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Spittelmarkt

Spittelmarkt

Titel: Spittelmarkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernwald Schneider
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›Brüder und Schwestern‹ werden wollte, du nichts dagegen einzuwenden hättest?«
    Sie lächelte und ihre Augen bekamen einen leuchtenden Glanz. »Warum sollte ich wohl etwas dagegen haben? Es würde mich sogar freuen, wenn wir unser Verhältnis auf eine neue Grundlage stellen könnten«, sagte sie. »Aber dir ist natürlich klar, dass du nur Mitglied werden kannst, wenn du wirklich zu unserer Sache stehst, oder? Dazu gehört zunächst, dass du deine New Yorker Eindrücke nicht weiter hinterfragst. Dein Blick muss nach vorne gerichtet sein. Es ist sinnlos, in der Vergangenheit zu forschen, egal wie lang oder kurz sie zurückliegt, sie ist vorbei.«
    »Ich werde mir Mühe geben, mit dir einer Meinung zu sein«, erwiderte ich.
    In diesem Moment wurde die Schiebetür zu einem angrenzenden Wohnraum ein Stück weit aufgesperrt und durch die entstandene Lücke spähte das Gesicht von Rudolf, Doris’ Ehegatten, zu uns herein.
    »Eugen, sei gegrüßt!«, rief Rudolf Mantiss mir zu. »Störe ich etwa?«
    »Komm ruhig herein«, antwortete Doris statt meiner.
    »Nein, du störst nicht«, fügte ich hinzu.
    Er trat näher und schüttelte mir die Hand, dann setzte er sich in den Sessel seitlich von uns.
    Rudolf hatte mehrere Romane verfasst, die überwiegend im untergegangenen Atlantis spielten, und die, wie ich gehört hatte, vom Kampf edler nordischer Menschen gegen fremdrassige Finsterlinge handelten. Die Bücher verkauften sich gut in Zeiten wie diesen, ich selbst hatte jedoch nicht vor, auch nur eines davon zu lesen.
    »Jetzt musst du mir erzählen, wie es in Amerika war«, forderte Rudolf mich auf. »Wie ich hörte, gab es ein paar Probleme?«
    Wie ein Schriftsteller oder Bücherwurm sah Rudolf nicht aus; vielmehr verkörperte er immer noch den Offizier von hohem Rang, der er bis zu seinem Abschied von der Reichswehr bis Mitte der 20er-Jahre gewesen war. Sein volles Haar war silbern, das Gesicht hager, mit markanten Zügen, die Haut gebräunt, als hätte er soeben Urlaub auf den sonnenbeglänzten und schneebedeckten Gipfeln der Alpen gemacht. Er war groß, schlank und sehnig, und trotz seiner Jahre alles andere als ein älterer Mann. Auch äußerlich passten Doris und er trotz des nicht unerheblichen Altersunterschieds gut zusammen. Für Rudolf war es die zweite Ehe. Seine erste Frau war gestorben und mit seinen Kindern hatte er sich angeblich überworfen; Einzelheiten waren mir nicht bekannt.
    »Ja, es war etwas durchwachsen«, gab ich zurück, »aber im Nachhinein möchte ich das Abenteuer nicht missen.«
    »Das hört sich doch gut an«, sagte er. »Schieß los!«
    Ich fing an, Doris und ihm von der Reise zu erzählen, von dem blendenden Wetter auf der Überfahrt, von der Ausstattung der ›Bremen‹ und von den Sehenswürdigkeiten in New York und fügte dann hinzu: »Es wäre wie ein Urlaub gewesen, wenn Florence nicht gestorben wäre, während ich bei ihr zu Besuch war.«
    Rudolf nickte. »Sie tut mir leid – allerdings war ihr Abschied unnötig melodramatisch.«
    »Du meinst, sie hätte sich einen besseren Zeitpunkt aussuchen sollen?«
    Er nickte erneut. »Ja, wenn ich das so sagen darf! Sie hätte dir das nicht antun müssen. Ihr habt euch doch gut gekannt.«
    Ich sah ihn zweifelnd an, verkniff mir hingegen eine Bemerkung.
    »Gehörst du auch zu den ›Brüdern und Schwestern vom Licht‹?«, fragte ich ihn.
    »Na, was denkst du denn, wo ich Doris das erste Mal begegnet bin?«
    »Ach herrje! Da bin ich nahezu ausschließlich von ›Brüdern und Schwestern‹ umgeben und habe es nicht einmal bemerkt!«
    Er nahm die Rotweinflasche und füllte sein Glas: »Fühlst du dich denn nicht auch als einer der Unsrigen?«
    »Wie sollte ich, wenn ich nicht einmal weiß, wer ihr seid?«
    »Die meisten von uns sind nette, unkomplizierte Menschen«, meinte er. »Du darfst nicht denken, dass wir alle verbiestere Okkultisten sind. Natürlich gibt es diese Sorte Leute bei uns auch. Aber die Veranstaltungen, die man bei uns geboten bekommt, sind außerordentlich reizvoll und interessant. So etwas findest du woanders nicht.«
    »Das glaube ich sofort«, entgegnete ich, und fragte mich, ob er wohl auch gerade das Bild der nackten Priesterin und des am Kreuz hängenden Apologeten oder etwas in dieser Art vor Augen hatte.
    »Wie ich hörte«, fügte ich hinzu, »hat sich die Gesellschaft inzwischen auch in die Politik eingebracht. So haben sich jedenfalls Haller und Arnheim geäußert.«
    »Deutschland steckt in einer tiefen

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