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Splitter

Splitter

Titel: Splitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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voraussichtlich nicht lange vorhalten würde. Aber er wollte dich nicht offiziell in sein Programm aufnehmen, was ich verstehen kann. Immerhin betreibt er wirklich seriöse Forschung, und was wir hier machen, ist höchst unethisch. Aber wenigstens stellte er uns eine seiner Praxisetagen zur Verfügung.«
    Dann ist Emma wirklich nur eine Patientin!
    Marc wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Seine engste Vertraute, die Person, die ihm am meisten geholfen hatte, war eine aus einer Klinik entlaufene Paranoide. Vermutlich hatte sie tatsächlich eine Unterhaltung zwischen Constantin und dem echten Professor Bleibtreu belauscht und voreilige Schlüsse gezogen. Sie war aus der Klinik abgehauen, um ihn zu warnen, und hatte sich gleichzeitig in eine paranoide Psychose gesteigert.
    »Ich verstehe es immer noch nicht. Wozu dieser enorme Aufwand?« Marc presste beide Hände gegen seine glühenden Wangen. Er schluchzte, die Worte verließen nur noch stoßweise seinen Mund.
    »Weil es hier um Leben und Tod geht, Marc. Glaub mir, wir wollten dir nie weh tun. Die Trauer sollte einfach nur den Erinnerungsprozess hinauszögern. Und die ersten Wochen hat es ja ganz gut funktioniert. Doch dann hast du begonnen, von den letzten Minuten vor dem Unfall zu träumen, und wir wussten, es wäre nur noch eine Frage der Zeit, bis du es begreifst und dir den Rest zusammenreimen kannst.« Benny.
    »Also haben wir die Zeitschrift mit der fingierten Anzeige in mein Wartezimmer gelegt.«
    Lernen zu vergessen.
    »Am Ende brauchten wir nur noch einen einzigen Tag. Vierundzwanzig Stunden, in denen du dich nicht erinnern solltest. Schneller konnten wir die Operation nicht vorbereiten, und es wäre ein zu großes Risiko gewesen, das Baby noch früher zu holen.«
    Marc zögerte einen letzten Moment, dann hielt er es nicht mehr aus und sprang über den Schreibtisch, hinter dem sein Schwiegervater stand.
    »Was sollte ich vergessen?«, brüllte er und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Constantin taumelte nach hinten, während Marc nach seiner Gurgel griff. »Sag es mir!«, schrie er und drückte zu.
    »Marc! », rief Benny hinter ihm. »Lass ihn los.« Constantins Augen traten aus den Höhlen, seine Wangen liefen rot an, doch er hob noch nicht einmal den Arm, um sich zu wehren.
    »So wirst du es nie erfahren!« Benny klang ruhig, fast teilnahmslos, und vielleicht war es dieses merkwürdige Desinteresse in seiner Stimme, was Marc zur Räson brachte. Er drückte noch einmal nach, dann ließ er los.
    Constantin schnappte nach Luft, griff sich an den fleckigen Hals und begann zu würgen.
    »Beantworte mir endlich meine Fragen, oder ich schwöre, ich bring dich um!«
    Sein Schwiegervater hustete, den Kopf zum Boden gebeugt. Dann richtete er sich wieder auf, griff sich eine Akte von dem Schreibtisch und ging zu einem metallgefassten Glaskasten an der Wand. Er schaltete die Halogenlampe hinter der Milchglasscheibe an, zog ein Bild aus dem Ordner und heftete es vor die Lampe. »Das ist eine stark vergrößerte Ultraschallaufnahme. « Marc sah nichts als schwarze und weiße Flecken, von denen er nicht wusste, ob sie gut-oder bösartig waren. Und dennoch erkannte er das Bild.
    Zuletzt hatte er diese Aufnahme wenige Sekunden vor dem Unfall gesehen - in Sandras Hand.
    Deswegen hat sie sich abgeschnallt! Um nach diesem Ultraschallbild auf dem Rücksitz zu greifen. Wieso nur?
    »Wir sehen darauf die Magen-und Bauchpartie deines ungeborenen Sohnes. Und das hier … », Constantin hustete noch einmal und tippte vorsichtig auf eine schattige Stelle der Aufnahme, « … das ist seine Leber. Hier sieht man ganz deutlich das Problem.«
    Er warf Marc einen sorgenvollen Blick zu. »Dem Baby fehlen die Gallengänge.«
    »Und das heißt?«
    »Er leidet unter der gleichen Krankheit, an der dein Vater zugrunde gegangen ist, Marc. Nur sehr viel ausgeprägter. Die Gallenflüssigkeit kann nicht ablaufen. Der Säugling wird ohne funktionstüchtige Leber zur Welt kommen.«
    »Was … was kann man da tun?«
    »Nicht viel. Ohne Leber ist der Mensch nicht lebensfähig.«
    Marc hatte das Gefühl, sich um die eigene Achse zu drehen, obwohl er sich keinen Millimeter bewegte. »Du sagst, mein Junge muss sterben?«
    Constantin nickte.
    Aber wozu dann das Ganze? Weshalb holen sie ihn dann per Kaiserschnitt, zehn Tage früher als geplant? Ein Schauspieler hatte ihn zum Schein in der BleibtreuKlinik untersucht. Die stundenlangen Tests, die Blutentnahme, diese sinnlosen psychologischen

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