Spitfire: Kühler Tod
einladen würde.«
Ich verstehe, was sie meint. Plötzlich krachen an der Bar Schüsse. Der donnernde Widerhall von den Betonwänden und Böden schmerzt in den Ohren. Wir ducken uns. Nickels nimmt mich in den Schwitzkasten. Ich drehe mich nach Sam und Sam um, sie sind in Ordnung. In ihren Augen sehe ich meine Angst gespiegelt.
»Wartet hier!«, ruft Nickels und hechtet mit gezogener Pistole nach vorne.
Bei mir schrillen alle Alarmglocken. Panisch und orientierungslos kämpfe ich mich hoch und will hinter Nickels her, als die Hintertüren auffliegen. Grelles Sonnenlicht sticht mir in die Augen und ich höre Gebrüll. Dann kracht ein Donnerschlag auf meinen Kopf nieder und alles wird schwarz.
KAPITEL 34
Montag, 22. August
Eine halbe Stunde, nachdem Whims Gedenkfeier begonnen hatte, kam irgendein Vollpfosten auf die Idee, eine Reihe Feuerwerkskracher zu zünden – hatte es wohl für eine Silvesterparty gehalten. Als die Spezialeinheit die Bar stürmte, bekam Sequoia, der Typ, der mit Nummer zwei Billard gespielt hatte, Panik. Gegen ihn lagen einige Haftbefehle vor und er meinte wohl, er würde durch das Schwingen seiner Ein-Liter-Starkbier-Flasche genug Zeit zum Entkommen gewinnen.
Leider durchkreuzte mein Schädel seine Pläne. Ich wurde bewusstlos geschlagen und Sequoia verhaftet. Auf eine Anzeige habe ich verzichtet, der Kerl hat so schon genug Sorgen.
Als ich wieder zu mir kam, war die Welt laut und hektisch. Nickels und die beiden Sams standen über mich gebeugt, während sich unter mir warmes Blut mit kaltem Bier mischte.
Sie brachten mich in Nickels Auto mit heulender Sirene ins Krankenhaus. In der Notaufnahme bemerkte der Arzt, es sei mein Glück gewesen, dass ich meine Haare zu einem Chignon aufgesteckt hatte. Ich war tief beeindruckt, weil er wusste, wie diese Frisur hieß. Ich hatte es nicht gewusst. Der Arzt meinte, der dicke Haarknoten habe die Flasche abgelenkt, sodass mich der Schlag nur gestreift hätte.
Nur gestreift – ja, klar! An meinem Hinterkopf klaffte ein fünf Zentimeter langer Riss, der mit zehn Stichen genäht werden musste! Gebrochen ist nichts, aber ich habe eine leichte Gehirnerschütterung. Als wir aus dem Krankenhaus kamen, war es bereits dunkel. Nickels fuhr mich heim zu Papa.
Am nächsten Morgen erwache ich in meinem Kinderzimmer mit einem blauen Auge, von dem ich noch gar nichts gewusst hatte, mit rasenden Kopfschmerzen und mit einem Haarwust, der nach schalem Bier stinkt.
Die Haarsträhnen sind so verklebt, dass sie aussehen wie Lakritzstangen. Ganz langsam setze ich mich auf, krieche aus dem Bett und wanke die Treppe hinunter.
Als ich die Küchentür aufdrücke, erblicke ich Papa, der Agent Mallory gerade zeigt, wie man Chilaquiles zubereitet. Das ist ein Frühstück aus Maistortillas, Eiern, Frischkäse, scharfer Salsa, Koriander und Avocado. Ein echtes Wundermittel gegen Kater. Ob es wohl auch bei einer Gehirnerschütterung hilft?
Letzte Nacht hat mich Papa jede Stunde geweckt, um sicherzugehen, dass es mir gut geht, und jetzt wirkt er müde. Als er mich sieht, legt er den Löffel hin und umarmt mich vorsichtig. »Wie geht es dir?«
»Ganz gut.« In Wahrheit fühle ich mich, als hätte mir jemand den Schädel gespalten, ihn dann wieder zusammengequetscht und mit einem rostigen Angelhaken festgesteckt, aber das muss Papa ja nicht wissen.
»Ich habe den Bericht gelesen. Klingt ja nach einer echten Hammerparty«, sagt Mallory.
»Sie haben ja keine Ahnung«, gebe ich zurück und spüle zwei Paracetamol mit frisch gepresstem Orangensaft hinunter. Ich habe versucht, an etwas Stärkeres ranzukommen, Valium zum Beispiel, aber da wollte der Arzt nicht mitmachen.
Es klingelt an der Tür. »Das ist Agent Renner«, sagt Mallory. »Ich gehe schon.«
Sobald Mallory aus der Tür ist, läutet das Telefon und jagt damit einen stechenden Schmerz durch meinen Kopf. Das Wandtelefon in der Küche sieht aus wie einer dieser Retroapparate mit Wählscheibe, nur dass dieses hier echt ist. Ich nehme ab, bevor es noch einmal läuten kann.
Da dieses Ding gut hundert Jahre mehr auf dem Buckel hat als die Anruferkennung, entscheide ich mich wieder einmal für meine Neuguinea-Begrüßung. »Ambo?«
»Hi Tomi. Wie geht es dir?« Es ist Sam.
»Super«, murmle ich. »Meine Haare stinken und ich darf sie erst waschen, wenn die Fäden gezogen sind.«
»Wie lange dauert das?«
»Weiß nicht. Ein paar Tage?«
»Tja … Bier ist toll für die Haare«, tröstet Sam.
»Aber nur, wenn man
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