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Splitterherz

Titel: Splitterherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bettina Belitz
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ankommen«, lachte Jenny. Gleiches Prozedere: drücken, Luftküss­chen rechts, Luftküsschen links. Ich konnte es noch, hatte aber wie­der das dumpfe Gefühl, von tausend neugierigen Augen hinter zu­gezogenen Vorhängen beobachtet zu werden.
    »Das ist also das Haus«, sagte Nicole und drehte sich um ihre wohlgeformte Achse. Wie ich, als ich vor einer Woche hier ange­kommen war. Jetzt war ich diejenige, die in Jeans und Kapuzenpulli im Hof stand, und Jenny und Nicole begannen in ihren stylishen Klamotten synchron zu frieren.
    »Kommt, wir gehen mal rein«, bat ich sie, da mir die Situation unangenehm zu werden begann. Denn mehr als ich konnten die beiden hier auch nicht entdecken und sic würden in Kürze fest­stellen, dass ich in der blanken Ödnis gelandet war. Ich hatte mir diese Ödnis zwar nicht ausgesucht, aber trotzdem schämte ich mich plötzlich dafür.
    Ich führte sie um das Haus herum zum Wintergarten. Die Tür stand offen. Hastig zog ich die dunklen Vorhänge zurück und kur­belte die Jalousien nach oben. Mama arbeitete an ihren Beeten und winkte zu uns herüber.
    »Hallo, ihr beiden!« Sie richtete sich auf, breitete die Arme aus und rief: »Ist das nicht traumhaft hier?« Oh Mama. Der Rasen war zur Hälfte umgegraben und sah aus wie ein Friedhof nach einem Erdbeben, daneben nur die Nachbargärten, auf der anderen Seite das Feld und über uns der schon vertraut trübe Himmel - was in Gottes Namen glaubte sie, Traumhaftes zu sehen?
    Ich verdrehte die Augen, woraufhin Nicole und Jenny leise kicher­ten. Und ich schämte mich noch etwas mehr, denn Mama hatte eben sehr glücklich ausgesehen mit ihrer schmutzigen Gartenschür­ze, den hochgesteckten Ringellocken und ein paar scheußlichen lila­farbenen Gartenhandschuhen - vermutlich ein Erbstück von Oma.
    Der Kaffeetisch war bereits gedeckt und der Apfelkuchen brachte mich fast um mit seinem verführerischen Geruch.
    »Setzt euch«, forderte ich Nicole und Jenny betont locker auf und wies in der Hoffnung, sie würden mit dem Starren aufhören, auf den uralten wurmstichigen Holztisch, den wir aus Schweden mit­gebracht hatten.
    »Mama hat Kuchen gebacken, was wollt ihr dazu - Kaffee?« Na­türlich Kaffee. Mit viel Milchschaum.
    »Ahm, Lassie, du - wir waren bei der Autobahnabfahrt gerade noch bei McDonald’s, wir hatten so’n Hunger. Ich mag nur einen Kaffee«, sagte Jenny entschuldigend. »Mit Süßstoff.«
    »Ich auch. Wenn ich jetzt noch Kuchen esse, nehme ich nur wie­der zu«, schloss sich Nicole an.
    »Also, ich esse ein Stück Kuchen - ich hab das Ding nämlich selbst gebacken und falle um vor Hunger«, sagte ich schärfer als beabsich­tigt. Reiß dich zusammen, Ellie, bläute ich mir ein, während ich den
    Kaffeeautomaten zum Röhren brachte. Das sind deine besten Freundinnen. Und wärst du dabei gewesen, hättest du auch deine Pommes gegessen und deinen Milchshake getrunken.
    Ein betretenes Schweigen breitete sich aus, als ich einsam meinen Apfelkuchen mampfte und die beiden anderen höflich am Kaffee nippten. Jenny sah sich um und tat so, als würde sie sich für die Einrichtung interessieren. Dabei waren es exakt dieselben Möbel wie in Köln.
    »Lustig, gemeinsame Kaffeetafel, wie früher bei den Kinder­geburtstagen«, grinste Nicole. »Was machen wir denn danach?«
    »Topfschlagen«, antwortete ich sarkastisch und hätte mir am liebsten selbst in den Hintern getreten. Warum fragten sie eigentlich nicht, was ich die vergangenen Tage so gemacht hatte? Wie es in der Schule war? Und was ich sonst noch erlebt hatte?
    »Weiß jemand, was im Kino kommt? Hier gibt es doch ein Kino, oder?«, versuchte Jenny die Stimmung zu retten.
    Ach, auch das noch. Ich hatte es mithilfe der Tageszeitung am Morgen recherchiert - und die Ergebnisse waren entmutigend.
    »Das nächste Kino ist in Altenkirchen - eine halbe Stunde braucht man schon, um da hinzufahren. Und die Vorstellung ist erst um 19 Uhr.«
    »Und was läuft?«, fragten beide gleichzeitig.
    »Twilight.« Den hatten wir schon vor Wochen in Köln gesehen. Und zwar nicht nur einmal.
    »Und sonst?«
    »Nichts. Das Kino hat nur einen Saal. Sorry.«
    Nicole und Jenny versuchten, ihre Enttäuschung zu überspielen. Es ging gründlich daneben. Kino am Sonntag - das war unsere hei­lige Tradition gewesen. Was sonst sollte man auch an Sonntagen tun? Wir waren samstags ausgegangen, hatten sonntagmorgens aus­geschlafen, etwas für die Schule getan und uns zum Kino getroffen.
    Nach der verlegenen

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