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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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verkneife mir den Hinweis, daß es wohl schwierig wäre, jemand weniger Interessanten als ihren Gegenwärtigen zu finden. Aber genug davon. Wollen wir jetzt zu der Party gehen? Wenn wir dort möglichst früh erscheinen, könnte das auf einen gewissen Enthu-siasmus Ihrerseits deuten, und diesen Eindruck zu erwecken, ist vielleicht die Mühe wert.«
    »So viel kann man hier doch gar nicht gegen mich haben, oder?«
    »Nur aus den pursten sexistischen Motiven hat man etwas gegen Sie. Reed und sein Projekt sind viel bedrohlicher. Denn erstens macht es deutlich, daß man sich hier bislang nie zu einem Projekt aufgerafft hat, bei dem die Studenten mit der wirklichen Praxis zu tun haben, und zweitens wird die Schuyler-Professorenschaft immer nervös, wenn die Studenten Gefahr laufen, neue Einsichten zu gewinnen.«
    52

    »Ich hoffe nur, uns gelingt es tatsächlich, die Studenten in diese Gefahr zu bringen«, sagte Kate steif.
    »Hoffen wir’s.«
    »Blair«, meinte sie dann, »ich bin mir nicht sicher, ob Sie oder sonst jemand hier sich überhaupt vorstellen kann, wie ignorant ich bin, was juristische Fakultäten betrifft. Ich weiß nicht einmal, wor-
    über Sie sonst Vorlesungen halten. Reed lehrt Strafrecht, aber auch darüber weiß ich im Grunde nur, was ich in den täglich öder wer-denden Zeitungen lese.«
    »Ah«, Blair lehnte sich zurück. »Wo beginnt die strafrechtliche Verantwortung? Das ist, wie jemand sagte, des Pudels Kern. Sie wissen es nicht, ich weiß es nicht, Reed hat wahrscheinlich eine Vorstellung, aber ich versichere Ihnen, kein einziger unserer Juraprofessoren hat die leiseste Ahnung; sie begnügen sich damit, Rehnquist und Scalia in allen Punkten zuzustimmen, eingeschlossen des sofor-tigen Vollzugs der Todesstrafe.«
    »Daß die Dozenten hier nicht gerade die Vorhut progressiven Denkens sind, habe ich mir fast gedacht. Aber ehe ich ihnen begegne, wäre es mir doch lieb, Sie gäben mir einen kurzen Überblick, mit welchen Figuren die Bühne besetzt ist.«
    »Wie am Anfang von einem dieser altmodischen Filme mit Er-zähler?« schnaubte Blair.
    »Ich mag solche Filme. Sie sind zwar nicht mehr in Mode, aber ich fand sie immer sehr britisch und interessant; viel besser als diese Avantgardefilme, wo man erst ganz am Schluß, und oft nicht mal dann, dahinterkommt, was gespielt wird.«
    »Also gut«, gab sich Blair geschlagen, »denn wir befinden uns hier eindeutig in einem altmodischen Film. Beginnen wir mit den Verträgen.«
    »Unseren Verträgen? Sie gelten ja Gott sei Dank nur für ein Semester.«
    »Nein. Ich meine den Grundkurs Vertragsrecht. Hat Reed Ihnen nichts über die Lehrpläne an juristischen Fakultäten erzählt?«
    »Nein. Er hätte es bestimmt getan, aber ich habe ihn nie gefragt.
    Wahrscheinlich habe ich nie von Vertragsrecht gehört, weil er das nicht lehrt, sondern Strafprozeßrecht, und ab und zu hält er Vorlesungen über Beweisrecht. «
    »Lehrt er überhaupt keine Erstsemester-Themen?« fragte Blair.
    »Nur gelegentlich. Wenn ich recht verstanden habe, gibt es einige Kollegen, die sich darum reißen, die anderen kommen nur alle paar 53

    Jahre an die Reihe.«
    »Beneidenswerter Reed. An der Schuyler muß jeder Grundkurse übernehmen.«
    »Die da wären?« fragte Kate bestimmt. »Ich warte auf Ihre Stimme aus dem Off.«
    »Außer dem Vertragsrecht gibt es die folgenden Grundkurse«, dozierte Blair, » – und ich gehe davon aus, Sie haben ihren Stift gezückt, denn ich werde es keinesfalls wiederholen: Verfassungsrecht, Straf recht, Eigentumsrecht, Verfahrensrecht und Schadenersatzrecht.«
    »Na, jetzt kommen wir zur Sache«, meinte Kate gutgelaunt. »Al-so, in die sechs Grundkurse bin ich nun eingeweiht und habe nicht die Absicht, Sie nach den Fortgeschrittenen-Kursen zu fragen. Die heben wir uns für ein andermal auf.«
    »Ein Moment, dem ich voll Ungeduld entgegensehe. Von den Kursen für die höheren Semester sind einige Kernkurse, andere nicht. Das heißt, die Kernkurse müssen von allen Studenten belegt werden, unabhängig von ihren speziellen Interessen, während ihnen daneben Kurse angeboten werden, die sie je nach Interesse belegen können.«
    »Was genau geschieht in einem Projekt? Und warum gab es an der Schuyler bisher kein einziges mit Praxisbezug, sondern nur die simulierten Gerichtsverhandlungen?«
    »Seien Sie kein Snob. In den simulierten Verhandlungen kann man genausoviel lernen wie in wirklichen. In beiden geht es darum, daß die Studenten ihr Geschick als Anwälte

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