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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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›Einlaß-nur-für-angemeldete-Besucher‹-Schildern an ihrer Loge? Sie wohnen in einem gut bewachten Haus, deshalb mußte ich die Tante spielen.
    Normalerweise nehmen die Pförtner in Apartmentblocks wie Ihrem einfach an, ich würde dort wohnen, denn natürlich gibt es viele alte Frauen unter den Mietern oder regelmäßigen Besuchern, und wir sehen uns alle ähnlich. Es funktioniert wie ein Zauber. Ich weiß gar nicht, warum ich nicht schon Vorjahren auf die Idee gekommen bin.«
    »Und was haben Sie getan, ehe Sie verschwanden?« fragte Kate.
    »Ehe alle Blätter auf einmal abfielen?« Reed war immer noch wie betäubt, und Kate hatte das Gefühl, daß es an ihr war, die Unterhaltung in Gang zu halten. Außerdem stellte sie überrascht fest, daß es sie wirklich interessierte.
    »Ich war natürlich Professorin. Was sonst? An einer Universität weit außerhalb Bostons, Cambridge also wohlgemerkt nicht. Ich hatte ein Haus wie alle anderen, einen Hund und ein Grundstück mit reichlich Platz für einen Garten. Meine Idee war, eines Tages, wenn ich Zeit hätte, mit dem Gärtnern anzufangen. Reinster Quatsch natürlich. Genau wie bei den Leuten, die behaupten, sie wünschten sich die Zeit, endlich all die Bücher zu lesen, zu denen sie nie kämen.
    Wenn sie die Bücher wirklich lesen wollten, würden sie es auch tun, so wie ich einen Garten angelegt hätte. Eines Tages begriff ich, daß ich nie eine Blume oder sonst etwas pflanzen würde, und als nächstes wurde mir klar, daß ich nie wieder einen Fuß in meine Universität setzen und mir all die zweitklassigen Männer und Frauen anhören wollte, die noch nicht mal genug Mumm haben, es mit einer kampflüsternen Maus aufzunehmen. Also reiste ich über die Weihnachtsfe-rien nach London, nachdem ich mein Haus billig an eine Freundin verkauft hatte, der es schon immer gefiel, die sich den vollen Preis aber nicht hätte leisten können und die obendrein bereit war, den Hund zu übernehmen. Dann flog ich zurück und verschwand einfach. Ich ging davon aus, man würde annehmen, daß ich nie mein Haus verkauft hätte, wenn nicht in der Absicht zu sterben. Und wen hätten solche Absichten überraschen sollen angesichts meines mürri-schen Wesens, das sich in letzter Zeit bedenklich verschlimmert 33

    hatte? Ich verschwand, werde für tot erklärt, nicht amtlich natürlich, aber das schert mich nicht im geringsten.«
    »Aber – «, begann Kate, wurde jedoch unterbrochen.
    »Ich ahne all Ihre Fragen. Warum lassen Sie mich nicht einfach die beantworten, die ich mir denken kann, dann brauchen Sie nicht so viele zu stellen. Aber wenn Sie nicht warten können – keine Scheu, fragen Sie mich, was Sie wollen. Erzählen Sie nur niemandem, daß Sie mich kennen, mich getroffen haben oder irgend etwas über mich wissen – kein Sterbenswort. Einverstanden?«
    Kate nickte. Es war eine neue Erfahrung für sie, jemandem zuzuhören, der mehr redete als sie und kein einziges Wort von ihr erwartete. Sie fand das erfrischend, und es kostete sie bemerkenswert wenig Anstrengung. Nach einem leichten Rippenstoß von Kate nickte auch Reed.
    »Ich hatte mir meine Pension auszahlen lassen. An meiner Universität konnte man das glücklicherweise tun, sobald man sechzig war. Meinen Mann hatte ich überredet, die Hinterbliebenen-Versorgungsklausel bei seiner Pension zu streichen und sich dafür einen höheren Betrag zu seinen Lebzeiten auszahlen zu lassen. Er starb vor fünf Jahren, und er genoß seinen Ruhestand, ohne sich als Gärtner zu betätigen, Tolstoi zu lesen oder sonstwas, wozu er nie gekommen war. Er begeisterte sich allerdings plötzlich für Computer, aber das hat eigentlich nichts mit meiner Geschichte zu tun.
    Wenn es einen Computerhimmel gibt, ist er bestimmt dort. Ich tauschte den Scheck, den ich für das Haus bekam, in Bargeld um, und da ich ja eigentlich nicht existiere und für tot gehalten werden will, entschloß ich mich, nur noch mit Bargeld zu operieren, was viel gebräuchlicher ist, als wir, die wir nur an Gehaltsschecks gewöhnt sind, uns vorstellen. Es ist gar nicht so schwer wie man denkt. Die Schuyler bezahlt mich natürlich per Scheck, den ich dann auf der Bank einlöse, bei der ich mit meinem hübschen, erschwindelten Ausweis ein Konto eröffnet habe, aber abgesehen von dem Schuyler-Scheck gibt es bei mir nur Bargeld-Transaktionen. Meine Zimmer-miete, alles zahle ich bar. Ich bin eine Untergrundspionin in Amerika, und meine Ideen hole ich mir bei John le Carré. Das macht mir

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