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Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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als höre sie ihn nicht. Sie rückte nur ein Stück zur Seite.
    »Der Priester wird bald schweigen«, fuhr Talomar fort. Er warf einen verstohlenen Blick auf die Gildenkrieger. »Ich werde ihn töten, für deine Mutter. Das bin ich ihr schuldig. Soll ich tatenlos zusehen, wie die Bathaquar ihre hübschen Töchter schändet? Das könnte ich mir nie verzeihen.«
    Er küsste das Haar neben ihrer Schläfe. Nun aber fuhr Banja herum. Sie stemmte sich mit aller Kraft gegen Talomars Hüfte.
    »Lass meine Schwester in Ruhe«, fauchte sie. »Was willst du von ihr?«
    Der Ritter lachte. »Wie mutig! Ganz der Vater.« Er packte Banjas Hand so fest, dass ihr die Tränen in die Augen schossen. »Deine Schwester weiß genau, dass ich euer Bestes will. Ohne mich werdet ihr die Bathaquar nicht los. Seid also brav und fügt euch. Bald gebe ich das Zeichen, und …«
    »Talomar Indris!«
    Levaste hatte sich umgedreht. Seine Lider flackerten, als er mit blutigen Fingern den Ritter zu sich winkte.
    »Bring Sinsala Geneder zu mir! Alle sollen sie sehen! Alle sollen wissen, dass auch Baniters Tochter dem Gott treu ist!«
    Der Ritter nickte. Er packte Sinsalas Armgelenk und führte sie zum Rand der Terrasse.
    Ein Raunen ging durch die Menge. Sinsala war in Gehani sehr beliebt. Einige riefen ihren Namen, doch die Gildenkrieger im Burghof sorgten schnell für Ruhe.
    »Sinsala Geneder …« Levastes benetztes Gesicht wirkte wie eine Maske aus Ton. »Verstehst du nun, was ich damals sagte, als du zu mir in den Tempel kamst? Nur wir Priester können Tathril nahe sein, nur wir können eins mit ihm werden. Die einfachen Menschen werden seine Macht niemals begreifen. Rumos hat es mir eingebläut: Der Weg der Bathaquar ist der schwerste und entbehrungsreichste. Aber uns bleibt keine Wahl, wenn wir Gharax retten wollen.«
    Er beugte sich gefährlich weit über den Rand der Terrasse. »Die Nachfahren der Gründer haben Tathril verraten«, schrie er in den Hof hinab. »Sie sollen dafür büßen, so wie Vinnor Aldra!«
    Er streckte die bluttriefenden Hände nach Sinsala aus. Sie wollte zurückweichen, doch Talomar hielt sie fest, zog sie dicht an sich heran, so dass sie sich kaum rühren konnte.
    »Zeige Tathril deine Treue, Gründerkind!«
    Sinsala spürte den nassen Zeigefinger auf der Stirn. Der Prior malte ihr das Rosenzeichen auf. Das Blut rann an ihrem Gesicht herab. Sie weinte, wehrte sich jedoch nicht.
    »Gut, sehr gut! Die verblühte Rose von Athyr’Tyran … das Zeichen der Freiheit!« Levastes Stimme zitterte vor Erregung. »Nun gib Tathril dein Blut, Sinsala! Es ist der Tag der Ernte.«
    In seiner Hand blitzte eine Klinge auf. Er hatte sie unter der Kutte hervorgezogen. Ein trauriges Lächeln lag auf seinen Lippen.
    »Wartet noch, Prior!« Talomar Indris gebot mit lauter Stimme Einhalt. Er zog das Mädchen von Levaste zurück. »Ihr behauptet, dass Tathril unser Blut will, damit wir auf Gharax leben können.« Talomar schüttelte den Kopf. »Nun, Ihr irrt Euch. Tathril kann uns nicht retten.«
    Levaste schnappte nach Luft. Doch der Pfortenritter fuhr mit lauter Stimme fort, so dass alle ihn hören konnten.
    »Ich sah, wie er die Stadt Imris im Stich ließ, wie nutzlos alles Flehen und alle Gebete waren.« Er riss sich eine Kette vom Hals und streckte das Amulett in die Höhe. »Wer Tathril folgt, ist verloren. Nur einer kann uns retten! Er stößt die geheimen Tore seiner Stadt auf, in der wir sicher sind, und sein Name ist Mondschlund!«
    Die Mondsichel blitzte in seinen Fingern auf.
    Levastes Hand ballte sich zur Faust. Er wollte sich auf den Pfortenritter stürzen. Doch ein zirpendes Geräusch ließ ihn in der Bewegung verharren. Er fuhr herum. Seine Augen weiteten sich.
    Die Pfeile trafen ihn in die Kehle und in die Brust. Weitere zischten dicht über seinen Kopf hinweg, prallten mit dumpfem Laut gegen die Turmspitze. Kein Laut kam über Levastes Lippen. Kein Blut drang aus seinen Wunden, oder war die Kutte zu besudelt, um es zu erkennen?
    »Heute ist der Tag der Ernte, Prior!« höhnte Talomar. »Opfert Euch ruhig Eurem falschen Gott. Bleibt ihm treu!«
    Levaste taumelte. Dann stürzte er über den Rand der Terrasse, wie ein verwundeter Vogel, mit ausgebreiteten Armen.
    Die anderen Priester erkannten die Gefahr. Sie wichen vor dem Pfortenritter zurück. Ihren Händen entglitt der Kessel; er entleerte sich mit einem schmatzenden Geräusch über der Terrasse. Ein roter Schwall schwappte über den Rand und folgte Levastes fallendem

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