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Splitterherz

Titel: Splitterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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mich nur verirrt. Und ich hatte keine Lust, mich von Lotte ausfragen zu lassen, was ich zwischen den Männerduschen treibe.«
    »Ist aber auch lustig, oder?«, kicherte Maike.
    »Ja, sehr lustig. Haha. Und was hat Lotte da zu suchen gehabt?«
    »Bauch, Beine, Po.« Natürlich. Bauch, Beine, Po. »Eigentlich bin ich auch bei ihr im Kurs, aber ich hatte Kopfschmerzen. Und du, was hast du überhaupt in der Turnhalle gemacht?«, fragte Maike neugierig.
    »Ich hab mein Handy gesucht. Ich hatte es dort vergessen.« Oh, das klang beruhigend normal. Viel zu normal für diesen Abend. »Es lag übrigens im Mülleimer«, fügte ich bedeutungsvoll hinzu. Und ich würde zu gerne wissen, wer es dort reingeworfen hat.
    »Irgendein Dummejungenstreich wahrscheinlich«, vermutete Maike achselzuckend.
    »Na, wenigstens hat so ein seltsamer Karatetiger es gefunden und mir zurückgegeben. Der hat da ganz allein trainiert. Im Dunkeln.«
    Maike stockte. Ihre Augen wurden schmal.
    »Colin?«
    Ich hob fragend die Schultern und sagte nichts. Sie kannte ihn also. Ich zupfte an meinen Haaren herum und wischte mir einen Krümel Wimperntusche aus dem Augenwinkel.
    »Groß, schlank und hässlich wie die Nacht?«, fragte sie mit kalter Stimme.
    »Keine Ahnung«, sagte ich gleichgültig, während mein Herz einen kleinen Sprung machte. Hässlich? Verbarg er deshalb sein Gesicht?
    »Vergiss es, du wirst bei dem kein Training bekommen«, sagte sie hart.
    »Das wäre auch mein persönlicher Albtraum«, erwiderte ich. Es klang glaubwürdig und Maike lächelte gelöst.
    »Macht der das denn schon lange mit dem Karatetraining?«, frag­te ich möglichst beiläufig.
    »Nee, soweit ich weiß, erst seit ein paar Jahren. Keine Ahnung, aus welchem Loch der gekrochen ist.«
    Bei der Vorstellung, Colin würde aus einem Loch kriechen, muss­te ich unwillkürlich lachen.
    »Er ist gut, oder?«, hakte ich nach, schaute sie aber nicht an.
    »Pfff«, machte Maike verächtlich. »In dem Alter schon den schwarzen Gürtel ... Das ist doch gar nicht möglich. Nie und nim­mer ging es da mit rechten Dingen zu. Den hat der sich bestimmt erkauft oder erlogen.«
    Ich fragte mich, wie man sich einen Gürtelgrad erlügen konnte, denn spätestens im Nahkampf müsste man zu Bruch gehen und der Schwindel auffliegen. Colin sah gewiss nicht aus, als könne er bei irgendjemandem oder irgendetwas zu Bruch gehen.
    »Er kommt auch nie mit was trinken, hilft bei keiner Vereinsfei­er«, hetzte Maike weiter und beobachtete starr, wie ich mir ein paar störrische Strähnen hinter die Ohren zu streichen versuchte. »Das weiß ich von Benni. Aber die schmücken sich halt mit ihm. Deshalb sagt keiner was. Und wenn sie ganz viel Glück haben, macht er beim Sportball mal einen Schaukampf. Aber wehe, man will danach mit ihm reden oder ihm vorher Glück wünschen ... Sogar die Eva hat er wie Dreck behandelt und die hat immerhin den braunen Gürtel. Ihm ist keiner gut genug«, steigerte sich Maike in ihre nachtschwar­zen Anekdoten aus dem Vereinsleben mit und ohne Colin Black­burn hinein. Weiß der Henker, was der Mann mit ihr angestellt hatte. Normalerweise hätte ich ja auf verschmähte Liebe getippt. Aber Maikes Ablehnung war echt und kam aus tiefstem Herzen. Das spürte ich genau.
    »Was machst du eigentlich so in deiner Freizeit?«, fragte ich, um ihre Hasstirade zu stoppen. Maike zuckte zusammen, als habe ich sie erschreckt. Dann kehrte das vertraute Grinsen auf ihr Gesicht zurück.
    »He, ich hab eine Idee!«, rief sie vergnügt. »Hast du nächsten Frei­tag Zeit? Freitags gehen wir immer zusammen ausreiten. Mein Großvater hat ein paar Ponys, die stehen draußen im Wald. Reiten ist das einzig Gescheite, was du hier machen kannst - es sei denn, du willst in den Schützenverein, und das willst du nicht, oder?«
    Ich schüttelte stumm den Kopf. Ponys. Ausreiten. Oh nein. Ich hatte definitiv genug von unfreiwilligen Ausritten. Hätte ich doch nur meine Klappe gehalten. Und wer war eigentlich »wir«?
    »Maike, ich weiß nicht ...«
    »Oh doch, das machen wir. Da kann nichts passieren, die sind alle total lieb. Ehrlich.«
    Total lieb. So wie die Hunde, die nur spielen wollen und einem dann sabbernd an der Kehle hängen. Es klingelte. Wir mussten zu­rück in den Unterricht. Maike stieß mich gönnerhaft in die Seite.
    »Wenn du mitkommst, sag ich Benni und Lotte, dass du das wirk­lich nicht warst in der Umkleide. Ich denk mir ein gutes Alibi aus. Okay?«
    Ich seufzte. »Na gut«, willigte

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