Spione kuesst man nicht
den Schultern und starrte mir in die Augen. »Ich bin Mrs Abrams. Wie schön, dich endlich kennenzulernen!«
Und dann umarmte sie mich noch einmal !
Nachdem die Agentin tief in das feindliche Gebiet eingedrungen war, traf sie auf hochrangige Funktionäre der Organisation. Auf diese Entwicklung war sie NICHT vorbereitet, aber jede Ablenkungstaktik hätte die ganze Operation ERNSTHAFT gefährdet!
»Oh«, sagte Mrs Abrams. »Ich sehe, du trägst das Sträußchen!« Und dann befingerte sie die Blumen. »Ist es nicht hübsch?«
Ich sah Josh in seiner ordentlich gebügelten Khakihose und seinem Button-Down-Hemd an und begriff plötzlich, warum er immer eher wie ein Apotheker als ein Schüler in einer Highschool angezogen war.
»Hallo, junge Dame«, sagte der Mann, nachdem seine Frau mich freigegeben hatte. »Ich bin Joshuas Vater, Mr Abrams. Und wie gefällt dir unsere schöne Stadt?«
Das ist nicht gut, dachte ich, als mir klar wurde, dass ich umzingelt war. Ich gehörte nicht hierher, und Joshs Eltern würden das auch bald merken.
Ich überlegte, welche Alternativen ich hatte: (A) Eine Krankheit vortäuschen und ins Freie rennen, (B) den Kugelschreiber nehmen, mit dem Shirley Quittungen schrieb, und Schaden anrichten, bevor ich von einigen wohlmeinenden Bürgern im Pulk überwältigt würde, oder (C) diesen Einsatz als bisher schwierigsten behandeln und alles aus ihm herausholen, was er zu bieten hat.
»Es ist eine sehr schöne Stadt«, sagte ich und streckte dem Mann eine Hand entgegen. »Mr Abrams, schön, Sie kennenzulernen.«
Er hatte genauso lockige Haare wie Josh, trug eine Metallbrille und genoss es, den Leuten zuzuwinken, die an ihm vorbeigingen. »Hi, Carl, Betty«, sagte er zu einem Paar. »Ich hab die neuen Hühneraugenpflaster reinbekommen, die du so magst, Pat.«
»Unserer Familie gehört die Apotheke in der Stadt seit 1938«, erklärte Mrs Abrams stolz.
Dann fragte mich Mr Abrams: »Hat Josh dir von unserem Geschäft erzählt?«
»Ja«, bestätigte ich. »Das hat er.«
»In dieser Scheune gibt es keinen Einzigen, den ich nicht irgendwann einmal verarztet habe«, sagte Mr Abrams, und neben mir verschluckte sich Josh an der Bowle, die seine Mutter ihm gereicht hatte.
»Das ist …« Ich kämpfte mit den Worten. »… beeindruckend.«
Er umklammerte die Schulter seines Sohnes mit der Hand. »Und eines Tages gehört das alles diesem Jungen.«
»Ach, Jacob«, sagte Mrs Abrams, »lass den armen Kerl doch in Ruhe!« Selbst in der staubigen Scheune strahlte sie absolute Vollkommenheit aus, und mir war klar, dass sie in ihrem ganzen Leben nie Flecken oder Runzeln haben oder die falschen Accessoires benutzen würde.
Ich zupfte an meinem Rocksaum und spielte mit meinem Sträußchen. Ich fühlte mich nackt, weil ich nicht daran gedacht hatte, mir die Perlen meiner Mutter auszuleihen. (Selbst die Kette ohne Mikrofilmlesegerät wäre nicht schlecht gewesen.) Es gab eine Menge Fragen, die ich Joshs Mutter gerne gestellt hätte, zum Beispiel: Wie schaffen Sie es, so sauber zu bleiben? Und Macht dieser Kaugummi die Zähne wirklich weißer? Aber das alles konnte ich natürlich nicht fragen, also stand ich nur da wie ein Trottel, lächelte sie an und klammerte mich an meine Tarnidentität.
»Sind deine Eltern da?«, fragte sie und ließ ihren Blick über die Menschenmenge schweifen.
»Nein«, sagte ich, »sie … haben zu tun.«
»Oh, wie schade«, erwiderte sie und legte den Kopf schief. Aber sie ließ mir keine Zeit, darauf zu reagieren. »Cammie«, sprudelte es aus ihr heraus, »du bist in unserem Haus genauso willkommen wie in deinem.«
Sofort hatte ich Bilder von den Aufklärungsmöglichkeiten vor Augen, die sich mit dieser Art von Zugang ergaben, brachte aber nur ein »Oh … ähm … danke« heraus.
Die Band spielte etwas Neues, und Mrs Abrams beugte sichnah an mein Ohr, um mir im Lärm zuzubrüllen: »Was ist dein Lieblingskuchen?«
Ich konnte sie kaum verstehen und wollte schon zurückschreien: »Ich bin nicht am Suchen!«, als ich sah, dass Dillon auf einem Heuballen stand und die Arme wie wild in unsere Richtung schwenkte.
Josh sah seine Mutter an, aber er brauchte den Mund nicht zu öffnen. Sie sagte sofort: »Okay, mein Schatz, viel Spaß!« Dann umarmte sie mich noch einmal. DREIMAL! Ich war wirklich kurz vorm Ausflippen.
»Cammie, meine Liebe, du kannst jederzeit zu uns kommen, okay? Und gib deinen Eltern unsere Telefonnummer. Vielleicht haben sie Lust, unserem Bridgeclub
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