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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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und mir die Sachen bedenkenlos überlassen hatte. Falls man an der Schuyler dahinterkommt, behaupte ich einfach, ich hätte alles gestohlen. Wenn sie nichts merken – wofür ich schon sorgen werde –, dann bekommt meine Bekannte immerhin ein bißchen mehr Rente. Sie heißt Harriet Fürst, und unter diesem Namen lebe ich jetzt. Bitte nennen Sie mich Harriet.«
    »Aber daß Sie das Sekretariat an der Schuyler leiten, stimmt?«
    Kate sprach wie durch Watte.
    »Aber ja, meine Liebe, und zwar sehr gut, wenn ich das sagen darf. Falls Sie noch ein Schlückchen von diesem exzellenten Whisky haben und es Ihnen nichts ausmacht, noch eine Weile aufzubleiben, erzähle ich Ihnen die Wahrheit über mich. Nicht die ganze, aber so viel, wie ich riskieren kann, und ›je älter ich werde, desto mehr riskiere ich‹. Montaigne.«
    Reed füllte ihr Glas nach, sackte in seinen Sessel zurück und saß dann da wie der behexte Hochzeitsgast in S. T. Coleridges Ballade vom alten Seemann.
    Harriet nippte genüßlich an ihrem Drink. »Haben Sie je gesehen, wie der Trompetenbaum seine Blätter verliert?« fragte sie.
    Kate schüttelte den Kopf, während Reed weiterhin wie hypnoti-siert dasaß. »Ich glaube, ich habe noch nicht mal einen Trompetenbaum mit Blättern gesehen«, fügte Kate hinzu, nur um etwas zu sagen. Die Frage war ungewöhnlich, aber andererseits war ja alles an Harriet ungewöhnlich.
    »Sie fallen alle auf einmal herab – platsch – einfach so. Die Leute erzählen einem oft, wie sie das letzte Blatt eines Baumes fallen sahen, aber glauben Sie mir, das ist nichts im Vergleich zu dem An-31

    blick eines Trompetenbaumes, der meint, nun sei Winter.
    Tja, genauso war es bei mir. Platsch. Alle Blätter fielen herab, und statt mit Anstand und Würde langsam dahinzuwelken, wie von einem erwartet wird, habe ich beschlossen, einfach zu verschwinden.
    Wie die Trompetenbaumblätter – ganz plötzlich. Kein Blick zurück, keine Reue, der endgültige Bruch mit allem. John le Carré brachte mich auf die Idee. Man macht’s einfach wie die Spione. Wir alle sind natürlich Spione, aber manche eben mehr als andere.
    Übrigens«, meinte sie zu Kate, »weiß ich mehr über Sie, als ich neulich nachmittag durchblicken ließ. Ich weiß zum Beispiel, daß Sie rauchen. Obwohl Sie es seit langem aufgeben wollen, rauchen Sie ab und zu, was für mich günstig ist, denn ich rauche auch. Darf ich mir eine anstecken? Möchten Sie auch eine?« Kate schüttelte den Kopf. »Wirklich schade. Ich bin in dem Alter, wo mir Genüsse wichtiger sind als meine Gesundheit. Mehr als noch ein paar intensive Jahre erhoffe ich mir sowieso nicht. Wie ich hörte, trinken Sie auch, konsumieren maßlos Koffein und sind der Meinung, tierische Fette seien unerläßlich für die menschliche Widerstandskraft. Deshalb habe ich mich darauf gefreut, Sie kennenzulernen. Aber auch wenn ich mich nicht darauf gefreut hätte, wäre ich entschlossen gewesen, Ihre Bekanntschaft zu machen. Und ich freue mich, sie gemacht zu haben.«
    Kate nickte. Sie hatte schon sagen wollen: ich freue mich auch, unterließ es aber, denn so sicher war sie sich nicht.
    »Ich habe mich in Luft aufgelöst«, fuhr Harriet fort. »Bin verschwunden, unauffindbar, einfach weg. Jetzt werde ich als vermißte Person in den Akten geführt, und die werden höchstwahrscheinlich bald mit dem Vermerk ›Unaufgeklärt‹ geschlossen. Ich dachte, wenn es le Carrés Figuren gelingt, einfach zu verschwinden und unerkannt woanders wieder aufzutauchen, kann ich das auch. Haben Sie ›Das Rußland-Haus‹ gelesen? Die Smiley-Bücher sind die besten, aber seit der Verfilmung mit Alec Guinness ist Smiley kaum noch ein Geschöpf le Carrés. Eigentlich kein Wunder. In le Carrés Büchern verschwinden alle möglichen Personen einfach, manche sogar zweimal. Und ich kam auf die Idee, das gleiche zu tun. Ich bin ein großer le Carré-Fan; ich weiß, was Frauen betrifft, ist er ein hoffnungsloser Fall, aber wenigstens ist er nicht Norman Mailer. Jedenfalls beschloß ich, Spionin zu werden. Oh, nicht für die Regierung. Verbrecher und Dreckskerle, die ganze Bande. Nein, eine moderne Spionin. Und als Betätigungsfeld suchte ich mir die Schuyler Law School aus.«
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    »Warum wollten Sie denn überhaupt Spionin werden?« fragte Kate.
    »Weil ich der Meinung bin, daß ich mich hervorragend dafür eigne. Wer kann sich schon so gut wie eine alte Frau an allen möglichen Leuten vorbeimogeln, sogar Pförtnern mit

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