Splitter im Auge - Kriminalroman
sagen. Das Letzte, was er wusste, war, dass er mit Bekannten gesoffen hatte, danach fehlen ihm komplette zwei Tage, zu denen er nichts sagen konnte. Natürlich ist das als Schutzbehauptung angesehen worden, weil die Spuren eben eindeutig waren.
Ich hab’ dir die Halterdaten des Passat mal dazugeschrieben. Es war ein Rentner aus Köln.
Schöne Grüße
P. Bartling
Ein schwarzer Passat, dachte Steiger. Aber es war ja auch schon drei Jahre her, da konnte man sich schon mal ein neues Auto gönnen.
38
In Battos weißem Sofa tief eingesunken, das erste Glas Rotwein intus – und Batto hatte immer dieses schwere Zeug, von dem keine Flasche unter fünfzehn Euro zu haben war –, dachte Steiger wieder an seinen Bruder, und ihm fielen zwei Dinge auf. Er hatte lange nicht mehr an den Mann gedacht, der den Vornamen seines Vaters trug, und es kam ihm immer noch fremd und sperrig vor, wenn er »mein Bruder« dachte. Dabei war es nur sein Halbbruder, noch dazu einer, der es mit den Gesetzen nicht ganz so genau nahm. Am Donnerstag würde er ihn endgültig kennenlernen, daran führte kein Weg vorbei. Es hatte Zeiten gegeben in seinem Leben, da hätte Steiger einen Bruder richtig klasse gefunden, einen Verbündeten, einen auf Augenhöhe, einen, den man immer an seiner Seite wusste. Er erinnerte sich an Brüderpaare in seiner Clique von früher, da war auch nicht immer das süße Einvernehmen gewesen, manchmal hatte es auch richtig Zoff gegeben. Aber wenn es drauf ankam, hatten sie Schulter an Schulter gestanden, so dicht, dass nichts dazwischen passte, wie ein Kerl mit vier Armen. Batto war ein Freund, wie man ihn sich nur wünschen konnte, aber Steiger hatte eine Ahnung, dass ein Bruder noch einmal etwas anderes war.
Als Steiger gekommen war, hatte Anna, die Journalistin, ihm geöffnet und war gleich darauf gefahren. Sie war genau so sympathisch, wie er sie in Erinnerung hatte, und genauso hübsch. Halblange, braune Haare, sehr schlank und sehr viel eleganter als Toni, obwohl beide im selben Gewerbe ihr Geld verdienten. Batto hatte eigentlich keinen festen Typ Frau. Es hatte in den Jahren nach Britta kleine und große, üppige und zarte gegeben und alle Haarfarben, die die chemische Industrie hergab, aber hübsch waren sie alle gewesen, und der Anteil der Blasierten ging gegen null, was bei den Hübschen längst nicht immer der Fall war. Batto halt, dachte Steiger. Er konnte die Frauen verstehen.
Batto war spät vom Dienst gekommen, weil noch ein paar Einbrecher festgenommen worden waren, die verarztet werden mussten. Er kam aus der Dusche und ließ sich in den Sessel fallen.
»Das Zeug ist gut«, sagte Steiger, der eigentlich Biertrinker war, und Batto machte eine Geste, mit der Menschen wie er, denen das Leben wie eine liebende, betuchte Tante immer die guten Sachen zusteckte, all das als eine Selbstverständlichkeit abtaten. Was nichts mit Überheblichkeit zu tun hatte, es war für sie einfach so.
»Und was hat Rüter jetzt vor?«, nahm Batto das Gespräch wieder auf, dass sie geführt hatten, bevor er duschen gegangen war.
»Ich habe keine Ahnung«, sagte Steiger und nahm noch einen Schluck von dem guten Zeug.
»Du könntest dich manchmal auch wirklich mehr am Riemen reißen, mein Lieber, dann hättest du nicht immer diesen Ärger am Arsch.«
»Manches ist halt nicht zu umgehen.« Steiger machte eine Pause. »Hältst du es eigentlich für möglich, dass Schulze irgendwelche Obduktionsergebnisse manipulieren lassen könnte?«
»Häh?«, machte Batto und zog ein ziemlich dämliches Gesicht. »Wie kommst du denn auf so was? Warum sollte der das machen?«
»Ich versuche nur, alle Möglichkeiten in Betracht zu ziehen. Irgendeine Begründung muss es doch geben, dass da einiges nicht passt, trotz dieser Spuren. Die Obduktion hat doch seine Frau gemacht. Wenn die hinterher behauptet und in den Akten dokumentiert, das Sperma an der Leiche sei vom Schwarzen, dann kräht nie wieder ein Hahn danach. Und der Mord ist geklärt.«
»Das ist nicht dein Ernst«, sagte Batto.
»Und wenn doch? Möglich wäre das zumindest.«
»Mein Lieber«, entgegnete Batto und hatte eine Strenge in der Stimme, die Steiger zwar nicht fremd war, die er aber nur selten zu hören bekam. »Pass echt mal ein bisschen auf, was du sagst. Mit solchen Dingen spaßt man nicht. Wenn dir so was erst mal nachgesagt wird, wirst du das nie wieder ganz los.«
»Ist ja schon gut, war nur ein Gedanke.«
»Nee, im Ernst, Thomas, da verstehe ich auch wenig Spaß.
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