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Splitternest

Titel: Splitternest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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um sie festzuhalten. Doch sie zerliefen in seinen Fingern.
    »MONDSCHLUND … VERLASSE UNS NICHT!«
    Die Klippenritter gingen langsam auf sie zu. Ihre Stiefel planschten im Wasser. Sie hoben die Schwerter.
    Wieder sanken leblose Körper zu Boden. Regen und Blut. Tod und Vergeltung.
    Überall in Vara flohen die Schatten zurück ins Verlies. Etwas rief sie zu sich, zwang sie in seine Macht, riss ihnen den sicheren Sieg aus den Händen. Die Geister des Verlieses aber blieben an der Oberfläche, schutzlos den Klingen ihrer Feinde ausgeliefert.
    Der Kampf um Vara endete, wie er begonnen hatte: mit sinnlosem Morden.

 
KAPITEL 6
     
    Übergang
     
    Der Stab glühte. Geschmolzenes Gold rann an ihm herab; es glänzte im Flammenschein, lief über den schwarzen Brocken am Ende des Stabs. Mit einem Zischen floss es um das Metall der Sphäre und erhärtete.
    Nhordukael betrachtete zufrieden sein Werk. Seine Augen glühten. »Der Schwarze Schlüssel kehrt heim«, sagte er leise. »Vor so langer Zeit der Sphäre entrissen, damit Durta Slargins Wanderschaft beginnen konnte … nun wird sein Stab ein zweites Mal die Tore öffnen.«
    Er blickte auf die Treppe. Dort sprangen noch immer die Flammen über die geschmolzenen Stufen, auch wenn sie nicht mehr so heiß brannten wie noch vor Tagen. Nhordukael entsann sich der Stunde, als er sie zum ersten Mal emporgestiegen war, geführt von der Priesterin Sai’Kanee. Sie hatte Durta Slargins Stab getragen, und mit seiner Kraft hatte sie Baniter Geneder in die schwarze Mauer gestoßen. Dort war der Fürst noch immer gefangen; sein erstarrtes Gesicht, die reglosen Hände, die das Buch hielten, die schwarzen Lippen, die fremde Worte murmelten …
    »Ich befreie dich«, sagte Nhordukael mit fester Stimme. Er blickte auf die Stadt aller Städte, auf die Geister, die am Fuß der Treppe umherstrichen und ängstlich zu ihm emporblickten. »Ich befreie dich und diese Stadt.«
    Seit das Geisterwesen Glam ihn fast überwältigt hatte, waren viele Stunden vergangen; Stunden, in denen Nhordukael neue Kraft geschöpft hatte. Noch immer schmerzte sein Arm, der in dem goldenen Harnisch gesteckt hatte. Die Glut in ihm war erloschen, und er wusste, dass sie nicht mehr in die Adern zurückkehren würde. Fast hätte Mondschlund doch meinen Körper geraubt, wie er es von Anfang an plante. Aber mit Zwang kann er die Welt nicht beherrschen. Er wird es bald begreifen.
    Nhordukael dachte an Sardresh, dessen verkohlter Leichnam am Fuß der Treppe lag. Wie konnte ich ihn vergessen … und die Überreste von Slargins Stab! Als ich ihn Sai’Kanee entriss, müssen die Brocken die Stufen herabgefallen sein; dort hat Sardresh sie aufgelesen. Der Wahn des Baumeisters, seine irrwitzige Stadt zu beschützen, war so groß gewesen, dass er die brennende Treppe herabgestiegen war und Nhordukael mit dem Schwarzen Schlüssel niedergestreckt hatte. Welch eine Macht wohnt in ihm, dass er die Menschen dazu bringt, ihr Leben fortzuwerfen?
    Nhordukael packte den Stab mit beiden Händen. Er hatte ihn mit seinen heißen Fingern aus dem Harnisch geformt und die schwarzen Brocken in das Gold eingeschmolzen. Die Magie des Schwarzen Schlüssels … sie lag nun in diesem Gebilde, und wie der alte Stab Durta Slargins würde auch er seinem Träger die Sphäre eröffnen. Zumindest hoffte Nhordukael dies. Er hatte die Sphäre schon mehrfach durchschritten; doch dabei war sein Körper an einem Ort geblieben – im Auge der Glut, unter dem Brennenden Berg Arnos. Dieses Mal aber würde Nhordukael ihn mitnehmen und sich der Sphäre ganz anvertrauen.
    Der Harnisch hätte mich sicher durch die Quellen getragen, rief er sich in Erinnerung. Doch er hätte mich auch zu Mondschlunds Sklaven gemacht, mir den letzten Willen geraubt. Mit dem Stab wird mein Weg beschwerlicher sein. Aber wenn es Sternengänger gelang, die Sphäre zu durchschreiten, kann auch ich es.
    Er erhob sich. Am Fuß der Treppe wimmerten die Geister; etwas schien sie zu plagen, denn sie sanken zu Boden, ihre Körper zitterten. Und die gläsernen Türme der Stadt verblassten vor Nhordukaels Augen. Ihre Kraft schwand.
    Soll diese Stadt bestehen? Er hatte sich die Frage in den letzten Stunden häufig gestellt und sich doch vor der Antwort gedrückt. Ich könnte das Feuer des Brennenden Berges entfachen, die Gänge des Verlieses ausbrennen, die Stadt für immer vernichten. Aber darf ich dies tun? Darf ich Mondschlunds Werk auslöschen … und mit ihm auch Vara? Denn die Flammen, so wusste

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