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Spione kuesst man nicht

Spione kuesst man nicht

Titel: Spione kuesst man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Carter
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wirklich keine Ahnung, was in der Gallagher Akademie vor sich geht. Nicht die geringste. Man sollte meinen, dass wenigstens ein paar Verschwörungstheorien im Umlauf wären über das, was hinter unseren efeuumrankten Mauern passiert, aber ich habe von keiner einzigen gehört (und ich hatte allen Grund, die Ohren zu spitzen).
    Zweitens: Die Leute in Roseville nehmen ihre Kleinstädtigkeit wirklich ernst. Als ob der Pavillon und der Jahrmarkt nichtgereicht hätten, um mir klarzumachen, wo ich bin, beobachtete ich, wie ein Mann mit einer Warnweste und einer Taschenlampe den Verkehr regelte, sobald Josh auf eine Weide fuhr. Genau! Die Kontrolle von Menschenmassen auf Viehweiden ist für das Leben in der Kleinstadt von entscheidender Bedeutung.
    Wir parkten am Ende einer Autoreihe, und ich sah Josh an. »Was ist hier –«
    »Du wirst schon sehen.« Dann umrundete er den Wagen, um mir die Tür zu öffnen. (Ich weiß – total süß!)
    Wir folgten der sanften Musik, die uns im Licht entgegenschwebte, das durch die Ritzen der Bretterwände und Schiebetüren einer riesigen alten Scheune sickerte.
    »Hey«, rief ich, »die sieht ja aus wie unsere Scheune –« Er sah mich verwundert an. »In der Mongolei.«
    »Das ist der Erntetanz im Herbst«, erklärte Josh. »Eine alte Tradition in Roseville, seit damals, als fast jeder hier Landwirt war. Aber jetzt ist es nur noch ein Vorwand, um sich zu betrinken und mit Leuten zu tanzen, mit denen man nicht verheiratet ist.« Er blieb stehen und sah mich an. »Wir können machen, was du willst, aber als ich hörte, dass die Sache heute stattfindet, dachte ich, du würdest vielleicht gerne herkommen«, sagte er. »Es ist okay, wenn du lieber was anderes tun möchtest. Wir könnten –«
    Ich unterbrach ihn mit einem Kuss (eine einfache Technik, die – wie mir gesagt wurde – sogar Mädchen, die keine Spioninnen sind, erfolgreich anwenden). »Lass uns tanzen!«
    Also eins steht fest: Dass ich bei Madame Dabney Tango tanzen gelernt habe, hat mich auf richtiges Tanzen nicht vorbereitet.Falls ich jemals eine Party in irgendeiner Botschaft infiltrieren muss, bin ich wahrscheinlich froh, dass ich K+A-Stunden hatte, aber sowie ich die Scheune betrat, wurde mir klar, dass mir dafür die Ausbildung fehlte.
    Luftschlangen hingen von den Balken. Funkelnde Lichter bildeten eine zeltartige Kuppel. Ein Pritschenwagen stand an der südlichen Wand, und eine Band spielte einen alten Countrysong, während sämtliche Einwohner von Roseville sich im Kreis zu drehen schienen. Am anderen Ende der Scheune sah ich einen Heuboden, aber da, wo wir standen, waren über uns nur Balken und Lichter. Alte Frauen saßen auf Strohballen und klatschten im Takt der Musik, während der Polizeichef (ich erkannte ihn wieder – er war doch damals ins Tauchbecken gefallen) eine Geige in die Hände nahm und zu spielen begann.
    Kleine Mädchen, die auf den Füßen ihrer Väter standen, tanzten vorbei, und Josh führte mich an einen Klapptisch, auf dem Krepppapier lag. »Hallo!«, sagte die Frau, die dahinter saß.
    »Hi, Shirley«, erwiderte Josh und zog sein Portemonnaie aus der Tasche. »Zwei, bitte.«
    »Oh, Josh«, sagte die Frau, »deine Mama hat sich bereits darum gekümmert.«
    Josh sah mich erschrocken an, und jeder Blutstropfen in meinem Körper gefror.
    »Sie sind schon da?«, fragte Josh, aber noch bevor Shirley antworten konnte, hörte ich jemanden rufen. »Josh! Cammie!«
    Der Polizeichef senkte seine Geige, und alle klatschten, während der Junge, der sonst immer an der Kasse des Kinos saß, ein Saxofon in die Hände nahm. Alle Leute auf der Tanzflächedrehten sich jetzt schneller – vor allem die dünne, makellose Frau, die mit ausgebreiteten Armen auf uns zulief.
    »Josh! Cammie!« Ihr elfenbeinfarbenes Twinset und die helle Hose gierten geradezu nach einem Fleck in der staubigen Scheune, aber sie tat so, als wäre ihr das egal, und schob sich durch das Gedränge tanzender Paare, einen großen, schlanken Mann im Schlepptau.
    »Tut mir leid«, sagte Josh im Flüsterton, als er mich von Shirley weg und dem alles niedertrampelnden Paar entgegenzog. »Es tut mir so leid, so leid. Wir müssen nur ›hi‹ zu ihnen sagen. Ich dachte, ich hätte Zeit, dich zu warnen –«
    »Cammie, mein Schatz!«, schrie die Frau. »Du bist ja niedlich!« Und dann umarmte sie mich. Echt – eine vollkommen Unbekannte umarmte mich, worauf die Gallagher Akademie mich überhaupt nicht vorbereitet hatte. Sie packte mich an

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