Spitfire: Kühler Tod
reden … unter vier Augen.«
Ich nicke Nickels mein Einverständnis zu und entferne mich mit Herpes ein paar Schritte. Dann beugt sich Herpes zu mir. »Deaver war da.«
»Wirklich? Warum hast du mich nicht angerufen?« Ich zwicke ihn.
»Autsch! Hab ich doch! Ich habe dir auf Band gesprochen, E-Mails geschrieben und gesimst«, verteidigt sich Herpes gekränkt.
»Tschuldigung«, sage ich, als mir wieder einfällt, dass ich ja Handy und Laptop ausgeschaltet hatte. Papas Nummer habe ich an all jene weitergegeben, mit denen ich gerne in Kontakt bleiben wollte. Aber Herpes war da irgendwie nicht dabei.
Eine warme Hand legt sich auf meine Schulter. Ich erwarte Nickels und drehe mich um. Vor mir steht ein lächelnder Scott. Er passt so überhaupt nicht hierher, dass ich einen Moment brauche, ihn als meinen Boss einzuordnen. »Scott … was machen Sie denn hier?« Ich klinge, als wäre ich außer Atem – nein, ich bin es tatsächlich.
Scott streckt Herpes die Hand entgegen. »Hi, ich bin Scott Martin.«
Mit kaum verhohlenem Desinteresse mustert ihn Herpes. »Außen hui … innen pfui«, bemerkt er dann und gesellt sich zu einer Gruppe Hängertypen, die eine kunstvoll verzierte gläserne Wasserpfeife herumreichen. Ich zucke entschuldigend mit den Schultern.
»Sam hat mir von dieser … Gedenkfeier erzählt. Ich bin zufällig vorbeigekommen und dachte, ich schaue kurz rein und erweise meinen Respekt.« Er sieht sich um. »Das nenne ich mal eineParty.« Sein Blick bleibt an zwei barbusigen Frauen hängen, die sich gerade gegenseitig großzügig mit Fingerfarben bemalen.
Nickels taucht neben mir auf und legt besitzergreifend einen Arm um mich. Es gefällt mir gar nicht, dass mein Privatleben plötzlich mit meiner Arbeitswelt kollidiert, aber was kann ich tun?
»Scott, darf ich Ihnen Nick vorstellen? Nick, das ist mein Boss, Scott.« Die Nachnamen lasse ich bewusst weg. Nickels und Scott schütteln sich die Hände, so wie es zwei Alphamännchen tun, wenn ein heißes Alphaweibchen dabei ist.
»Sie sind also Feuerspringer?«
Nickels starrt erst Scott verständnislos an, dann mich. Diese Lüge hatte ich völlig vergessen. Gedanklich trete ich mir für dieses Versäumnis kräftig in den Hintern.
»Das … hat er aufgegeben, als er hierhergezogen ist«, platze ich heraus.
»Genau. Ich würde alles aufgeben, damit ich bei Tomi sein kann«, bekräftigt Nickels und umschlingt meine Taille wie ein Python.
»Wer nicht?«, entgegnet Scott lächelnd und schulterzuckend. »Suchen Sie nach einem Job? Ich könnte mich mal umhören.« In seiner Stimme liegt ein Anflug von Herablassung.
»Danke, aber …«
»Er hat schon einen, bei der Feuerwehr«, falle ich Nickels ins Wort – der mich anstarrt, als wäre ich auf Crack.
»Großartig«, ruft Scott. »Gold im Frieden, Eisen im Krieg.«
»Das ist das Motto der Polizei«, korrigiert ihn Nickels.
Sie starren sich an. Ich unterbreche dieses Blickduell mit den Worten: »Sam ist weiter hinten. Sie sollten ihr auch Hallo sagen.«
Scott sieht auf die Uhr. »Ich muss los.«
Ich würde gerne nach meinem Job fragen, aber das wäre doch irgendwie geschmacklos, oder? Wir verabschieden uns und Nickels sieht ihm nach.
Beim Billardtisch finden wir Sam und ihren Freund Sam. Ja, sie heißen beide Sam, was ganz schön verwirrend sein kann. Wenn wir drei zusammen sind, versuche ich sie möglichst nicht mit ihrenNamen anzusprechen. Oder heißt es in dem Fall: mit ihrem Namen? Wenn es sich gar nicht vermeiden lässt, dann nenne ich sie Eins (Sam, weiblich) und Zwei (Sam, männlich).
Mit ihren dunklen Haaren, den braunen Augen und der milchweißen Haut könnten sie glatt als sehr attraktive Zwillinge durchgehen. Sam Nummer eins nimmt gerade einen Schluck aus einem Pappbecher, während Sam Nummer zwei die rote Kugel versenkt. Als sie mich sieht, kommt Eins zu mir und umarmt mich. Dann tut Zwei dasselbe.
Als ich sie Nickels vorstelle, ist mir zum Heulen. So hatte ich mir dieses Treffen nicht ausgemalt. Wir hätten zusammen im Kino sein sollen oder so … mit Whim.
Ich schraube die Wodkaflasche auf und gieße drei Fingerbreit davon in Sams Becher. Wir teilen. Da Nickels im Dienst ist, biete ich ihm erst gar nichts an.
»Du hast Scott verpasst. Er konnte nicht bleiben«, berichte ich.
Sam verschluckt sich an ihrem Wodka. »Scott Martin war hier?«
Ich blinzele sie verwirrt an. »Hast du ihn denn nicht eingeladen?«
»Ja, klar. Als ob ich einen Pfadfinder in die Hölle
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