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Splitter im Auge - Kriminalroman

Titel: Splitter im Auge - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Batto getroffen und mochte sie. Das war bei den meisten Frauen so gewesen, mit denen Batto eine Zeit verbracht hatte.
    Kurz vor Mitternacht zahlten sie und gingen, weil Batto am nächsten Morgen Frühdienst hatte. In solchen Momenten fragte Steiger sich immer wieder, warum sich Batto das noch antat. Er war inzwischen einer der ältesten Dienstgruppenleiter im Revier, wahrscheinlich im ganzen Land, und hätte schon längst warm und sicher auf einem Innendienstposten sitzen können, und finanziell hatte er es eh nicht mehr nötig. Aber sie sprachen schon lang nicht mehr darüber. »Das ist das Leben, Steiger«, würde Batto sagen, »in keinem Job bist du so mitten im Leben. Ich hab’ nie was anderes gewollt, und es macht einfach Spaß.«
    Als Batto gefahren war, stand Steiger unter einem klaren, kühlen Himmel vor der Kneipe und überlegte, ob er noch auf einen Sprung bei Eva vorbeischauen sollte, wenn sie konnte und niemand bei ihr war. Aber er entschied sich dagegen und ging nach Hause.

10
    Um neun wurde Steiger durch die Türschelle geweckt. Er hatte wie meistens mehr Stunden wach im Bett verbracht als geschlafen und fühlte sich auch so. Es war der Postbote, der ihm gegen Unterschrift ein Einschreiben von der Notarspraxis Dr. Brosig und Partner überreichte. Steiger nahm an, dass es um das Testament seines Vaters ging, und täuschte sich nicht.
    Sehr geehrter Herr Adam,
    ich habe vom Tod Ihres Vaters erfahren und möchte Ihnen meine aufrichtige Anteilnahme aussprechen.
    Herr Artur Adam hatte bereits vor Jahren die Testamentsvollstreckung in unsere Hände gelegt. Bevor es jedoch dazu kommt, möchte ich mit Ihnen auf Wunsch des Verstorbenen ein wichtiges Detail persönlich besprechen. Ich habe die letzten beiden Tage vergeblich versucht, Sie telefonisch zu erreichen, und wähle deshalb jetzt diesen Weg. Lassen Sie mich doch bitte wissen, wie und wann ich einen persönlichen Termin mit Ihnen vereinbaren kann.
    Mit freundlichem Gruß
    Dr. Arnold Brosig
    Steiger hatte keine Ahnung, was damit gemeint sein könnte, und kein gutes Gefühl, als es zum zweiten Mal schellte. Vor der Tür stand Jenny. Jenny besuchte Steiger von Zeit zu Zeit, seit sie vor zwei Jahren einmal ohne Schlüssel vor ihrer Wohnung auf der Treppe gesessen hatte, als er kurz vor Mitternacht vom Dienst gekommen war. Sie wohnte in der zweiten Etage, war dreizehn, wirkte meist scheu und still, war sich aber absolut sicher, dass sie einmal Polizistin werden würde. Deshalb löcherte sie ihn ständig mit Fragen. Jennys Vater hatte sich ein halbes Jahr nach ihrer Geburt aus dem Staub gemacht, jedenfalls hatte sie diese Version von ihrer Mutter, mit der sie allein lebte und die so viel arbeitete, dass Steiger sie noch nie gesehen hatte.
    »Stör’ ich dich?«, fragte sie.
    »Ich bin grad’ aufgestanden«, sagte Steiger und hoffte, dass sie verstand.
    »Ich kann dir ja einen Kaffee kochen, wenn du willst. Für Mama koch’ ich den auch, wenn sie es morgens eilig hat.«
    »Müsstest du nicht in der Schule sein um diese Zeit?«, fragte er, als er die Tür hinter ihr schloss.
    »Wir schreiben heute einen Mathetest, und ich habe das Thema von Anfang an nicht kapiert«, sagte sie und ging in die Küche.
    »Ist deine Mutter zu Hause?«
    »Um diese Zeit?«
    »Weiß sie, dass du zu Hause bist?«
    »Ich hab’ ihr gesagt, dass ich meine Tage kriege und Schmerzen habe.«
    Etwas an dieser Antwort war ihm unangenehm. Zuerst dachte er, es sei die Peinlichkeit des Themas, er war über fünfzig und hatte keine Lust, mit einer Dreizehnjährigen über ihre Menstruation zu reden. Aber das war es nicht. Es war die unerklärliche Vertrauensseligkeit, mit der dieses Kind ihm gegenübertrat, von Anfang an getreten war. Er hatte keine Ahnung, woher das kam, und fühlte sich zu etwas gedrängt, was er nicht wollte. Vermutlich hatte es damit zu tun, dass er Polizist und damit wohl so etwas wie ein Vorbild war. Konnte auch sein, dass sie in ihm eine Art Vater sah, was er nicht hoffte. Es gab eine Menge Dinge, für die er sich nicht eignete, fand Steiger. Vorbild und Vater sein gehörten mit Sicherheit dazu.
    »Und das funktioniert jedes Mal?«, fragte er.
    »Nein, manchmal verbringe ich den Morgen auch einfach in der Stadt und komme dann ganz normal nach Hause.«
    Sie ging in die Küche, machte einen der Schränke auf und suchte nach dem Kaffee.
    »Wenn du alle deine Tests schwänzt, wird es nicht unbedingt leichter, zur Polizei zu kommen.« Er gab ihr die Kaffeedose und die Filter

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