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Splitterndes Glas - Kriminalroman

Splitterndes Glas - Kriminalroman

Titel: Splitterndes Glas - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Luft wegblieb, sodass sie nicht mal schreien konnte, zerrte die Hand, die sie festgehalten hatte, an ihrer Tasche und versuchte, sie ihr von der Schulter zu reißen.
    »Schlampe! Lass los, du miese Nutte!«
    Unwillkürlich klammerte sich Lesley umso fester an den Riemen ihrer Tasche, und der Angreifer stieß ihr sein Knie in die Schulter und gab ihr einen Fußtritt in die Rippen.
    »Lass endlich los, du Schlampe!«
    Ein Pärchen mittleren Alters bog im selben Augenblick von der Straße auf den Platz ein, als ein junger Mann aus einem der Gebäude auf der gegenüberliegenden Seite kam.
    »He!«, rief einer der Männer. »He!« Und der jüngere Mann rannte los, um Lesley zu Hilfe zu kommen.
    Der Angreifer schlug noch einmal zu und rannte dann quer über den Platz weg. Er stieß den jungen Mann zur Seite, der ihn aufhalten wollte, und verschwand über den engen Durchgang von Malin Hill nach unten, wobei das Geräusch seiner Stiefel auf den Pflastersteinen widerhallte.
    »Ich helfe Ihnen auf«, sagte die Frau und beugte sich über Lesley.
    |335| »Lass sie, Margaret«, sagte ihr Freund. »Besser, sie bleibt eine Weile sitzen und kommt zu sich.«
    »Das hätte schlimmer ausgehen können«, sagte der andere Mann. »Wenigstens hat er keine Beute gemacht.«
    Lesley dankte ihnen für ihre Hilfe und versicherte, dass es nicht nötig sei, ihr ein Taxi zu rufen, das sie ins Krankenhaus bringen würde. Alle miteinander halfen sie ihr auf die Füße und bestanden darauf, sie bis zu ihrer Haustür zu bringen.
    »Ist auch bestimmt alles in Ordnung?«
    »Nur ein paar Kratzer und Prellungen, sonst geht es mir gut. Und noch einmal vielen Dank.«
    Sie war erst ein paar Minuten in ihrer Wohnung und zog sich vorsichtig aus, um den Schaden zu begutachten, als das Telefon läutete.
    »Hallo?«
    Schweigen am anderen Ende. Nur ein Atmen war zu hören. Ein schweres Atmen wie von jemandem, der gerade erst schnell gerannt war.

33
    Der Polizist, der Lesleys Anzeige aufnahm, war pedantisch, höflich und sehr jung. Plötzlich wurde sie sich jeder Falte in ihrem Gesicht bewusst, spürte jedes kleine Wehwehchen in ihrem Körper, der sowieso schon schmerzte. Er sollte so einen Aufkleber tragen, wie es Fahranfänger manchmal tun, dachte Lesley, als sie zusah, wie er eine weitere sorgfältige Eintragung in seinem Notizbuch machte. Vorsicht: Anfänger.
    Nachdem er alles aufgenommen hatte, ging er ihre Aussage in Kurzform ein zweites Mal mit ihr durch und überprüfte |336| die wichtigen Punkte. Ja, der Angreifer war weiß, groß und glatt rasiert gewesen; ja, er war zweifellos jung, dreiundzwanzig, höchstens vierundzwanzig. An diesem Punkt hatte sie den Polizeibeamten angeblickt und gelächelt, und als er verstand, was sie damit sagen wollte, war er errötet.
    Niedlich, dachte Lesley.
    Würde sie ihn wiedererkennen? Nun, es war schon fast dunkel gewesen, und sie war sich nicht sicher. Aber sie meinte, sie würde ihn wiedererkennen. Der Polizeibeamte überprüfte die Angaben zur Kleidung des Mannes, soweit Lesley sich daran erinnern konnte. Jeans, Stiefel, ein dunkles Sportoberteil.
    Und die Stimme? Hatte sie seine Stimme gehört?
    »Er hat mich miese Nutte genannt«, sagte Lesley, und der Polizeibeamte errötete noch einmal. Wo kriegen sie diese Sorte bloß her?, dachte sie.
    »Und gab es da eine Besonderheit?«, fragte er. »Bei seiner Sprechweise?«
    »Eigentlich nicht. Er klang, als wäre er von hier, wissen Sie. Aber er hatte keinen breiten Dialekt, das nicht.«
    »Und Sie sind sich sicher, dass Sie ihn nicht kennen? Dass Sie ihn nicht schon vorher gesehen haben?«
    »Ganz sicher.«
    »Dann dieser Anruf. In Ihrer Wohnung. Gleich nach dem Vorfall, das sagten Sie doch?«
    »Ja, nur ein paar Minuten, nachdem ich zu Hause war.«
    »Sie hielten den Anrufer für die Person, die Sie überfallen hat?«
    »Ja. Das habe ich in dem Augenblick geglaubt.«
    »Aber jetzt nicht mehr?«
    »Es ist möglich. Ich weiß nicht.«
    »Und Sie meinten, es wäre derselbe Mann, weil   …«
    |337| »Weil er schwer atmete, als wäre er gerade gerannt. Weggerannt, das habe ich gedacht.«
    »Bei dieser Art von Telefonanrufen, wenn Männer ihren Namen nicht nennen, meine ich«, sagte der Polizeibeamte, »gibt es noch andere Gründe, warum sie schwer atmen.«
    Und wieder stieg ihm die Röte in die Wangen.
     
    Obwohl sie zweimal so lange gebraucht hatte wie sonst, um zur London Road zu gelangen, und trotz der Tatsache, dass die eine Hälfte ihres Gesichtes wie eine

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