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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Carter
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beizutreten.«
    Meine Eltern hatten zum letzten Mal das Wort »Bridge« gehört, als es um eine Brücke in der Provinz Gansu, Dynamit und einen ziemlich wütenden Yak ging, aber ich lächelte nur und sagte: »Danke.«
    Als Josh mich wegzog, riskierte ich einen Blick zurück. Mr Abrams legte den Arm um die Schultern seiner Frau, und Mrs Abrams hob die Hand in einem traurigen Halbschwenk, als ob sie damit die Zeit mit Josh anhalten könnte. Das sind also normale Eltern. Ich musterte den Jungen neben mir, der sich nach einem Leben in der Mongolei sehnte und das Haus nicht in zerknitterten oder fleckigen Klamotten verlassen durfte, und ein weiteres Mosaikstückchen passte – er war ein kleines bisschen weniger verschlüsselt.
    Ich ging auf Dillon und die anderen Jugendlichen in unserem Alter zu (wenn schon getarnt auftreten, dann doch gleich richtig), aber Josh zog an meiner Hand und hielt mich zurück.
    »Komm, lass uns tanzen!«
    »Aber« – ich zeigte auf die Masse von Teenagern – »sind das nicht deine Freunde?«
    Josh sah sie an. »Ja, sie sind aus meiner Schule.«
    »Wenn du sie begrüßen willst oder was –«
    »Lass mich überlegen!«, sagte er, um mich zu ärgern. »Ich kann entweder mit dem hübschesten Mädchen auf dem Fest tanzen oder mit einem Haufen Idioten rumhängen, die ich sowieso jeden Tag sehe. Was meinst du?«
    Ich meinte, dass er für das hübscheste Mädchen auf dem Fest Bonuspunkte verdient hatte, was mich aber nicht davon abhielt, ihn mit anderen Augen anzusehen, als er uns ans Ende der Scheune steuerte, weg von seinen Freunden und seinen Eltern. Zum ersten Mal wurde mir klar, dass ich vielleicht nicht die Einzige mit einer Tarnidentität war.
    Wir tanzten eine Weile, bis Josh sagte: »Danke, dass du meine Eltern begrüßt hast. Das ist ihnen sehr wichtig.«
    »Sie sind sehr nett.«
    »Sie sind verrückt«, korrigierte er mich. »Hast du gehört, was er gesagt hat? Er glaubt ernsthaft, dass alle in der Stadt ohne ihn sterben würden.« Er schüttelte den Kopf. »Du hast ein Riesenglück, dass es anderen egal ist, was du tust. Ich meine, du kannst werden, was du willst. Niemand hält dich für eine Auserwählte.«
    »Nein«, sagte ich, »wahrscheinlich nicht.« Lüge  – absolute, totale und ausgesprochene Lüge.
    Er zog mich näher an sich, was aus zwei Gründen eine gute Sache war. Erstens: Er konnte die Tränen nicht sehen, die sich in meinen Augenwinkeln bildeten und drohten, die Wasserfestigkeit von Maceys neuer Mascara auf die Probe zu stellen, und zweitens: Ich war bestens getarnt, was ich unheimlich nötighatte. Kein Spion in der Geschichte des bekannten Universums hat es tatsächlich jemals so nötig gehabt wie ich in diesem Moment.
    »Oje!«, japste ich und duckte mich. Ich verbarg meinen Kopf hinter Joshs Schulter.
    »Was ist?«, fragte er.
    »Oh, ähm, ich hab mir eben den Zeh angestoßen«, log ich, denn es war kaum der richtige Augenblick, um zu sagen: Hey, Josh, wenn wir gerade von Eltern reden – MEINE MUTTER IST EBEN MIT MEINEM GEHOP-LEHRER ERSCHIENEN!
    Auf der Tanzfläche lag meine Mutter in Mr Solomons Armen. Sie lachten sich kaputt, er wirbelte sie herum, und ihre Haare flogen wie in einer Shampoo-Werbung durch die Gegend. Echt! So, wie sie aussah, hätte sie einem Glatzköpfigen eine Haarspülung verkaufen können.
    Ich bewegte mich langsam in Richtung Schatten, weit weg vom Haupteingang, und verfluchte mich, dass ich mir nicht gleich am Anfang die Ausgänge eingeprägt hatte. Ich war dumm. DUMM. DUMM. DUMM.
    »Ich glaube, ich möchte eine Weile sitzen.« Ich fand eine dunkle Ecke unter dem Heuboden, weit entfernt von Mom und Mr Solomon.
    »Möchtest du Bowle?«, fragte Josh.
    »JA! Bowle klingt gut!«
    Ich sah, wie Josh in der Menge verschwand. Sekundenlang waren die panikartigen Gefühle weg und ich spürte etwas ganz anderes. Es war, als ob sich der Boden unter meinen Füßen löste. Und es lag nicht nur an meinen Nerven. Ich flog – wirbelte durch die Luft. Buchstäblich.

O h, mein Gott!, dachte ich, schrie aber nicht, erstens, weil ich keine Luft mehr in der Lunge hatte, und zweitens, weil Bex mir den Mund zuhielt. Liz schaute mich im trüben Licht an, das von der Party unter uns in den Heuboden schien. Der Lärm wurde von den letztjährigen Strohballen gedämpft.
    »Cammie«, sagte Liz geduldig, als ob sie versuchte, mich aus tiefem Schlaf zu wecken. »Wir mussten dich da rausholen! Deine Mutter und Solomon sind hier!«
    Ich schaute mich auf dem Heuboden

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