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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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außerordentlich Spaß. Und wie ich schon sagte«, fügte sie hinzu, »ist Harriet der Name, den ich nach meiner Wiederauferstehung angenommen habe. Verschwenden Sie also keine Zeit damit, die Vorle-sungsverzeichnisse aller möglichen Universitäten durchzugehen.«
    »Wieso war mein Seminar an der Schuyler der Grund, daß Sie 34

    mich kennenlernen wollten?«
    »Wie Sie wissen, verändern sich die Dinge unter der Einwirkung von Druck. An der guten alten Schuyler gab es einen solchen Aufruhr wegen frauen- und minderheitenfeindlicher Ansichten, daß man sich bereit erklärte, ein Seminar über Frauen in Literatur und Recht einzurichten, das von einem Juraprofessor gemeinsam mit jemand von außerhalb gehalten werden soll. Jemand, der, wie zu hoffen steht, die Diskussion über Schleichwege zu Jane Eyre führt, den Testamenten in ›Sturmhöhe‹ und den Urteilen über Orest und Billy Budd. Und dieser Jemand sind Sie, meine Liebe. Ich weiß, damit habe ich Ihre Frage noch nicht beantwortet, warum ich im Theban auftauchte. Es mußte so aussehen, als sei ich zufällig dort und hätte Sie ganz spontan angesprochen. Das sehen Sie doch ein.«
    »Nein«, sagte Kate. »Tue ich nicht. Warum mußten Sie mich zu-fällig treffen?«
    »Es war wichtig, daß Sie mich schon einmal gesehen hatten, ehe ich in Ihre Wohnung eindrang. Sie haben mich gleich wiedererkannt, nicht wahr? Ich wollte mit Ihnen sprechen, aber privat, und irgendwie mußte ich mich ja einführen, damit Sie bereit dazu waren. Und wie Sie sehen, sind Sie es. Ich kann es Ihnen natürlich nicht verdenken, wenn Sie jetzt das Gefühl haben, ein Kätzchen kennengelernt zu haben, das sich in einen Tiger verwandelt hat«, schmunzelte Harriet.
    »Ich komme mir ja selbst so vor.«
    Reed war offenbar zu dem Schluß gekommen, nun sei der Punkt erreicht, sich in das Gespräch einzuschalten. »Eins verstehe ich nicht. Und ich glaube auch nicht, daß Kate es versteht. Warum muß-
    ten Sie sie unbedingt sprechen, privat oder sonstwie? Zugegeben, Sie werden beide an der Schuyler arbeiten – ebenso wie ich. Aber wenn Sie unsere Bekanntschaft machen wollten, hätte es doch gewiß weniger dramatische Wege gegeben, das zu tun.«
    Harriet starrte in ihr leeres Glas und drehte es zwischen den Fin-gern. »Erinnern Sie sich an die Dozentin der Schuyler, die kurz nach ihrer Berufung unter einen Laster kam und starb? «
    »Vage«, meinte Reed. Jetzt war Kate an der Reihe, in tiefes Schweigen zu versinken. »Ich kann mich nur ganz schwach daran erinnern. In dieser gewalttätigen Stadt hätte die Sache wohl überhaupt kein Aufsehen erregt, wenn ihre Fakultät nicht beschlossen hätte, sie nach ihrem Tod zu verspotten und eine Parodie ihrer Ideen zu veröffentlichen.«
    »Sosehr ich diese Stadt liebe, aber Katastrophen erregen hier 35

    kaum noch Aufmerksamkeit«, stimmte Harriet ihm zu. »Die Frage ist: fiel sie, oder wurde sie gestoßen? Unter den Laster, meine ich.
    Die Polizei fand keine Beweise, daß sie gestoßen wurde, was aber nicht bedeutet, daß es nicht doch so war. Kommt es Ihnen nicht auch sonderbar vor, daß die erste Frau mit Lehrstuhl an der Schuyler eines gewaltsamen Todes starb? Ist das eine zu heikle Frage? Sehen Sie, über genau solche Fragen wollte ich mich mit Ihnen beiden unterhalten. « Sie blickte Reed an.
    »Für heute abend ist sie ganz gewiß zu heikel«, meinte der. »Da-zu fehlt mir eindeutig zu dieser Stunde die Puste. Aber wir kommen bald wieder zusammen, das verspreche ich.«
    »Na gut.« Harriet schaute mit einer gewissen Melancholie in ihr leeres Glas. »Wenn Sie meinen.« Sie stellte ihr Glas ab und erhob sich. »Sie sind verärgert, weil ich hier eingedrungen bin. Eine etwas übertriebene Inszenierung, das gebe ich zu, und ich entschuldige mich. Aber bitte, versuchen Sie, mir zu vertrauen. Wissen Sie, was Smiley zu den Studenten am Sarratt sagte, als sie ihn fragten, woran man eine Lüge erkennt? Er sagte: ›Ach, es ist schon eine gewisse Kunst, einen Lügner zu überführen. Aber die wirkliche Kunst besteht darin, die Wahrheit zu erkennen, und das ist wesentlich schwieriger‹.«
    Diesmal sah sie Kate an, die den Kopf schüttelte, um ihr zu bedeuten, daß ihr Smileys Worte neu waren.
    »Also«, grummelte Reed, »bevor ihr beide anfangt, euch gegenseitig mit Zitaten zu bombardieren, verschwinde ich ins Bett. Ich finde, für einen Abend ist’s nun wirklich genug, meint ihr nicht?«
    »Recht haben Sie. Ich gehe jetzt, und wenn ich wiederkomme, dann nur, weil

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