Splitter im Auge - Kriminalroman
mitgearbeitet habe. Ist es denn verboten, dienstliche Dinge im Schreibtisch zu haben. Du tust ja grad’ so, als hätte ich heimlich Nacktfotos von dir gemacht und sie eingeklebt.«
»Steiger, mir ist ü – ber – haupt«, sie zog das Wort in die Länge, »nicht nach Scherzen, glaub es mir. Sag mir was Gescheites dazu!«
Steiger sah sie an und dachte, dass er das Wort »Gescheites« niemals benutzen würde.
»Ich kann dir nichts Gescheites«, er fand, dass es sich auch beim Sprechen eigenartig anfühlte, »dazu sagen, oder vielleicht nur was Gescheites. Ich habe dir doch letztens erzählt, dass mich irgendwas an der Sache stört, dass ich ein paar Dinge nicht verstehe. Da wollte ich einfach mal nachhaken.«
»Die Sache ist geklärt, Steiger, der Mann ist verurteilt.«
»Ja, ich weiß«, sagte er und beschloss in dem Augenblick, ihr nicht zu sagen, was er Neues wusste.
»Und noch was, mein Lieber. Dass du Jana da reinziehst und dass sie für dich lügen muss, das ist wirklich Scheiße. Das Mädel ist ’ne Gute und …«
»Ich weiß, und sie hat nicht gelogen. Ich hab’ ihr nichts davon gesagt, wo ich war. Sie wusste absolut nichts«, sagte er schnell, und so nachdrücklich er konnte.
»Trotzdem macht das keinen guten Eindruck. Ihr wart heute schließlich ein Team.«
Bei diesem Wort zog sich einen Moment etwas in ihm zusammen.
»Ich habe keine Ahnung, was wird, Steiger, ob Rüter dir dafür ein Diszi einstielt.« Sie schnaufte einmal kurz und hämisch. »Dein letztes ist ja noch nicht ganz so lange her.«
Wieder machte sie eine Pause, als erwarte sie etwas von ihm, vielleicht keine Entschuldigung, aber irgendetwas Entspannendes.
»Kann ich ein paar Tage frei haben?«, fragte er
»Das ist vielleicht keine schlechte Idee. Aber am Freitag musst du auf jeden Fall da sein, und zwar ganz früh um sechs. Wir haben eine Riesendurchsuchung mit den OK -Leuten, da brauche ich jeden.«
Er nickte nur, stand auf und wollte gehen. »Ach ja«, sagte er dann, »was wollte die Kollegin Bartling eigentlich?«
Gisa zuckte mit den Schultern und sagte: »Sie hatte irgendeine Information für dich. Sie hätte dir aber dazu ’ne E-Mail geschrieben.«
Er ging und schloss die Tür hinter sich.
Jana fand er am Kopierer.
»Tut mir leid«, sagte er, »das wollte ich auf keinen Fall. Wenn du irgendwelchen Ärger kriegen solltest, schieb es auf mich, alles, okay? Zur Not schreib’ ich dir auch was dazu.«
»Mach mal halblang. Es ist doch nichts passiert.«
»Ich mein’ ja nur, für alle Fälle.«
Das war das Letzte, was er wollte. Jana wollte Karriere machen, das war nicht zu übersehen. Trotzdem wirkte es manchmal auf ihn, als wenn sie sich irgendwie minderwertig fühlte. Vielleicht hatte es mit ihrer Herkunft zu tun, vielleicht vermied sie deshalb alles, was im normalen Umgang einen Hinweis darauf geben konnte, dass sie russische Wurzeln hatte. Sie wollte es schaffen, und er fand das okay. Es hatte ein paar Jahre gebraucht, aber mittlerweile konnte er mit denen leben, die zu zeigen versuchten, dass sie gut waren. So weit, so gut. Aber es gab leider auch die Arschlöcher, die das in erster Linie dadurch versuchten, dass sie alle anderen mies machten. Jana gehörte eindeutig zu der ersten Sorte.
An seinem Schreibtisch schaltete er den Computer ein und rief seine E-Mails auf. Die letzte kam von Petra Bartling, die wahrscheinlich völlig ahnungslos war, wie sehr sie ihn mit ihrem Anruf reingeritten hatte.
Hallo, Kollege Adam,
ich habe auf deine letzte Frage noch einmal die Akten kurz gewälzt (du siehst, die Sache hat mich auch beschäftigt). Nicht bei unserem Fall, aber bei dem Düsseldorfer gab es tatsächlich einen schwarzen Passat, der zur tatrelevanten Zeit in Fundortnähe geblitzt worden ist. Ich habe das eben mal mit dem Ex-Düsseldorfer Kollegen besprochen, der seinerzeit auch in der Düsseldorfer Kommission war. Das Eigenartige daran war, sagt er, dass der Halter damals steif und fest behauptet hat, der Wagen habe zu der Zeit in seiner Garage gestanden und er habe ihn nicht verliehen, denn der Fahrer auf dem Bild war nicht der Halter. Die Spur ist damals nicht weiter verfolgt worden, weil man nach einem Tag den Täter hatte, einen Hartz-IV-Empfänger und Alkoholiker, dessen Wohnung quasi um die Ecke des Fundortes an einem Bahndamm lag. Die Wohnung war übrigens nicht der Tatort. Und noch etwas Interessantes, das ich bis eben nicht wusste. Auch dieser Düsseldorfer Täter konnte oder wollte zur Tatzeit nichts
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