betraf die Verhandlungen
zum Frieden von Tilsit. Nachdem Napoleon Österreich und Preußen geschlagen hatte, war er zuletzt auch gegenüber Russland,
dem wichtigsten Verbündeten der beiden besiegten Staaten erfolgreich. Der Zar willigte in Friedensverhandlungen ein, die in
der Stadt Tilsit an dem Fluss Memel geführt wurden. Am 25. Juni 1807 trafen sich Napoleon und Zar Alexander I. erstmals auf
einem in der Memel verankerten Floß. Dabei wurden auch geheime Zusätze zum offiziellen Friedensvertrag ausgehandelt. Der französische
Kaiser und der Zar wollten von nun an Europa gemeinsam beherrschen, um England in die Knie zu zwingen. Tatsächlich trat Russland
anschließend der Kontinentalsperre gegen England bei.
Zum geheimen Zusatzabkommen gehörte auch, die dänische Flotte gegen England einzusetzen. Dänemark war mit Frankreich verbündet
und mit Hilfe seiner Flotte sollte die Ostsee zu einem französisch-russischen Meer gemacht werden, um dort den englischen
Handel vollends zu verhindern. Doch England kam den Plänen zuvor. Ein englischer Flottenverband erschien überraschend vor
Kopenhagen und beschoss die Stadt vier Tage lang. Große Teile der Stadt brannten ab, und die dänische Flotte war anschließend
unbrauchbar.
Erst Jahrzehnte später wurde klar, dass England wahrscheinlich das geheime Zusatzabkommen zum Friedensvertrag von Tilsit kannte.
Über die genaue Informationsquelle können auch heute nur Vermutungen geäußert werden. Wahrscheinlich hatte Graf Woronzow,
ein Adjutant des Zaren, der die Bewachung des Floßes in Tilsit beaufsichtigt hatte, die Informationen weitergegeben. Woronzow
war in England aufgewachsen und hegte für das Land viel Sympathie. Sein Vater war russischer Gesandter in London und hatte
sich geweigert, nach seiner Abberufung nach Russland zurückzukehren. Er blieb als Kontaktperson |159| in London. In einem Brief an seinen Sohn, teilte er während der Friedensverhandlungen seine Verachtung gegenüber Napoleon
mit. Sir Robert Wilson, ein englischer Spion in russischen Diensten, war mit dem jungen Woronzow gut bekannt, und es ist denkbar,
dass er von ihm die entscheidenden Hinweise erhielt. Nur kurze Zeit nach dem Treffen des Zaren und des französischen Kaisers
auf dem Floß ging beim englischen Gesandten in Kopenhagen ein geheimes Schreiben ein, das umgehend zum englischen Außenminister
weitergeleitet wurde, der sofort die Flotte alarmierte. Die anschließende Eile der englischen Flotte lässt ebenfalls vermuten,
dass wichtige Spionageinformationen vorlagen.
Die Mission des Pater Robertson
In den von Frankreich besetzten Gebieten hatte der französische Geheimdienst alle Hände voll zu tun, denn die Staaten hatten
zwar kapituliert, gaben sich aber dennoch nicht geschlagen. Es wurden Widerstandszentren gegründet, und in Spanien kam es
sogar zu einem grausamen Partisanenkrieg. Prag und Karlsbad entwickelten sich zu Spionagestützpunkten. Englische Spione reisten
meist über Schweden ein und wurden heimlich nach Böhmen gebracht, wo sie Geldmittel für den Widerstand verteilten. Nachrichtenkuriere
mussten gefährliche Abenteuer bestehen. Norddeutsche und niederländische Schmuggler setzten sie häufig gegen gute Bezahlung
bei Nacht an der englischen Küste ab oder nahmen sie dort auf. Andere Kuriere wählten einen weniger gefährlichen Weg durch
das Osmanische Reich und
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