Spitfire: Kühler Tod
Bar?«, fragt er ungläubig.
»Es ist eine Privatparty. Donkey … der Wirt … hat sämtlichen Alkohol weggeschlossen. Aber er spendiert Pappbecher und die Shaker.«
Auf der Bay Bridge betrachte ich das näher kommende Durcheinander der alten und neuen Häuser an San Franciscos Küstenstraßen.
»Warum heißt der Kerl Donkey?«, fragt Nickels schließlich.
»Weil er so ein Esel ist.«
Nach einer weiteren langen Stille breche ich schließlich das Schweigen. »Was soll ich sagen? Wenn die Leute fragen, wer du bist, meine ich.«
»Was würdest du denn gerne sagen?«
»Das hier ist Nick und wir haben es gerade auf dem Rücksitz seines Autos getan.«
Nickels lacht. »Keine Chance. Nicht, solange die Spezialeinheit den Parkplatz überwacht.«
»Umso besser.« Grinsend hebe ich eine Braue.
Das
Ham on Rye
platzt aus allen Nähten! Die Musik ist voll aufgedreht und ich spüre den Bass in meiner Brust wummern wie einen zweiten Herzschlag. Ein Riesenposter von einer verschwitzten Whim auf ihrem Fahrrad bei vollem Tempo hängt über der Bar. Darunter prangt ein Banner mit dem Schriftzug:
Whim ist tot, aber ihre Untaten leben weiter!
Whim hat zwar nur für
Quicky
gearbeitet, aber jeder Fahrradkurierfahrer der Stadt ist hier. Da die Bar heute nicht für die Öffentlichkeit geöffnet ist, stehen die Fahrräder drinnen an den Wänden aufgereiht. Die meisten davon sind Hybride, aus Teilen mehrerer Fahrräder zusammengebastelt, um das perfekte Stadtgefährt zu kreieren.
Doch nicht nur Kuriere, sondern Menschen aus allen möglichen Lebensbereichen sind hier versammelt. Der Schleier aus Traurigkeit, in den ich eingewickelt war, lüftet sich, doch dann wird mir wieder bewusst, dass sich vielleicht auch der Mörder in unserer Mitte befindet.
Sam und ihr Freund haben gesagt, sie seien beim Pool – also beim Billard, nicht beim Schwimmen. Wir bahnen uns einen Weg nach hinten und ich umarme alle, die ich kenne, und lächle jeden traurig an, der mir in die Augen sieht. In der Bar wird geraucht, was in San Francisco sehr ungewöhnlich ist.
Die Party hat gerade erst begonnen, doch einige sind bereits betrunken und nackt – jedenfalls obenrum. Rauchschwaden, die schwer nach Pot riechen, wabern uns entgegen. Vielleicht war es ja doch keine so gute Idee, Nickels mit hierherzubringen. Wo man auch hinsieht, werden Gesetze gebrochen.
Sobald wir weit genug vom Lautsprecher entfernt sind, um das eigene Wort wieder verstehen zu können, frage ich: »Du wirst hier doch niemanden verhaften … oder?«
Nickels grinst. »Nur, wenn sich uns jemand als Mörder vorstellt.«
Ich sehe über Nickels Schulter und erblicke Herpes, der sich durch die Menge schiebt. »Hey Tomi, hast du mich vermisst?«, ruft er.
»Warst du denn weg?«
»Bin verhaftet worden … wegen Besitzes.«
»Du warst besessen? Na, das erklärt so einiges.« Ich schlage mir mit der Hand gegen die Stirn.
»Ha, ha, selten so gelacht, echt, du bist ein richtiger Scheißbrüller«, giftet er zurück.
Ich fühle, wie sich Nickels neben mir versteift. Ich fürchte schon, dass er jeden Moment seine Knarre zieht, und lege ihm beruhigend die Hand auf den Arm. Dann stelle ich sie einander vor.
Nickels muss den Namen erkannt haben, er entspannt sich. »Um was für einen Besitz ging es denn?«
Herpes mustert Nickels. »Bist du ’n Cop?«
»Wisst ihr, was ich finde?«, werfe ich ein, bevor Nickels etwas entgegnen kann. »Ich finde, es sollte alles legalisiert und besteuert werden, zuallererst die Prostitution. Ich meine … warum ist es ein Verbrechen, wenn zwei Erwachsene Geld gegen Sex tauschen? Wird in der Ehe doch auch so gemacht.«
»Prostitution?«, hakt Nickels nach und sieht mich unverwandt an.
Ich nicke. »Prostituierte sollten regelmäßige ärztliche Untersuchungen und bessere Löhne bekommen.« Ich überlege kurz. »Damit wäre Uncle Sam quasi ihr Zuhälter, oder? Irgendwie fand ich den alten Knacker auch immer gruselig … wie der so mit dem … Finger deutet.«
»Und wie sieht’s mit Drogen aus?«, will Nickels in einem Ton wissen, als würde er mit einem kleinen Kind sprechen.
»Mithilfe der Drogen sondert die Evolution die Dummen aus«, erkläre ich prompt und werfe Herpes einen Blick zu, der eifrig nickt.
»Ich … verstehe«, konstatiert Nickels.
»Hast du deinen Job verloren?«, frage ich Herpes.
»Schön wär’s«, schnaubt der. »Der ist lebenslänglich. Ach ja …«, fällt ihm da etwas ein. »Ich muss mal mit dir
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